Mission Nichtabstieg hat begonnen
Aufsteiger VfB Stuttgart startet mit dem viertjüngsten Team in die Bundesliga-Saison
- Unglaubliche 35 000 Zuschauer wohnten am Montag dem Auftakttraining des neuen FußballErstligisten VfB Stuttgart bei, der fünfmalige Meister darf also stolz behaupten: Die Fanbase stimmt. Allerdings befanden sich die Fans bloß vor ihrem Laptop und Handy und beäugten ein Facebook-Video, real zugegen waren exklusiv Spieler, Betreuer und jene Menschen, die den Livestream betreuten. Vor einem Jahr waren noch 4500 Fans vor Ort gewesen, um die ersten Leibesübungen wie Jonglieren oder „Eckle macha“, wie das Vier gegen Zwei auf schwäbisch genannt wird, zu begutachten, trotz des damaligen Abstiegs. Willkommen also in CoronaZeiten und zur ersten Profisaison, die, wenn es dumm läuft, komplett ohne Zuschauer stattfinden könnte.
Dennoch waren die Protagonisten froh, wieder ihrer Arbeit nachgehen zu dürfen. „Extreme Vorfreude und Optimismus“verspüre er, sagte Trainer Pellegrino Matarazzo. Und wenn es nach Sven Mislintat geht, könnte es offenbar schon jetzt losgehen, nicht erst in sechs Wochen respektive fünf, wenn man die DFB-Pokal-Runde hinzuzählt. Der hervorragend gebräunte Sportdirektor ist zufrieden mit den Neuzugängen und mit seiner bisherigen Arbeit in der Sommerpause, die für Experten ja die wichtigste Zeit überhaupt ist in so einer Saison. Dann gilt es, die Guten ins Töpfchen zu tun und die Schlechten im Zweifel ins Kröpfchen, also: sich zu verstärken.
Viel muss da aus Mislintats Sicht nicht mehr passieren. „Wenn wir es uns aussuchen dürften, können wir heute aufhören. Dann hätten wir uns gut verstärkt“, sagte der 47-Jährige, der zwei neue Verteidiger begrüßen durfte – Waldemar Anton und Konstantinos Mavropanos – und einen weiteren Neuzugang: Mittelfeldspieler Erik Thommy nämlich, der in Düsseldorf gute Leiharbeit leistete. Auch der lang verletzte Wiener Mittelstürmer Sasa Kalajdzic (24) ist quasi ein Neuer. Ob das schon ausreicht für den Klassenerhalt, „unser einziges Ziel“, wie Mislintat betont? Vier, fünf Hochkaräter hatten die Stuttgarter Ex-Weltmeister Guido
Buchwald und Thomas Berthold gefordert, sonst sei der VfB nicht konkurrenzfähig, bloß: Das Geld ist eben nicht da. Sollte der wechselwillige Stürmer Nicolas Gonzalez noch gehen, könnte sich das ändern. Als Alternative wird bereits der Nigerianer Peter Olayinka gehandelt (24), Torjäger von Slavia Prag.
Noch allerdings ist es nicht so weit: „Fakt ist: Ein Angebot ist nicht da“, sagte der Sportchef. „Fakt ist auch: Wir müssen nicht verkaufen.“Und so lange keiner der Interessenten – angeblich Dortmund, Neapel und Leeds United – die geforderten 20 Millionen Euro bietet, planen Matarazzo und seine neuen Co-Trainer Peter Perchtold und Michael Kammermeyer mit dem argentinischen Nationalspieler. „Ich gehe davon aus, dass er bleibt“, sagte Matarazzo.
Am Freitag wird der Trainer erfahren, auf wen der VfB in sechs Wochen zum Auftakt trifft. Es wird das erste Erstligaspiel werden für den 42-Jährigen, der der entscheidende Mann sein dürfte in Liga eins. Schafft Matarazzo es, das Zukunftspotenzial des viertjüngsten Bundesligateams (24,3 Jahre im Schnitt) zu heben? Der Kaderwert des VfB wird derzeit mit 75 Millionen Euro taxiert. Damit ist er Liga-16., immerhin vor Union Berlin und Bielefeld, allerdings waren jene Clubs den Stuttgarten in puncto Kompaktheit zuletzt um einiges voraus. Die Ansage von Matarazzo klang immerhin forsch: „Ich gehe jede Aufgabe mit Vollgas und mutig an. Wir wollen dominant auftreten und dem Gegner weh tun.“
Sein erstes Testspiel bestreitet der VfB am Samstag (11 Uhr) gegen Zweitligist Sandhausen, vom 22. bis 28. August steht das Trainingslager in Kitzbühel an. Dass die 32-MannTruppe dann noch so groß ist wie jetzt, ist eher unwahrscheinlich. Mislintat sagt: „Sicher werden wir noch Fluktuation im Kader haben.“