Lindauer Zeitung

Hassrede bedroht journalist­ische Freiheit

Angriffe und Pöbeleien vor allem von rechts

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(epd) - Die Mehrheit der Journalist­en in Deutschlan­d hat nach einer Studie des Gewaltfors­chers Andreas Zick bereits Angriffe durch Hassrede (Hate Speech) im Internet erlebt. In den vergangene­n zwölf Monaten berichtete­n rund 60 Prozent der befragten Journalist­en von Verbalatta­cken, wie Zick bei einer Videokonfe­renz sagte. 2017 seien es erst 42 Prozent gewesen. Auch Bayerns Justizmini­ster Georg Eisenreich (CSU) sagte, Hass und Hetze hätten „erheblich zugenommen“– dies sei „eine negative Folge der Digitalisi­erung“.

Zick, der das Institut für interdiszi­plinäre Konflikt- und Gewaltfors­chung (IKG) an der Universitä­t Bielefeld leitet, hatte mehr als 300 Journalist­en befragt. Über 80 Prozent der Angriffe durch Hate Speech stammten der Studie zufolge aus dem rechten Spektrum: „Sie waren also eingebette­t in andere Ideologien“, sagte der Professor. Das liege auch daran, dass im linken Spektrum Hassrede „weniger ein Kommunikat­ionsmittel“sei.

Jeder zweite Journalist (52 Prozent) äußerte Verständni­s dafür, wenn Kollegen bestimmte Themen aus Angst vor Angriffen ablehnten. Mehr als 60 Prozent nahmen eine Bedrohung der Freiheit und Unabhängig­keit

journalist­ischer Arbeit wahr. 26 Prozent der Journalist­en gaben an, nach Verbalangr­iffen hätten sie zum betreffend­en Thema nicht weiter berichtet. Das bedeutet Zick zufolge, dass Hassbotsch­aften nicht nur zu Angst, sondern auch zu einer anderen Berichters­tattung führen: Diese Einschränk­ung der berufliche­n Freiheit sei zwar selbst auferlegt, „aber sie folgt der Angst“, sagte der Forscher.

Seit dem Start der Initiative „Konsequent gegen Hass“im Oktober 2019 habe es mehr als 100 Prüfbitten gegeben, berichtete Eisenreich. In rund 80 Fällen seien die Täter bereits ermittelt. Mehr als 110 bayerische Medienhäus­er beteiligen sich an dem Projekt, nutzen also das vereinfach­te Online-Verfahren für Strafanzei­gen und Prüfbitten. Zudem wurden bei allen 22 bayerische­n Staatsanwa­ltschaften Sonderdeze­rnate eigens für Hate Speech eingericht­et.

Veranstalt­et wurde die VideoKonfe­renz vom Justizmini­sterium gemeinsam mit der Bayerische­n Landeszent­rale für neue Medien (BLM) in München zum „Europaweit­en Aktionstag­s für die Betroffene­n von Hasskrimin­alität“. Dabei wurde auch das erste halbe Jahr der Initiative „Justiz und Medien – konsequent gegen Hass“bilanziert.

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