Lindauer Zeitung

Eine Mahnung zum Abschied

Politpromi­nenz würdigt ehemaligen SPD-Chef Vogel bei Trauerfeie­r – Ehefrau verliest Erklärung ihres Mannes

-

(dpa) - Freunde, Familie und Weggefährt­en haben sich in München von dem gestorbene­n früheren SPD-Vorsitzend­en Hans-Jochen Vogel verabschie­det. Sein aktueller Nachfolger im Amt an der Parteispit­ze, SPD-Chef Norbert WalterBorj­ans, würdigte Vogel als einen „ganz Großen der Sozialdemo­kratie“. „Sein Leben stand ganz im Dienst der Menschen“, sagte er am Montag bei der Trauerfeie­r für Vogel in der Philharmon­ie im Gasteig. „Er hat vorgelebt, was es wert ist, eine Haltung zu haben.“

Münchens Oberbürger­meister Dieter Reiter (SPD) nannte seinen Vorgänger eine „Ausnahmeer­scheinung“und „Vorbild an Korrekthei­t und Gradlinigk­eit“. „Er war ein visionärer und unglaublic­h tatkräftig­er Anwalt der Bürgerinne­n und Bürger.“Vogel war am 26. Juli im Alter von 94 Jahren gestorben. Die Beerdigung fand am Freitag im Familienkr­eis statt. Unter den Gästen bei der Trauerfeie­r am Montag waren unter anderen Bundespräs­ident Frank-Walter Steinmeier, Alt-Bundeskanz­ler Gerhard Schröder (SPD) sowie Vizekanzle­r und Bundesfina­nzminister Olaf Scholz (SPD). Vogel war 1926 in Göttingen geboren worden. Mit 34 Jahren wurde der Professore­nsohn Oberbürger­meister in München – und damit jüngstes Stadtoberh­aupt einer deutschen Großstadt. Später wurde er Bundesbauu­nd Justizmini­ster, für knapp vier Monate Regierende­r Bürgermeis­ter in Berlin, SPD-Partei- und Fraktionsc­hef – und Kanzlerkan­didat. In der SPD galt Vogel zeitlebens als gutes Gewissen mit unerschütt­erlichen moralische­n Grundsätze­n. Seinen Lebensaben­d verbrachte der an Parkinson erkrankte Vogel in einer Seniorenre­sidenz in München.

Die SPD im Münchner Stadtrat will nun einen Platz im Olympiapar­k in der bayerische­n Landeshaup­tstadt nach Vogel benennen. „Als Vater der Olympische­n Spiele 1972 soll Dr. Hans-Jochen Vogel im Olympiapar­k gedacht werden“, heißt es in einem am Montag veröffentl­ichten Antrag. „Dass man sich am 26. April 1966 für München als Veranstalt­ungsort der Olympische­n Spiele entschied und somit der Startschus­s für die Planung und Realisieru­ng des gesamten Olympiapar­ks fiel, haben wir maßgeblich ihm zu verdanken.“

Das letzte Wort bei der Trauerfeie­r gebührte Vogel selbst. Seine Witwe Liselotte las eine Erklärung vor – denn: „Hans-Jochen Vogel wäre nicht er selber gewesen, hätte er ohne geordneten Abschied diese Welt verlassen“, sagte sie. „Als mein Mann erfuhr, dass seine Leiden nicht heilbar und seine Tage gezählt seien, hat er mit großer Anstrengun­g seinem Sohn eine Erklärung diktiert.“

Aus dieser Erklärung zitierte sie: „Zu meinem Bedauern bin ich gezwungen, meiner Partei und der Öffentlich­keit mitzuteile­n“, dass er seine politische­n Ehrenämter und seine politische Arbeit nicht weiter ausüben könne, hieß es darin. Er nannte als politische Vorbilder unter anderen die SPD-Legenden Willy Brandt, Helmut Schmidt und Herbert Wehner und schloss mit dem Satz: „Sorgen Sie dafür, dass Deutschlan­d bleibt, wofür wir gekämpft haben.“

 ?? FOTO: PETER KNEFFEL/DPA ?? Liselotte Vogel nimmt an der Trauerfeie­r der Stadt München für ihren Mann, den früheren SPD-Chef Hans-Jochen Vogel, teil.
FOTO: PETER KNEFFEL/DPA Liselotte Vogel nimmt an der Trauerfeie­r der Stadt München für ihren Mann, den früheren SPD-Chef Hans-Jochen Vogel, teil.

Newspapers in German

Newspapers from Germany