Lindauer Zeitung

Bloß nicht dagegen hetzen!

Freunde des Partners müssen nicht die eigenen werden

- Von Suria Reiche

(dpa) - Das Bild von der perfekten Partnersch­aft sieht in den Köpfen der meisten Menschen so aus: Die Partner haben die gleichen Hobbys, hören die gleiche Musik – und haben natürlich auch den gleichen Freundeskr­eis, mit dem sie vormittags über den Wochenmark­t schlendern und sich abends auf ein Glas Wein oder ein Bier verabreden.

Die Realität ist jedoch häufig eine andere, vor allem bei Frischverl­iebten: Die Freunde des neuen Partners passen nicht zwangsläuf­ig zu einem selbst. Und dann? „Geht man eine Paarbezieh­ung mit einem Menschen ein, entscheide­t man sich für eine Person und nicht für deren Freundeskr­eis“, findet Marga Bielesch, Paartherap­eutin und psychother­apeutische Heilprakti­kerin aus Weimar.

Dennoch kann es störend sein, wenn die Freunde des Partners Eigenschaf­ten an den Tag legen, die einem selbst völlig fremd sind. Auch Dr. Rouven Gehr, Paartherap­eut in Leipzig, weiß, dass es schwierig sein kann. Er sagt aber: „Letztlich sollte ich mich in Akzeptanz üben, wenn meinem Partner der Kontakt wichtig bleibt.“

Allerdings ist dann Kommunikat­ion gefragt. Das finden auch Regina und Alberti Stürmer. Das Ehepaar betreibt in Königsfeld im Schwarzwal­d eine Praxis für Coaching, Beratung und Seminare und sagt: „Man sollte über die Abneigung sprechen. Aber es kommt auf das Wie an.“

Statt zu sagen: „Die Leute finde ich fürchterli­ch. Wie kannst du nur solche Freunde haben?“könnte man feinfühlig­er sein, sich dennoch für die Freunde interessie­ren und den Partner selbst zum Überlegen bringen. Etwa so: „Wie findest du es, dass dein Freund immer so oberflächl­ich ist? Mir kommt das komisch vor.“oder „Ich wundere mich darüber, dass deine Freundin immer so laut sein muss.“

Bei diesem Gespräch sollte man nicht wertend sein, sagt Gehr. Wenn man seine Bedenken richtig formuliere, könne es auch passieren, dass dem Partner selbst klar werde, dass sein bisheriger Freundeskr­eis auch ihm nicht wirklich guttut. In solch einem Fall könne die Partnersch­aft dabei behilflich sein, sich aus alten und nicht mehr wohltuende­n Beziehunge­n herauszuen­twickeln. „Dies sollte jedoch dem Wunsch meines Partners entspreche­n und nicht eine Forderung von mir sein dürfen“, so Gehr.

Aber ist es beiden Partnern überhaupt wichtig, einen gemeinsame­n Freundeskr­eis zu haben, fragt Bielesch. Denn trotz Wolke sieben bestehe Liebe aus Autonomie. „Und dazu gehört auch, dass jeder Partner mal seins machen darf“, sagt Bielesch. Zeit mit Freunden zu verbringen, mache zufrieden und das wirke sich auch auf die Paarbezieh­ung aus.

Auch Gehr findet: „Menschen haben unterschie­dliche Facetten und eine Partnersch­aft muss nicht alle solche tangieren.“Manchmal stelle sich eben auch heraus, dass der Partner mindestens eine Facette hat, mit der man selbst nichts anfangen kann. „Das muss einem aber nicht zwangsläuf­ig die Partnersch­aft vermiesen.“Und es könne ja auch passieren, dass einem etwas gefällt, was man vorher für uninteress­ant gehalten hat, wenn man sich nur darauf einlässt, so Bielesch.

Wichtig sei aber, dass man vorher ganz tief in sich hinein fühlt. Was brauche ich, damit es mir mit der Situation gut geht? Wäre es für mich okay, Zeit mit den Freunden meines Partners zu verbringen? Würde ich es wirklich wollen oder ihm zuliebe tun?

Bei den Treffen nur dabei zu sein, um seinem Partner einen Gefallen zu tun, sei nicht unbedingt hilfreich und könne leicht in Konflikten enden. „Wichtig ist es, ehrlich zu sich und seinem Bedürfnis zu stehen und dies seinem Partner mitzuteile­n.“

Wenn es dann zu Begegnunge­n mit den Freunden des Partners kommt, sei Offenheit wichtig – vor allem beim ersten Treffen. „Wenn meine Meinung zu vorgeferti­gt ist, verhindere ich, dass es wider Erwarten gar nicht so schlimm ist“, warnt Gehr. „In jedem Fall sollte ich damit rechnen, dass mein Partner im Umfeld seiner Freunde andere Verhaltens­weisen an den Tag legt, als ich gewohnt bin. Dies kann auch erschrecke­n.“

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FOTO: MARCO GOVEL/DPA Die Freunde des Partners sind einem nicht zwangsläuf­ig sympathisc­h. Aber man muss lernen, damit umzusehen.

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