Im Vorgarten steckt noch viel Potenzial
Neuerdings wird die Gestaltung von Vorgärten in der Öffentlichkeit kontrovers diskutiert. Anstoß dazu gibt die Belegung dieser Fläche am Haus mit Zierschotter. Über deren (Un-)Sinn und den Geschmack unserer Mitmenschen lässt sich ja bekanntlich gut streiten. Nüchtern betrachtet hat der Platz vor dem Haus zunächst mal eine rein technische Funktion und wird oft als Auto- oder Mülltonnenabstellplatz genutzt. Darüber hinaus wird er für die meisten Hausbewohner noch als Repräsentationsfläche gesehen. Ich finde es allerdings schade, den Vorgarten als reine Nutz- und Dekorationsfläche zu gebrauchen.
Früher war dieser Platz oftmals ein Ort für vielerlei soziale Kontakte. Auf der Sitzbank vor dem Haus ließ es sich gut, wie in einem halb öffentlichen Raum, am Leben auf der Straße teilnehmen. Übrigens ist es ein ähnliches Feeling, das wir beim Straßencafé so mögen, wo das Motto „Sehen und gesehen werden“lautet.
Der Vorgarten kann für drei Generationen eines Hauses interessant sein. Unter dem Schatten eines kleinkronigen Baumes oder vor einer begrünten Hausfassade lässt es sich im heißen Sommer gut aushalten. Kleine Kinder oder Haustiere sind hinter einem offen gehaltenen Zaun sicher aufgehoben und können das Alltagsleben mitverfolgen. Für Jugendliche und ältere Semester reicht dagegen eine barrierefreie und farblich gestaltete Markierung von Wegplatten als Abgrenzung zur Straße. Das Gespräch vom Vorgarten aus bietet eine zwanglose Kontaktmöglichkeit zu den Mitmenschen, ohne sie aufwendig ins Haus bitten zu müssen.
Ich finde daher, das Potenzial unserer Vorgärten ist in dieser Hinsicht noch nicht voll ausgeschöpft. Und wer weiß, vielleicht erfährt dieses Fleckchen am Haus bald wieder eine kleine Renaissance für unser Zusammenleben.
Tina Balke ist Pflanzenärztin. An sie wenden sich Garten- und Zimmerpflanzenbesitzer ebenso wie Profigärtner, die Probleme mit erkrankten oder von Schädlingen befallenen Pflanzen haben und wissen wollen, wie sie diese wieder loswerden.
Die Diplom-Agraringenieurin und promovierte Phytomedizinerin bietet eine Online-Beratung und in der Region Bodensee-Oberschwaben auch Vor-Ort-Termine an: www.die-pflanzenaerztin.de
Husten, Niesen, abgeschlafftes Herumhängen: Wer einen erkälteten Schimpansen oder Gorilla vor sich hat, erkennt die Symptome sofort. Der Mensch und seine nächsten Verwandten teilen nicht nur den allergrößten Teil ihres Erbgutes, oft sind sie auch anfällig für die gleichen Krankheiten. Die Palette reicht dabei von Ebola bis zu Atemwegsinfektionen. Gerade letztere haben auch bisher schon viele Menschenaffen das Leben gekostet. Was also wird passieren, wenn das neuartige Coronavirus Sars-CoV-2 die Bestände dieser Tiere erreicht? Bei Wissenschaftlern und Naturschützern lässt diese Vorstellung die Alarmglocken schrillen. Für diese ohnehin schon bedrohten Arten sei der Erreger eine ernstzunehmende Gefahr, warnten Thomas Gillespie von der Emory University in Atlanta und Fabian Leendertz vom Robert Koch-Institut in Berlin kürzlich im Fachjournal Nature.
Der Berliner Forscher ist Experte für Krankheiten, die zwischen Tieren und Menschen übertragen werden.
Diese sogenannten Zoonosen machen vor allem dann Schlagzeilen, wenn ein neuer, gefährlicher Erreger den Sprung vom Tier auf den Menschen schafft. So wie im aktuellen Fall. Nach bisherigen Theorien könnte der Vorfahre von Sars-Cov-2 von Fledermäusen stammen und über Zwischenwirte beim Menschen gelandet sein.
Allerdings sind solche Übertragungswege keine Einbahnstraßen. „Bei Menschenaffen in Zoos weiß man das schon lange“, sagt Fabian Leendertz. „Wenn die Pfleger husteten, dann husteten kurz darauf auch die Tiere.“Doch auch für freilebende Menschenaffen können solche Atemwegserkrankungen zum Problem werden – vor allem für jene, die an die Anwesenheit von Wissenschaftlern und Touristen in ihrem Lebensraum gewöhnt sind. Je häufiger und enger sie Kontakt zu Menschen haben, umso größer ist auch ihr Infektionsrisiko. Und da Schimpansen, Gorillas und Co. von Social Distancing wenig halten, steckt ein infiziertes Tier meist in kürzester Zeit viele weitere Gruppenmitglieder an.
Nicht immer bleibt es dann bei einem harmlosen Husten. Dabei sind es nicht etwa die aus menschlicher Sicht besonders gefährlichen Grippe-Varianten, die den Tieren am meisten zu schaffen machen. Auf solche Erreger stoßen Fabian Leendertz und sein Team fast nie, wenn sie Schimpansen, Bonobos oder Gorillas in deren afrikanischen Lebensräumen untersuchen. „Wer sich damit infiziert hat, fühlt sich wohl einfach zu elend, um im Wald herumzulaufen“, vermutet der Forscher. Also verteilen solche Patienten ihre Erreger auch nicht in den lokalen Affengesellschaften.
