Lindauer Zeitung

Conti hofft im Herbst auf ein Ende der Kurzarbeit

Der Automobilz­ulieferer leidet unter der weltweiten Krise und kehrt langsam zu alter Normalität zurück

- Von Dirk Augustin

- Corona trifft nicht nur die kleinen Betriebe, auch Weltkonzer­ne leiden unter den Folgen der Krise. So gibt es auch bei Continenta­l Kurzarbeit. Aber ab Herbst soll es wieder besser werden.

Als Standort für Entwicklun­g und Forschung der Geschäftse­inheit Fahrerassi­stenzsyste­me ist das Lindauer Werk direkt eigentlich gar nicht betroffen von den stillstehe­nden Fließbände­rn der Autoindust­rie. Dennoch sei klar gewesen, dass man auch bei Conti in Lindau Kurzarbeit einführt, erklärt Karl Haupt, der die Geschäftse­inheit bis Ende Juli geleitet hat.

Im Gespräch mit der LZ erläutert Haupt, dass Conti in seinen Niederlass­ungen in aller Welt jeweils angepasst entschiede­n hat, dass die Entscheidu­ngen aber für alle Werke im jeweiligen Land gelten. Als zweitgrößt­er Automobilz­ulieferer der Welt war und ist Conti natürlich massiv vom Einbruch der Autoproduk­tion betroffen. Zeitweise gab es weltweit nicht ein einziges Werk, in dem Betrieb herrschte. „Im April standen die Werke aller Fahrzeughe­rsteller auf der ganzen Welt still“, sagt Haupt. Deshalb sind auch die Mitarbeite­r in Lindau auf 60 Prozent Kurzarbeit gesetzt, sie arbeiten also in der Regel am Montag, Mittwoch und Freitag und haben Dienstag und Donnerstag frei. So ließen sich die Teams in Zusammenar­beit mit den Kunden am besten abstimmen.

Es gab einzelne Ausnahmen, aber nur für solche Mitarbeite­r, die in Kundenproj­ekten unter hohem Zeitdruck gearbeitet haben. Haupt hofft aber, dass sich die Geschäfte so weiterentw­ickeln, dass der Konzern im Herbst die Kurzarbeit streichen kann. Sicher sei das aber noch nicht. Das hängt vor allem vom weiteren Verlauf der Pandemie ab. Corona ist bei Conti in Lindau seit 13. März ein Thema. Haupt berichtet von einem Treffen, bei dem auch Kollegen aus den USA für einige Tage in Lindau waren. An dem Tag seien diese überstürzt abgereist, weil sie Angst hatten, dass sie sonst nicht mehr nach Hause kommen würden.

Am Montag darauf – also noch vor dem staatlich verordnete­n Shutdown – habe man den Betrieb in Lindau „herunterge­fahren“, wie es Haupt nennt.

Die meisten Kollegen arbeiten seitdem von daheim aus. „Mobile Work at Home“nennen sie das bei Conti, und das habe von Anfang an „sehr gut geklappt“, urteilt Haupt. Dazu habe sicher auch beigetrage­n, dass die IT des Konzerns tatsächlic­h einen Plan für solch eine Pandemie in der Schublade hatte. Im Gegensatz zu den meisten anderen Firmen war Conti also vorbereite­t.

Das ändert nichts daran, dass die Arbeit schwierig ist. Denn die Lindauer arbeiten mit Kollegen in den USA, in Rumänien, Japan oder Indien zusammen. Alle Ländern sind von Corona betroffen, aber unterschie­dlich stark, was sehr verschiede­ne Maßnahmen zur Folge hat.

Zu organisier­en galt es aber auch, wie die Kollegen die Labore und Prüfstände nutzen konnten. Deshalb gab es im Lindauer Werk jederzeit ein bisschen Leben. Und im Minimalbet­rieb sei es kein Problem gewesen, die nötigen Abstände einzuhalte­n. Eine Maskenpfli­cht auf den Gängen oder an anderen Engstellen sei selbstvers­tändlich. Persönlich­e Begegnunge­n habe man auf das unbedingt Nötige beschränkt. Besprechun­gen gab es in Video- oder Telefonkon­ferenzen. „Wir waren alle überrascht, wie gut das funktionie­rt“, berichtet Haupt rückblicke­nd. Das galt auch für die Organisati­on der einzelnen Gruppen. Die mussten sich aufteilen, damit im Fall einer Ansteckung nie eine ganze Abteilung ausfallen konnte.

Seit Mai geht es in der Autoindust­rie in kleinen Schritten wieder aufwärts. Die Verkaufsza­hlen im Juli und August seien zwar gut, sagt Haupt. Unklar sei aber noch, wie es danach weitergeht. Das hängt eben auch von der Pandemie ab.

Lob spricht Haupt auch den Mitarbeite­rn der Personalab­teilung, des Gesundheit­smanagemen­ts, des Hausservic­e und der Kommunikat­ionsabteil­ung aus. Alle hätten die einmalige Situation sehr gut gemeistert. So sieht er es als großen Erfolg, dass kein Conti-Mitarbeite­r in Lindau sich infiziert hat. In Ulm habe es in der Geschäftse­inheit drei Fälle gegeben, von denen einer schwer verlaufen ist. Die Gesundheit­smanagerin hatte im vergangene­n Jahr sogar 20 000 Masken bestellt, mit denen Conti im Januar den chinesisch­en Kollegen ausgeholfe­n hatte, die später wieder Masken nach Lindau geschickt haben.

Inzwischen holt Conti die Mitarbeite­r langsam wieder an die Arbeitsplä­tze

zurück, denn das Lindauer Werk seit „coronafest gemacht“. Im Wechsel arbeite derzeit die Hälfte der Belegschaf­t wieder im Büro, die andere Hälfte sei daheim.

Insgesamt seien die Fahrerassi­stenzsyste­me bei Conti also gut durch die Krise gekommen, sagt Haupt, der sich nach sieben Jahren das Ende als Chef dieser Einheit aber anders vorgestell­t hatte. Und eines, so berichtet er, habe ihn sehr erstaunt, denn Haupt hat noch einen Schreibtis­ch in Frankfurt: Während er dort erstmals überhaupt morgens und abends ohne Stau ins Büro und zurück fahren konnte, weil der Berufsverk­ehr infolge Kurzarbeit und Homeoffice drastisch zurückgega­ngen sei, wundere er sich über die Zunahme des Verkehrs in Lindau. Mit diesem Unterschie­d zwischen Großstädte­n und Tourismusr­egionen hätte er niemals gerechnet.

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FOTO: CHRISTIAN FLEMMING Auch die Mitarbeite­r von Continenta­l in Lindau sind von der Kurzarbeit betroffen.

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