Razzia beim Bankenverband
Polizei durchsucht im Cum-Ex-Skandal Büros – Beschuldigte sollen Einfluss auf Gesetzgebung ausgeübt haben
- Der Bundesverband deutscher Banken (BdB) hatte Besuch von Ermittlern im Cum-Ex-Skandal. Sowohl am Haupt-Verbandssitz in Berlin als auch in Frankfurt wurden Büros durchsucht, bestätigte der Lobbyverband der privaten Banken in Deutschland. Die Durchsuchung solle zur Auffindung von Beweismitteln dienen, die für die Fortführung der Ermittlungen und die weitere Aufhellung des komplexen Sachverhalts von Bedeutung sein können, heißt es von der Staatsanwaltschaft Köln. Die hatte diese Durchsuchungen veranlasst. „Wir kooperieren vollumfassend mit den Behörden“, heißt es in einem Statement des BdB, der aber auch darauf verweist, dass die Ermittlungen sich nicht gegen den Bankenverband selbst richteten.
Das gilt zunächst. Ganz zurücklehnen sollten sich die Vertreter des Bankenverbands jedoch nicht. Denn sollten die Ermittler zu einem entsprechenden Anfangsverdacht kommen im Rahmen der Bewertung entsprechender Beweismittel, dann könne generell aus dem Zeugenstatus ein
Beschuldigtenstatus werden, bestätigt Ulrich Bremer, Sprecher der Kölner Staatsanwaltschaft: „Aber dafür haben wir im Moment noch keine Anhaltspunkte.“
Die Ermittlungen im Cum-ExSkandal ziehen sich schon viele Jahre hin. Cum-Ex, das bedeutet, dass sich die Anleger die einmal gezahlte Kapitalertragssteuer auf Dividenden mithilfe von Banken mehrfach erstatten ließen. So soll der Fiskus um mehr als zehn Milliarden Euro betrogen worden sein, schätzen Steuerfahnder. Die
Ermittler wollen nun offenbar klären, welche Rolle der Bankenverband in diesem Zusammenhang gespielt hat. Das vermutet jedenfalls Konrad Duffy, bei der Bürgerbewegung „Finanzwende“zuständig für Finanzkriminalität. Der BdB vertritt 180 private Kreditinstitute. Darunter sind auch viele, die ihren Kunden bei den Cum-Ex-Geschäften geholfen haben könnten oder sogar selbst mitgemacht haben. Der Verband habe jedenfalls als erstes von den Cum-Ex-Geschäften gewusst, aber nur zögerlich diese Informationen
an das Bundesfinanzministerium weitergegeben, sagt Duffy. „Er hat dann einen Gesetzesvorschlag gemacht, der das Problem der Cum-ExGeschäfte noch weitaus vergrößert hat“, glaubt Duffy. Dabei habe er einen „Maulwurf“im Bundesfinanzministerium untergebracht, der die Kritik an diesem Gesetzesvorschlag heruntergespielt habe: „Man argumentierte, dass Cum-Ex über das Ausland 'offensichtlich legal' sei, weil nicht wie im Inland explizit verboten.“Dieses Problem habe den Bankenverband nicht gekümmert, er habe allein die Risiken seiner deutschen Mitglieder verringern wollen. 2007 habe das Ministerium dann einen Formulierungsvorschlag der Bankenlobby fast wortgleich mit den entsprechenden Schlupflöchern übernommen. Danach hätten die Cum-Ex-Geschäfte nochmals deutlich zugenommen.
Vertreter des BdB hatten diese Vorwürfe jedoch bei früheren Untersuchungen immer abgestritten, so auch im Untersuchungsausschuss des Bundestags im Jahr 2016. Inzwischen ist die Zahl der Beschuldigten auf mehr als 1000 gestiegen, 100 Banken haben die Ermittler im Visier.