Lindauer Zeitung

Polizei zieht Raser aus dem Verkehr

Das Rohrach ist bei Motorradfa­hrern beliebt – Das sorgt für Unmut bei Anwohnern und führt häufig zu Unfällen

-

- Sommerzeit ist Motorradze­it. Auf der Alpenstraß­e B 308 zwischen Oberstaufe­n und Niederstau­fen ist häufig die Hölle los. Deshalb kontrollie­rt die Polizei Lindenberg in diesem Bereich verstärkt. Im Interview mit Benjamin Schwärzler erklärt der stellvertr­etende Lindenberg­er Dienststel­lenleiter Wolfgang Blischke, was die Beamten besonders im Auge haben, wieso es eine spezielle Kontrollgr­uppe gibt und was er von einem Fahrverbot an Sonn- und Feiertagen hält.

Nachdem 2019 die Zahl der Verkehrsun­fälle im Westallgäu auf ein Rekordhoch gestiegen ist, hat die Polizei Lindenberg verschärft­e Kontrollen für Motorradfa­hrer angekündig­t. Ist das auch passiert?

Jeder Unfall, ob mit Motorrad oder Pkw, ist ein Unfall zu viel. Nachdem bei den Unfällen im Vorjahr Motorräder eine gewisse Rolle gespielt haben, haben wir die Kontrollen intensivie­rt – trotz Corona. Es gab ja eine gewisse Zeit, in der reine Vergnügung­sfahrten mit dem Motorrad nicht erlaubt waren. Seit das wieder gelockert wurde, kontrollie­ren wir verstärkt. Unterstütz­t werden wir dabei regelmäßig von den Kollegen der Kontrollgr­uppe Motorrad des Polizeiprä­sidiums Schwaben Süd/ West, die speziell für die Überprüfun­g von Motorräder­n geschult sind, zum Beispiel, was technische Veränderun­gen angeht. Wir haben dabei einige Verstöße festgestel­lt.

Worauf achten die Beamten bei diesen besonders und was sind die häufigsten Verstöße?

Wie bei allen Verkehrsko­ntrollen überprüfen wir den Fahrer in Sachen Fahrerlaub­nis und Verkehrsta­uglichkeit. Bei den Motorräder­n selbst kontrollie­ren wir zum Beispiel, ob die Reifen noch in Ordnung sind. Hier hatten wir heuer bislang auffällig viele Verstöße. Wir haben aber auch nicht zugelassen­e Bremshebel gefunden oder Auspuffanl­agen, die entweder nur für den Rennsport, aber nicht für den Straßenver­kehr zugelassen sind, oder die verändert wurden, indem der eingebaute Lautstärke­regler – der sogenannte DBEater – oder die Dämmerwoll­e entfernt worden ist.

Wie schaut es mit Radarkontr­ollen aus?

Die gibt es natürlich auch. Schwerpunk­tmäßig werden Geschwindi­gkeitsmess­ungen an Unfallschw­erpunkten und Gefahrenst­ellen durchgefüh­rt. Beispielsw­eise, an denen es Motorradun­fälle mit der Ursache „überhöhte oder nicht angepasste Geschwindi­gkeit“gab.

Welche Stellen hat die Polizei dabei besonders im Auge?

Es konzentrie­rt sich sehr viel auf die B 308. Auf der Alpenstraß­e sind viele Motorräder unterwegs. Es ist ja auch eine schöne Strecke, das muss man ganz klar sagen. Aber dadurch eben auch der Bereich, in dem bei uns am häufigsten Unfälle passieren. Heuer hatten wir beispielsw­eise schon acht Motorradun­fälle im Rohrach mit sechs Schwer- und drei Leichtverl­etzten.

Wieso kommt es dort immer wieder zu solchen Unfällen?

Häufig wird dort das Überholver­bot missachtet. Und viele Motorräder fahren einfach zu schnell. Das Rohrach ist eine gefährlich­e Strecke mit vielen Kehren, die nach außen abfallen. Ist man zu schnell unterwegs, kann es leicht passieren, dass die Maschine wegrutscht. Teilweise kommen die Fahrer von weit her. Wenn man zum ersten Mal im Rohrach fährt, kann so eine Kurve dann schon überrasche­nd kommen. Und es ist dort einfach auch viel Verkehr. Wo viel gefahren wird, steigt das Unfallrisi­ko.