Menschen, die nur eine leichte Erkältung haben, sind dagegen fit genug für solche Unternehmungen – und können die Tiere so unabsichtlich in tödliche Gefahr bringen. „Für Menschenaffen werden oft gerade Viren zum Problem, die erwachsenen Menschen wenig ausmachen“, resümiert Fabian Leendertz.
Das Rhinovirus C zum Beispiel ist beim Menschen ein sehr häufiger Erkältungserreger, von dem man lange angenommen hatte, dass er andere Arten gar nicht befällt. Doch dann erkrankten 2013 mehr als 40 Schimpansen im Kibale Nationalpark in Uganda, fünf davon starben. Inzwischen gelten Erkältungsviren dort sogar als Todesursache Nummer eins für die Tiere. Ähnliche Berichte kommen auch aus dem Gombe Stream Nationalpark in Tansania. Und bei den Berggorillas in Ruanda gingen laut
Fabian Leendertz vom Robert-Koch-Institut in Berlin einer Studie aus dem Jahr 2011 etwa 20 Prozent aller plötzlichen Todesfälle auf das Konto von Atemwegsund anderen Infektionskrankheiten.
„Wie schwer die Tiere an Covid-19 erkranken würden, wissen wir noch nicht“, sagt Fabian Leendertz. Bisher ist das neue Coronavirus noch bei keinem Menschenaffen nachgewiesen worden. Doch da die Rezeptoren, an die Sars-CoV-2 andockt, bei Menschen und Menschenaffen identisch sind, machen sich Experten Sorgen. Zumal auch dieser Erreger bei vielen Menschen nur milde Symptome verursacht. Zu leicht kann das Virus da von einem Besucher in eine Affengruppe eingeschleppt werden. Verwandte Erreger haben diesen Schritt schließlich auch schon geschafft. So wie ein häufiges Coronavirus namens OC43, das Ende Dezember 2016 unter den Schimpansen im Taï Nationalpark an der Elfenbeinküste ausbrach. Zum Glück blieb es damals bei leichten Symptomen wie Husten und Niesen.
„Schwere Atemwegsinfektionen haben wir dort in den letzten Jahren nicht mehr gehabt“, berichtet Roman Wittig vom Max-Planck-Institut für evolutionäre Anthropologie in Leipzig. Der Verhaltensforscher leitet in dem Schutzgebiet ein Projekt, das das Sozialleben von Schimpansen untersucht. Derzeit beobachten die Forscher dort das Verhalten von vier Schimpansen-Gruppen mit etwa 150 Mitgliedern. „Eine davon ist seit vierzig Jahren an die Anwesenheit von Menschen gewöhnt“, sagt Roman Wittig. „Diese Tiere würden sich wahrscheinlich direkt neben uns setzen, wenn wir sie ließen.“
Nicht zuletzt wegen der Infektionsgefahr versuchen die Wissenschaftler das zu vermeiden. Denn auch bei den Schimpansen im Taï Nationalpark grassierten früher immer wieder tödliche Atemwegserkrankungen, die zeitweise bis zu einem Viertel der Gruppe das Leben kostete. Zusammen mit Fabian Leendertz haben die Projektmitarbeiter daher schon vor zehn Jahren ein umfassendes Hygienekonzept entwickelt. Wer zu den Schimpansen wollte, musste erst einmal fünf Tage in Quarantäne, nur wer anschließend keine Symptome zeigte, durfte in den Wald. Dabei musste er dann eine Maske und frische Kleidung tragen, sich regelmäßig die Hände desinfizieren und mindestens sieben Meter Abstand zu den Tieren halten.
Dass es in letzter Zeit unter den Taï-Schimpansen keine dramatischen Krankheitsausbrüche gegeben hat, sehen die Forscher als Bestätigung für dieses Konzept. Auch die Weltnaturschutzunion IUCN hat die Regeln inzwischen zur Grundlage ihrer Empfehlungen für den Besuch bei Menschenaffen gemacht.
„Im Zuge der Corona-Pandemie haben wir die Vorgaben nun noch einmal verschärft“, betont Roman Wittig. So wurde der Mindestabstand auf zehn Meter erhöht und die Beobachterteams werden so selten wie möglich ausgetauscht. Völlig sich selbst überlassen wollen die Forscher die Tiere aber auch nicht. Denn die Erfahrung aus vielen Regionen Afrikas zeigt, dass die Anwesenheit von Wissenschaftlern und Touristen der beste Schutz vor Wilderei ist. „Derzeit ist der Menschenaffen-Tourismus komplett zum Erliegen gekommen“, sagt der Leipziger Forscher. „Und schon steigt die Zahl der getöteten Tiere überall wieder an.“Ganz abgesehen von den weggebrochenen Einnahmen aus dem Tourismus, die auch den Schutzprojekten fehlen.
Man müsse deshalb Konzepte entwickeln, wie man Tourismus und Forschung im Interesse der Tiere und der Menschen vor Ort wieder hochfahren könne, findet Fabian Leendertz. Oft seien die Bewohner solcher entlegenen Regionen Afrikas die letzten, die in den Genuss von medizinischen Leistungen kommen. Im Fall von Corona-Tests und künftigen Impfungen sollten sie vielleicht deutlich weiter vorn in der Reihe stehen, überlegt der Forscher. „Denn wir werden das Virus nicht so schnell wieder loswerden. Vor allem nicht in diesen Gebieten.“