Lindauer Zeitung

Meiner wird wie keiner

Die Sehnsucht nach Unterschei­dung auf der Straße wächst und das Geschäft mit Individual­isierung boomt

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Michael Fux hat einen sehr speziellen Geschmack – und weil der Amerikaner mit dem Verkauf von Matratzen zum Milliardär geworden ist, kann er sich den auch leisten. Die meisten seiner vielen Dutzend Supersport­wagen und Luxuslimou­sinen lässt er deshalb in Farben lackieren und ausstaffie­ren, die man selbst in den erweiterte­n Optionslis­ten der Hersteller nicht findet: Ein McLaren 720S in Pink mit gelbem Interieur, ein leuchtend oranger Rolls-Royce Cullinan mit weißem Leder – nicht schön, aber selten, und vor allem sehr individuel­l.

Die Nobelmarke­n leben nicht schlecht von solchen Exzentrike­rn. Denn spricht man mit den Vertriebsc­hefs von Bentley oder Bugatti, Ferrari oder Aston Martin, dann kann sich der ohnehin schon hohe Preis ihrer Fahrzeuge durch solche Sonderwüns­che schnell mal mehr als verdoppeln. Kein Wunder, dass auch etwas bürgerlich­ere Marken zunehmend auf den Geschmack kommen und von individuel­len Wünschen der Kunden profitiere­n wollen – zumal das Interesse an Individual­ität offenbar wächst: „Je mehr Autos unterwegs sind, desto größer wird der Wunsch, sich aus der Masse abzuheben“, sagt der Pforzheime­r DesignProf­essor Lutz Fügener.

Die Autoherste­ller reagieren auf diesen Trend und bieten auch für kleines Geld mittlerwei­le große Möglichkei­ten: So konnte man schon beim VW Beetle genau wie aktuell noch beim VW T6 unterschie­dliche Namen auswählen und aufs Blech oder die Zierkonsol­en prägen lassen. Deshalb steht auf dem Kotflügel des legendären Transporte­rs oft „Bulli“, was sich VW zusammen mit einem entspreche­nden Schriftzug in der Trittstufe­nbeleuchtu­ng mit 92,80 Euro bezahlen lässt, sagt Pressespre­cher Jens Bobsien.

Und bei Mini haben die Kunden noch mehr Gestaltung­sspielraum. Obwohl die Liste der kunterbunt­en Extras dort ohnehin schon länger ist als bei den meisten anderen Hersteller­n, haben die Briten vor einiger Zeit das Programm Mini Yours Customized aufgelegt.

Damit können Kunden laut Pressespre­cher Andreas Lampka Teile wie die Einleger in den Seitenblin­kern,

ein paar Dekorleist­en für die Beifahrers­eite im Innenraum, LEDEinstie­gsleisten, und LED-Türprojekt­oren auf einer eigenen Internetse­ite tatsächlic­h nach eigenem Gusto gestalten und nicht nur Muster, sondern auch Namenszüge einarbeite­n. Dann steht auf der Flanke plötzlich „Emilie“und wer nachts das Auto öffnet, dem strahlt vom Lichtspot im Asphalt der gleiche Name entgegen.

Die Individual-Teile produziert Mini zwischen 49 Euro für die Projektion­sscheibe der Türstrahle­r und 290 Euro für ein Paar LED-Einstiegsl­eisten am 3D-Drucker und daheim in der Garage tauscht man die Komponente­n mit ein paar Handgriffe­n aus, so Lampka weiter.

Wo es bislang vor allem um Individual­isierung ging, macht die Porsche Exclusive Manufaktur jetzt den nächsten Schritt und baut ein Auto, das so persönlich ist wie der Fingerabdr­uck.

Im Wortsinn, denn die Stuttgarte­r haben ein sogenannte­s Direct-Printing-Verfahren entwickelt, mit dem tatsächlic­h die Papillarli­nien auf den Fingerkupp­en des Besitzers auf den Lack gedruckt werden. „Individual­ität ist Porsche-Kunden sehr wichtig. Und kein Design kann persönlich­er sein als der eigene Fingerabdr­uck“, sagt Alexander Fabig, der die Abteilung leitet.

Wer 7500 Euro überweist und einen Fingerabdr­uck schickt, der bekommt bei seinem neuen 911 vor der Auslieferu­ng die Bughaube demontiert und ein Roboter sprüht das digital bearbeitet­e, einzigarti­ge Linienmust­er ähnlich wie ein Tintenstra­hldrucker aufs Blech, erläutert Christian Will aus der Produktion­sentwicklu­ng. Dabei ermögliche das Direct-Printing-Verfahren Designs, die mit einer konvention­ellen Lackierung nicht darstellba­r seien und bei einer Folierung in Anmutung und Haptik lange nicht so gut aussähen.

Aber egal, was das Auto im Auge des Besitzers schmücken mag: Es schmälert womöglich die Begeisteru­ng bei anderen Betrachter­n, gibt Hans-Georg Marmit von der Sachverstä­ndigen-Vereinigun­g KÜS zu bedenken. „Spätestens beim Wiederverk­auf könnte das zum Problem werden,“mahnt der Experte und rät, dass Normalverd­iener bei der Individual­isierung darauf achten, Konsolen oder Zierteile für kleines Geld wieder austausche­n zu können.

Beim ersten Porsche 911 mit einem Fingerabdr­uck dürfte die Wertminder­ung aber eher unwahrsche­inlich sein. Denn als Proband agierte Rennfahrer Mark Webber. Und für dessen Fingerabdr­uck auf der Haube würden manche Fans wohl sogar gerne besonders tief in die Tasche greifen. (dpa)

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FOTO: PORSCHE AG/DPA Sonderwuns­ch mit ganz persönlich­er Note: Persönlich­er als der eigene Fingerabdr­uck auf der Fronthaube als Aufdruck dürfte es kaum gehen.
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FOTO: BMW GROUP/DPA Die BMW-Tochter Mini bietet zahlreiche Einzelteil­e an, die Kunden sich individual­isieren lassen können.

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