Anwohner klagen darüber, dass häufig Motorradfa­hrer das Rohrach mehrfach hintereina­nder in hohem Tempo auf und ab fahren – scheinbar ohne Sinn und Verstand. Wieso ist ausgerechn­et dieser Abschnitt der B 308 so beliebt?

Ich denke, die viele Kurven sorgen für einen gewissen Anreiz. Eine solche Strecke gibt es in der näheren Umgebung kein zweites Mal.

Wenn das Rohrach als Unfallschw­erpunkt bekannt ist: Wieso kontrollie­rt die Polizei dort nicht häufiger?

Wir kontrollie­ren dort schon häufig, auch in Zusammenar­beit mit der Kontrollgr­uppe Motorrad in mehrstündi­gen Schwerpunk­teinsätzen. Die Polizei verfügt aber nur über begrenzte personelle Ressourcen. Daher können Verkehrsko­ntrollen auch immer nur stichpunkt­artig erfolgen. Zudem gibt es viele beliebte Motorradst­recken mit Unfallschw­erpunkten im Allgäu, die ebenfalls von den Kollegen der Kontrollgr­uppe betreut werden müssen. Und das Tagesgesch­äft muss ja parallel auch immer weiterlauf­en. Wir können nicht zu keinem Unfall oder einer handgreifl­ichen Auseinande­rsetzung fahren, nur weil wir gerade woanders eine große Schwerpunk­tkontrolle durchführe­n.

Wie schaut es mit dem Lärmschutz aus? Gerade an einem schönen Wochenende ist die Armada der Motorräder auf der Alpenstraß­e weithin zu hören.

Wenn wir einen Fahrer erwischen, der seinen Auspuff manipulier­t hat, dann ziehen wir ihn auf der Stelle aus dem Verkehr. Aber das geht eben nur mit den schwarzen Schafen. Ist ein lauter Auspuff eingetrage­n oder sogar serienmäßi­g, können wir leider nichts machen.

Es gibt Pläne für ein Fahrverbot für Motorräder an Sonn- und Feiertagen. Ergibt das aus Ihrer Sicht Sinn? Oder verlagert sich das Problem dann nicht einfach auf andere Tage?

Eine solche Regelung ist sicher eine Überlegung wert. Allerdings würde ich sagen, dass sich 90 Prozent aller Motorradfa­hrer an die Vorgaben halten – und dann mitbestraf­t werden würden, nur weil sich eine Minderheit nicht korrekt verhält. Solche Kollektivs­trafen sind meiner Meinung nach nicht richtig. Aber ich muss das zum Glück letztlich nicht entscheide­n.

Sie sind früher selbst Motorrad gefahren. Hat es Sie auch manchmal gejuckt, ordentlich Gas zu geben?

Nein. Ehrlich gesagt war ich ein sehr langsamer Fahrer und habe das Dahincruis­en genossen. Ich hatte aber auch nicht die Maschine, um schnell zu fahren. Das ist bei mir aber auch schon 15 Jahre her.

Aber Sie können dieses Verlangen nachvollzi­ehen?

Ich kann es nachvollzi­ehen. Schnell fahren zu wollen ist ja auch okay – aber nicht zu schnell. Man muss sich an die Verkehrsre­geln halten. Wer seine Grenzen und die seiner Maschine ausloten will, für den gibt es in Deutschlan­d oder im Ausland genug Möglichkei­ten auf speziell abgesperrt­en Rennstreck­en. Dafür ist im öffentlich­en Verkehr kein Platz.

 ??  ?? ANZEIGE
ANZEIGE
 ?? ARCHIVFOTO: DIEMAND ?? Die Polizei kontrollie­rt verstärkt auf beliebten Motorradst­recken wie am Paradies bei Oberstaufe­n. Dabei ist geschultes Personal im Einsatz.
ARCHIVFOTO: DIEMAND Die Polizei kontrollie­rt verstärkt auf beliebten Motorradst­recken wie am Paradies bei Oberstaufe­n. Dabei ist geschultes Personal im Einsatz.
 ?? FOTO: BES ?? Wolfgang Blischke
FOTO: BES Wolfgang Blischke

Newspapers in German

Newspapers from Germany