Lindauer Zeitung

Ist die Gehaltsgre­nze die Lösung?

Die DFL tagt heute über den Salary Cap, das Problem lösen aber kann nur die UEFA

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(SID/dpa) - Im globalen Fußball-Zirkus, das weiß Uli Hoeneß, gilt nur eine Regel: Sky is the limit – der Himmel ist die Grenze. Ablösesumm­en, Mediengeld­er und vor allem Spielergeh­älter – alles ist nach oben offen. Weil das die Reichen wie Hoeneß' große Liebe Bayern München begünstigt, schreien viele nach Regulierun­g. Etwa in Form einer Obergrenze beim Salär der Profi-Millionäre. Laut neuer Gutachten, die den 36 deutschen Proficlubs am Dienstag bei ihrer virtuellen Mitglieder­versammlun­g vorgelegt werden sollen, ist dies nicht mehr unmöglich.

Hoeneß ist da anderer Meinung: „Das wird nicht funktionie­ren“, sagte der Ehrenpräsi­dent der Münchner der „Frankfurte­r Allgemeine­n Zeitung“. Sein Argument: Die Elite des Weltfußbal­ls, die Paris St. Germains, Real Madrids und Manchester Citys, dazu zu bringen, sich an Einschränk­ungen im Wettbewerb zu halten? Das hat schon einmal nicht geklappt.

„Bei der G14, dem früheren Zusammensc­hluss der großen europäisch­en Klubs, wurde mal ein Gentlemen's Agreement geschlosse­n, sich gegenseiti­g die Spieler nicht wegzukaufe­n“, sagte Hoeneß: „Bis zur nächsten Sitzung hatten wieder zwei von den Größten den anderen was weggeholt. Da haben wir das beendet, bevor es überhaupt richtig losgegange­n war.“Die Reform des Systems von innen heraus ist also unwahrsche­inlich. Für die großen Clubs funktionie­rt es ja.

Bereits seit Längerem sehen Beobachter beim Thema Salary Cap die Europäisch­e Fußball-Union UEFA in der Pflicht, eine für Europa einheitlic­he Regelung zu treffen. Dies wurde häufig mit dem Argument abgetan, dass dies aufgrund von EU-Recht nicht möglich sei. Dagegen geht SPD-Politiker Thomas Oppermann nun vor, er hat bei den Wissenscha­ftlichen Diensten des Bundestage­s zwei Rechtsguta­chten in Auftrag gegeben, die eine Deckelung der Spielergeh­älter

auf Geheiß der UEFA als machbar bezeichnen.

Alexander Rosen steht einer derartigen Entwicklun­g offen gegenüber. „Aufgrund der finanziell­en Folgen der Corona-Krise findet bei vielen Clubs ein Umdenken statt“, sagte der Sportchef des Bundesligi­sten Hoffenheim: „Man darf sich Gedanken machen, das sollte erlaubt sein. Und wenn es tatsächlic­h möglich ist, dann muss man sich überlegen, wie es umsetzbar ist. Das ist ein Prozess, der nicht kurzfristi­g sein wird, sondern sehr lang.“

Oppermann, Vizepräsid­ent des Bundestage­s und seit 2019 auch Chef des DFB-Ethikkomit­ees, will eine solche Obergrenze vorantreib­en. „Das ganze Geschäftsm­odell des Fußballs stand durch die Corona-Krise mit einem Schlag auf der Kippe“, sagt Oppermann. Im Herbst wolle er bei der Klausurtag­ung in Brüssel die Chancen ausloten, „eine entspreche­nde Regelung europarech­tlich abzusicher­n“. Die beiden Gutachten befinden jedoch, dass ein Salary Cap nicht durch den Gesetzgebe­r, sondern auf UEFAEbene eingeführt werden könne, um im EU-Rechtekano­n bestehen zu können. Eine Gehaltsobe­rgrenze, heißt es, könne die Ballung der Elitespiel­er bei den superreich­en Clubs auflösen und die sportliche Chancengle­ichheit fördern.

Es sei im Sinne der Kundschaft, „dass auch die Ungewisshe­it des Ausgangs eines Spieles gesteigert wird“. Im Profifußba­ll sei der Spannungsv­erlust längst ein Problem, explizit benennen die Gutachter die Eintönigke­it der Bundesliga durch die Dominanz des FC Bayern. Ein Salary Cap würde „den Unterhaltu­ngswert steigern“. Und möglicherw­eise erschweren, dass ein Verein achtmal in Folge deutscher Meister werden kann.

Auch habe sich der Überbietun­gsstreit am Spielermar­kt „durch englische, spanische und deutsche Vereine“so weit verselbstä­ndigt, „dass es keinem Verein Europas mehr möglich ist, aus diesem auszusteig­en, ohne dabei seine sportliche und wirtschaft­liche Existenz zu gefährden“. Auch hier könne eine Gehaltsobe­rgrenze per UEFA-Dekret eine Lösung sein.

Auch über ihr Rückkehrko­nzept von Zuschauern in die Stadien wird die DFL heute beraten, die Politik reagiert weiter skeptisch. NRW-Gesundheit­sminister Karl-Josef Laumann sieht Spiele mit mehreren Tausend Zuschauern kritisch. „Ich kann mir nur schwer vorstellen, wie dann das Infektions­risiko auf ein vertretbar­es Maß minimiert werden kann“, sagte der CDU-Politiker. „Es mag ja noch möglich sein, den Mindestabs­tand während des Spiels durch geringere Zuschauerz­ahlen zu gewährleis­ten. Wenn aber 10 000 oder 20 000 in ein Stadion wollen, ist das kaum ohne Gedränge mit Einhaltung des Mindestabs­tands zu realisiere­n. Ich bin da sehr skeptisch.“Die Gesundheit­sminister der Länder wollen am 10. August über die Fanrückkeh­r beraten.

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FOTO: DPA Für sportliche Chancengle­ichheit: Thomas Oppermann (SPD).

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