Warten auf die Fallzahlen
Ob und wie viele Zuschauer wieder ins Stadion dürfen, dürfte an den Fallzahlen der nächsten Wochen liegen
(SID) - Die Fallzahlen in Deutschland steigen, die organisierten Fans rebellieren – und jetzt kommt auch noch Kritik aus der Wissenschaft: Die Zuschauer-Pläne im deutschen Profifußball stehen unter keinem guten Stern. Wahrscheinlich wird das brisante Thema erst einen Monat vor dem geplanten Startschuss der neuen Bundesliga-Saison (18. September) geklärt. „Ich glaube, dass die Entscheidung, ob ein Teil der Zuschauer wieder dabei sein darf, erst Mitte August fällt“, sagte Hans-Joachim Watzke. Der bis in höchste politische Kreise sehr gut vernetzte Geschäftsführer von Borussia Dortmund ist sich sicher: „Auch die Politik wird noch abwarten wollen, wie sich die Zahlen entwickeln.“
Dass das Robert-Koch-Institut die täglich steigenden Zahlen der Neuansteckungen mit dem Coronavirus jüngst als „sehr besorgniserregend“bezeichnet hatte, ist auch im Profifußball angekommen. Karl-Heinz Rummenigge sieht momentan die Gefahr einer „zweiten Welle“, dennoch hoffe man, ab dem 18. September vor „einer gewissen Anzahl von Fans“spielen zu können. „Natürlich unter der Voraussetzung“, sagte der Bayern-Aufsichtsratschef, „dass das gesundheitlich zu verantworten ist und dass auch die Politik mitspielt.“
Nachdem bereits die organisierte Fanszene die Pläne der Deutschen Fußball Liga, die keine Gästefans bis Jahresende, keine Stehplätze und keinen Alkohol bis mindestens 31. Oktober vorsehen, bemängelt hatte, gibt es nun auch Kritik aus der Wissenschaft. Der Pharmakologe Fritz Sörgel bezeichnete es als „inakzeptabel“, dass „ausgerechnet die DFL, die finanziell am besten aufgestellte Organisation im Sport- und Unterhaltungswesen in
Deutschland, keine eigene Studie“zu den Risiken entwickelt habe. Er verwies auf ein verändertes Klima im Herbst, das ein Infektionsrisiko in den Stadien erhöhen könnte. „Im November haben wir Temperaturen unter zehn Grad, es ist nebelig. Man hatte genug Zeit im Labor, bei gesunden Probanden zu untersuchen, welche Auswirkungen das auf die Ansteckungsgefahr hat“, sagte Sörgel.
Die Proficlubs haben noch viel Arbeit vor sich, um einen Teileinlass der Fans öffentlich rechtfertigen zu können. An- und Abreise und das Betreten und Verlassen des Stadions stellen große Herausforderungen dar. Doch selbst das beste Konzept nützt nichts, wenn die allgemeine Lage sich verschlechtert und eine ähnliche Situation eintritt wie im März.
„Wenn man sich die RKI-Meldungen anhört und sich im benachbarten Ausland umschaut“, sagte Wolfsburgs Geschäftsführer Jörg Schmadtke, „dann entsteht der Eindruck, dass diese Diskussion zu einem sehr ungünstigen Zeitpunkt aufgemacht wird.“Er würde begrüßen, wenn die Frage nach der Rückkehr der Zuschauer aktuell nicht öffentlich geführt werde.