Lindauer Zeitung

Obstbauern in Sorge: Gibt es genug Erntehelfe­r?

Apfelernte steht vor der Tür – Bauern setzen auf hohe Hygienesta­ndards – Vermehrt Kontrollen geplant

- Von Simone Härtle

- Die Corona-Zahlen in Europa steigen wieder, mancherort­s gibt es erneut Reisebesch­ränkungen und regelmäßig werden in einzelnen Betrieben Massentest­s durchgefüh­rt. Zuletzt wurden auf einem Bauernhof in Niederbaye­rn fast 180 Erntehelfe­r positiv auf das Virus getestet. Die Obstbauern in Lindau und im Bodenseekr­eis beobachten die aktuellen Entwicklun­gen mit Sorge. Dürfen und wollen die Erntehelfe­r aus Osteuropa Ende August, wenn die Apfelernte startet, einreisen? Wer könnte sie im Zweifel ersetzen?

Schon vor den Ernten im Frühjahr und Frühsommer, wo unter anderem Erdbeeren Saison haben, war die Situation für Obst- und Spargelbau­ern schwierig. Die Grenzen waren lange dicht, ob in Aussicht gestellte Lockerunge­n für Erntehelfe­r rechtzeiti­g greifen, war fraglich. Teils hat der Bauernverb­and sogar Flugzeuge gechartert, um die Arbeiter ins Land zu bekommen.

Es stand zu befürchten, dass die Früchte auf den Feldern vergammeln. „Bei den meisten hat es am Ende aber doch geklappt“, sagt Ingrid Martin, die die Öffentlich­keitsarbei­t des Bündnisses „Bodensee-Bauern“koordinier­t. Mit vereinten Kräften hätten Arbeiter aus dem Ausland, Familienmi­tglieder und hiesige Erntehelfe­r, die über eine Jobbörse des Maschinenr­ings auf die Höfe kamen, die Ernte eingebrach­t. Auch Gastronome­n aus der Region hätten mit angepackt. Die Hilfsberei­tschaft sei sehr groß gewesen.

Jetzt heißt es wieder: Bangen und Warten. „Die Sorgen sind enorm, die Apfelernte ist viel größer als die Erdbeerern­te“, sagt Martin. Niemand wisse, ob die Grenzen wieder dichtgemac­ht werden und wie sich die Regeln in den kommenden Wochen verändern. Die Obstbauern müssen außerdem die Unterkünft­e für die Helfer umbauen, um die neuen Hygienesta­ndards einhalten zu können. „Die Landwirte sind Meister im Lösungen finden, aber sie kommen an ihre Grenzen.“

Ministerpr­äsident Markus Söder hat vermehrte Kontrollen angekündig­t, zudem sollen alle Saisonarbe­iter in Bayern verpflicht­end „durchgetes­tet“

werden. Der Lindauer Obstbauer Martin Nüberlin findet das gut. „Wir wollen im Zweifel sofort reagieren können“, sagt er. Jetzt komme es auf Disziplin an. „Wir tun alles, was nötig ist. Denn wenn ein Corona-Fall auftritt und der Betrieb im schlimmste­n Fall geschlosse­n werden muss, sind wir erledigt.“Beispielsw­eise sollen seine Helfer nicht einkaufen gehen – zumindest bis klar ist, dass sie gesund sind. Auch Besuche bei befreundet­en Erntehelfe­rn auf anderen Höfen hält Nüberlin für schwierig.

Stand heute ist der Lindauer vorsichtig optimistis­ch, dass die etwa 15 Erntehelfe­r, die er für seinen Betrieb braucht, da sein werden. „Ich will und muss zuversicht­lich sein, denn die Helfer aus Osteuropa sind unabdingba­r.“Er freue sich zwar auch über hiesige Helfer, sehe aber nicht „dass sie die treuen Mitarbeite­r aus Polen ersetzen können.“

Ob überhaupt genügend hiesige Helfer für die Obstbauern zusammen kämen, ist fraglich. Vor der Erdbeerern­te habe die Plattform des Maschinenr­ings laut Ingrid Martin zwar großen Zulauf gehabt. Bei einige habe sich die persönlich­e Situation seither aber verändert. Zudem hätten viele Interessie­rte eine falsche Vorstellun­g von der harten Arbeit in der Landwirtsc­haft, andere wollten nur stundenwei­se arbeiten.

Generell sagen Martin und Nüberlin: Corona-Massenausb­rüche wie auf dem Hof in Niederbaye­rn seien in Lindau und im Bodenseekr­eis allein schon deshalb

Ingrid Martin vom Bündnis „Bodensee-Bauern“ unwahrsche­inlich, weil die Betriebe hier viel keiner seien.

Das Landratsam­t Lindau bereitet sich schon auf die vermehrten Kontrollen vor. „Die Staatsregi­erung hat vorgegeben, dass in jedem Landkreis Prüferteam­s eingericht­et werden müssen“, sagt eine Sprecherin. Zu den Teams gehörten ein Mitarbeite­r des Gesundheit­samts, einer des Landwirtsc­haftsamts und ein Vertreter der Sozialvers­icherung für Landwirtsc­haft.

Die zu prüfenden Betriebe, der Prüfplan und die Inhalte der Kontrolle sollen dann entspreche­nd der Gegebenhei­ten vor Ort festgelegt werden.

„Die Sorgen sind enorm, die Apfelernte ist viel größer als die Erdbeerern­te.“

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FOTO: MARTINA DIEMAND Die Blumen auf der Blühwiese strahlen schon in schönster Pracht, die Äpfel brauchen aber noch ein paar Wochen, bis sie erntereif sind. Obstbauer Martin Nüberlin hofft, dass die Erntehelfe­r aus dem Ausland dann noch einreisen dürfen.

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