Mit drei Reifen auf Rekordjagd
Hamilton kann bald zum erfolgreichsten Formel-1-Fahrer der Geschichte aufsteigen
(SID) - Im FerrariLand Italien hat man sich mit dem Unvermeidlichen abgefunden. „Wenn Lewis Hamilton sogar auf drei Reifen gewinnt, dann kann man den Laden dichtmachen“, urteilte die „Gazzetta dello Sport“mit einer Mischung aus Resignation und Bewunderung für den prägenden Formel-1Fahrer dieser Epoche – der vielleicht sogar der Beste der Geschichte ist?
Es ist eine müßige und ungerechte Diskussion, in der immer wieder mit Namen wie Fangio, Clark, Lauda, Prost, Senna oder Schumacher jongliert wird. Doch zumindest die Statistikbücher werden Hamilton wohl schon sehr bald in fast allen wichtigen Kategorien als Kaiser der Motorsport-Königsklasse ausweisen. Im September bereits könnte Hamilton der Fahrer mit den meisten Siegen der Formel-1-Geschichte sein, am Jahresende der zweite Rekordweltmeister neben „Seiner Majestät Michael Schumacher“(La Stampa).
Am siebten Weltmeistertitel zweifelt nicht mal die Konkurrenz, wenn man sie denn so nennen will, des 35jährigen Briten. „Du stellst wirklich diese Frage? Ist die Antwort nicht offensichtlich?“, blaffte Ferrari-Pilot Charles Leclerc, immerhin Dritter am Sonntag beim Reifenplatzer-Spektakel in Silverstone. Dabei hatte ein Journalist lediglich wissen wollen, ob der 22-jährige Monegasse glaube, dass jemand in diesem Jahr den sechsmaligen Weltmeister Hamilton aufhalten könne. „Nein“, antwortete Leclerc schließlich doch. Max Verstappen,
Zweiter beim britischen Grand Prix, stimmte ein.
Wie sollten die beiden designierten Thronfolger auch argumentieren, wenn selbst ein sich auflösender linker Vorderreifen in der letzten Runde Hamiltons Triumph nicht vereiteln konnte. Der Mercedes-Star, den nach seinem 87. Formel-1-Erfolg nur noch vier Siege von der einst als unerreichbar geltenden Schumacher-Marke trennen, ist im Herbst seiner Karriere besser denn je. Getragen von einem neuerdings nachtschwarzen Mercedes, der überlegener als jemals zuvor scheint. Hamiltons Qualifying-Darbietungen hinterlassen in schöner Regelmäßigkeit offene Münder, mit 91 Polepositions hat er Schumacher (69) längst distanziert. Im Rennen erlaubt sich der Brite eigentlich nur noch Aussetzer, wenn die Saison gerade anläuft oder er den Titel bereits in der Tasche hat.
2020 war Hamiltons Anlaufzeit ausgesprochen kurz. Einem vierten Platz in Österreich ließ er Siege in Spielberg, Budapest und Silverstone folgen. Hamiltons Vorsprung nach vier WM-Läufen auf seinen Teamkollegen Valtteri Bottas beträgt bereits satte 30 Punkte. Wenn es für ihn perfekt läuft, müssen die Tifosi ganz stark sein: In Monza am 6. September könnte der Brite die SchumacherMarke von 91 Siegen egalisieren, eine Woche später auf der Ferrari-Strecke in Mugello zum alleinigen Rekordgewinner aufsteigen.
Weltmeister Hamilton selbst spielt die Bedeutung solcher Meilensteine gern herunter, will sich weiter nicht mit anderen Giganten vergleichen. „Ich bin im Herzen durch und durch Rennfahrer“, sagt er: „Ich bin groß geworden mit Rad-an-RadRennen. Das ist es, was mich immer begeistert hat.“
Von engen Duellen an der Spitze ist derzeit nicht viel zu sehen, doch es ist nicht Hamiltons Aufgabe, den Titelkampf spannend zu machen. Und die Konkurrenz muss Schlimmes befürchten: Am Sonntag (15.10 Uhr/RTL und Sky) wird wieder in Silverstone gefahren. Dort stand in den letzten sieben Rennen sechs Mal derselbe Sieger ganz oben auf dem Podest: Lewis Hamilton.