Kleine Atomsprengköpfe, die auf Raketen passen
Nach einem UN-Bericht entwickelt Nordkorea weitere nukleare Waffen – Finanzierung durch Cyberkriminalität
- Nordkoreas Regime lässt nicht locker. Trotz internationaler Sanktionen treibt Pjöngjang offenbar sein Atom- und Raketenprogramm vehement voran. Das geht aus einem vertraulichen Rapport der Vereinten Nationen hervor, in dem ein unabhängiges UN-Expertengremium zur Einhaltung von Sanktionen zu dem Schluss kommt, dass Nordkorea „wahrscheinlich sehr kleine nukleare Sprengköpfe entwickelt hat, die auf ballistische Raketen passen“. Ferner heißt es in dem Dokument, an dem mehrere Staaten gearbeitet haben, dass Pjöngjang sein Atomprogramm generell forciert, „einschließlich der Produktion von hoch angereichertem Uran und dem Bau eines experimentellen Leichtwasserreaktors“.
Das UN-Expertengremium zur Einhaltung der Sanktionen gegen Nordkorea betont in dem Bericht, dass die jüngsten Einschätzungen auf Informationen eines Mitgliedslands zurückgingen. Welches damit gemeint ist, wurde nicht erwähnt, aber man darf vermuten, dass es sich um Nordkoreas engsten Verbündeten China handelt.
Machthaber Kim Jong-un hatte erst kürzlich deutlich gemacht, dass er in dem Atomwaffenarsenal eine Sicherheitsgarantie sieht. Die Staatsmedien zitierten ihn Ende Juli mit den Worten: „Dank unserer zuverlässigen und wirksamen nuklearen Abschreckung zur Selbstverteidigung wird es ein Wort wie Krieg in diesem Land nicht mehr geben.“Die Botschaft dahinter lautet: Wir haben jetzt kleine Nuklearsprengköpfe, die auf ballistische Raketen passen und damit reale Ziele erreichen können.
Mit keinem Wort wird in dem UN-Bericht erwähnt, wie ein isoliertes und durch Sanktionen abgeschottetes Land ausreichend finanzielle Mittel haben kann, um zur Atommacht zu werden. Bekannt ist, dass Pjöngjang trotz der Sanktionen intensiven Handel mit Peking betreibt, beispielsweise Kohle, Holz und seltene Erden an chinesische Händler verkauft. Aber das dürfte kaum ausreichen, um im Ausland – zum Beispiel in der früheren Sowjetunion – Know-how und Technologie einzukaufen. Die Lösung dieses Rätsels könnte lauten: Cyberkriminalität.
Das Kim-Regime hat in einem Land praktisch ohne funktionierendes Internet eine geheime Cyberarmee aufgestellt, die Banken und Konzernen in aller Welt das Fürchten lehrt. Indizien dafür gibt es genug, vor allem für die Aktivitäten einer Gruppe mit Namen „Lazarus“, die sehr wahrscheinlich von Nordkorea aus operiert. Diese Hacker greifen durch eine „Ransomware“genannte Erpresser-Software gezielt Unternehmen in Europa und Asien an, um vor allem über Kryptowerte wie Bitcoin Finanzmittel abzugreifen, vermuten internationale Experten.
Einem UN-Bericht zufolge wird die bisherige Beute Pjöngjangs aus den Cyberraubzügen auf zwei Milliarden Dollar geschätzt. Das wäre rund ein Zehntel der gesamten wirtschaftlichen Jahresleistung Nordkoreas und damit ein enormer Beitrag zur Finanzierung des Rüstungsprogramms. Offiziell dementiert Kim Jong-un zwar eine Verbindung zu „Lazarus“, aber die Vereinten Nationen gehen als Urheber der Netz-Attacken von dem nordkoreanischen Geheimdienst RGB aus.