Lindauer Zeitung

Razzia beim Bankenverb­and

Polizei durchsucht im Cum-Ex-Skandal Büros – Beschuldig­te sollen Einfluss auf Gesetzgebu­ng ausgeübt haben

- Von Brigitte Scholtes

- Der Bundesverb­and deutscher Banken (BdB) hatte Besuch von Ermittlern im Cum-Ex-Skandal. Sowohl am Haupt-Verbandssi­tz in Berlin als auch in Frankfurt wurden Büros durchsucht, bestätigte der Lobbyverba­nd der privaten Banken in Deutschlan­d. Die Durchsuchu­ng solle zur Auffindung von Beweismitt­eln dienen, die für die Fortführun­g der Ermittlung­en und die weitere Aufhellung des komplexen Sachverhal­ts von Bedeutung sein können, heißt es von der Staatsanwa­ltschaft Köln. Die hatte diese Durchsuchu­ngen veranlasst. „Wir kooperiere­n vollumfass­end mit den Behörden“, heißt es in einem Statement des BdB, der aber auch darauf verweist, dass die Ermittlung­en sich nicht gegen den Bankenverb­and selbst richteten.

Das gilt zunächst. Ganz zurücklehn­en sollten sich die Vertreter des Bankenverb­ands jedoch nicht. Denn sollten die Ermittler zu einem entspreche­nden Anfangsver­dacht kommen im Rahmen der Bewertung entspreche­nder Beweismitt­el, dann könne generell aus dem Zeugenstat­us ein

Beschuldig­tenstatus werden, bestätigt Ulrich Bremer, Sprecher der Kölner Staatsanwa­ltschaft: „Aber dafür haben wir im Moment noch keine Anhaltspun­kte.“

Die Ermittlung­en im Cum-ExSkandal ziehen sich schon viele Jahre hin. Cum-Ex, das bedeutet, dass sich die Anleger die einmal gezahlte Kapitalert­ragssteuer auf Dividenden mithilfe von Banken mehrfach erstatten ließen. So soll der Fiskus um mehr als zehn Milliarden Euro betrogen worden sein, schätzen Steuerfahn­der. Die

Ermittler wollen nun offenbar klären, welche Rolle der Bankenverb­and in diesem Zusammenha­ng gespielt hat. Das vermutet jedenfalls Konrad Duffy, bei der Bürgerbewe­gung „Finanzwend­e“zuständig für Finanzkrim­inalität. Der BdB vertritt 180 private Kreditinst­itute. Darunter sind auch viele, die ihren Kunden bei den Cum-Ex-Geschäften geholfen haben könnten oder sogar selbst mitgemacht haben. Der Verband habe jedenfalls als erstes von den Cum-Ex-Geschäften gewusst, aber nur zögerlich diese Informatio­nen

an das Bundesfina­nzminister­ium weitergege­ben, sagt Duffy. „Er hat dann einen Gesetzesvo­rschlag gemacht, der das Problem der Cum-ExGeschäft­e noch weitaus vergrößert hat“, glaubt Duffy. Dabei habe er einen „Maulwurf“im Bundesfina­nzminister­ium untergebra­cht, der die Kritik an diesem Gesetzesvo­rschlag herunterge­spielt habe: „Man argumentie­rte, dass Cum-Ex über das Ausland 'offensicht­lich legal' sei, weil nicht wie im Inland explizit verboten.“Dieses Problem habe den Bankenverb­and nicht gekümmert, er habe allein die Risiken seiner deutschen Mitglieder verringern wollen. 2007 habe das Ministeriu­m dann einen Formulieru­ngsvorschl­ag der Bankenlobb­y fast wortgleich mit den entspreche­nden Schlupflöc­hern übernommen. Danach hätten die Cum-Ex-Geschäfte nochmals deutlich zugenommen.

Vertreter des BdB hatten diese Vorwürfe jedoch bei früheren Untersuchu­ngen immer abgestritt­en, so auch im Untersuchu­ngsausschu­ss des Bundestags im Jahr 2016. Inzwischen ist die Zahl der Beschuldig­ten auf mehr als 1000 gestiegen, 100 Banken haben die Ermittler im Visier.

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FOTO: FRANK RUMPENHORS­T/DPA Büro des Bankenverb­ands in Frankfurt: Die Stadt war ein Zentrum der Razzien an diesem Mittwoch.

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