Razorbacks ärgern sich über sechs Konkurrenten und den Verband
Sportlicher Leiter Oliver Billstein äußert sich zur inzwischen komplett abgesagten GFL-Saison
- Dass die Ravensburg Razorbacks in diesem Jahr an keinem Ligabetrieb teilnehmen werden, steht schon seit einigen Tagen fest. Nun ist klar: Es wird überhaupt keine Saison gespielt. Wie diese Entscheidung zustande kam, ließ Oliver Billstein, den Sportlichen Leiter der Razorbacks, richtig wütend werden.
„Ich habe mich lange zurückgehalten. Aber da bin ich einfach sehr enttäuscht gewesen“, blickt Oliver Billstein auf das zurück, was Ende der vergangenen Woche passierte. Da nämlich teilte der American Football Verband Deutschland (AFVD) mit, dass die sechs Vereine, die zuletzt noch eine Saison spielen wollten, sich jetzt mit großer Mehrheit (es gab eine Enthaltung) ebenfalls gegen einen Spielbetrieb im Jahr 2020 ausgesprochen hätten. Die Entscheidung empfand Billstein zwar als nachvollziehbar, weil die Razorbacks mit neun weiteren Teams in der GFL Süd und Nord diesen Schritt schon eine Woche zuvor gegangen waren.
Billstein regte sich aber über den schnellen Sinneswandel bei den sechs Teams – und beim Verband – auf. „Die sechs verbleibenden [Mannschaften] haben teils lautstark verkündet, die Saison zu spielen, der Verband hat weiter vehement für eine Saison argumentiert. Heute, sieben Tage später, ohne veränderte Rahmenbedingungen, sagen diese
Teams aus den gleichen Gründen die GFL1-Saison ganz ab“, machte Billstein seinem Ärger wenige Stunden nach Bekanntwerden der Entscheidung auf Facebook am Freitag deutlich Luft. „Warum? Hunderte Mails, eingeschaltete Anwälte, ein schlechtes Bild in der Öffentlichkeit, 18 Teams in 2021...“, schob er hinterher und ließ damit tief blicken, was zuletzt in Football-Deutschland so los war.
Dabei hat Billstein natürlich Verständnis für den Wunsch, dem geliebten Sport in der höchsten Spielklasse wie gewohnt nachzugehen. Niemand hätte das lieber gewollt als die Razorbacks, die sich nach dem geglückten Aufstieg im Jahr 2019 so richtig auf ihre erste Saison überhaupt in der GFL1 Süd freuten. Wegen der Corona-Krise mussten aber nicht nur die Oberschwaben einsehen, dass das quasi unmöglich ist, aus „Sorge vor Ansteckungen, wegen mangelnder Vorbereitung und damit verbundenem Verletzungsrisiko und unwirtschaftlichen Voraussetzungen“, argumentierte Billstein nachvollziehbar.
Auch Tage später ist Oliver Billstein noch immer nicht gut auf den Verband und die sechs lange uneinsichtigen Vereine (Dresden Monarchs, Schwäbisch Hall Unicorns, Munich Cowboys, Marburg Mercenaries, Potsdam Royals und Berlin Rebels) zu sprechen. Er habe den Eindruck, dass es einen unbedingten Willen gegeben habe, ein lukratives
Endspiel um den GFL-Titel zu veranstalten, weil da natürlich auch viel dranhänge. Er wolle aber daran erinnern, dass American Football in Deutschland ganz überwiegend von Amateurspielern betrieben werde, die gerade ganz andere Sorgen hätten, als ihrem Sport unter harten Bedingungen nachzugehen. Ebenso erinnerte Billstein daran, dass zum Beispiel in Baden-Württemberg immer noch nicht ordentlich trainiert werden dürfe. „Wir können kein komplettes Spielszenario im Training durchgehen“, sagt er – stellvertretend für Headcoach Sebastian Fandert. Billstein weiß, wovon er spricht: Im vergangenen Jahr führte er die Razorbacks als Coach zur Meisterschaft und zum Aufstieg, bevor er sich wieder auf seine eigentliche Aufgabe als Sportlicher Leiter konzentrierte.
Die Hoffnung der Ravensburg Razorbacks ruht nun vollständig auf dem kommenden Jahr. Mit 2020 haben sie mehr oder weniger abgeschlossen. Der Blick geht nach vorn. Mit einigen Spielern sei schon eine Übereinstimmung da, es nach dem gescheiterten Versuch erneut zu probieren. Bei anderen sei jetzt schon klar, dass sie dann eben nicht für die Razorbacks spielen werden. „Wir machen das Beste draus“, verspricht Billstein. Heißt: Nur, weil es die Premierensaison der Razorbacks in der ersten Liga gründlich verhagelt hat, wird die Motivation nicht weniger werden.