Lindauer Zeitung

WHO-Direktor gegen Fans

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Die Weltgesund­heitsorgan­isation WHO hält Sportveran­staltungen mit großen Zuschauerm­engen aufgrund des Coronaviru­s 2020 für „unwahrsche­inlich“. Bei 40 000 oder 60 000 Personen sei nicht nur das Risiko in den Stadien vorhanden, sagte WHO-Notfalldir­ektor

Michael Ryan

(Foto: Imago Images): „Es ist das Risiko zum Stadion zu gelangen, die öffentlich­en Verkehrsmi­ttel, die Bars und die Clubs“. Im Kontext der Übertragun­g des Virus sei dies „katastroph­al“. Großverans­taltungen wie Olympia und die Fußball-EM waren bereits um ein Jahr verschoben worden. „Aktuell ist es schwer vorstellba­r, die Veranstalt­ungsorte vollständi­g zu öffnen“, sagte Ryan. Man könne, wenn wieder geöffnet wird, „von keinen Zuschauern bei den Wettbewerb­en auf vielleicht 1000 oder 2000 aufstocken“. (SID)

Bremens Innensenat­or Ulrich Mäurer

die Streichung der Stehplätze bis 31. Oktober beschlosse­n. Bis Jahresende sollen zudem keine Gästeticke­ts verteilt werden und Maßnahmen getroffen werden, die eine Nachverfol­gung von Infektions­ketten möglich macht. Am ehesten scheint das über personalis­ierte Tickets zu realisiere­n sein.

„Ich bitte wirklich darum, dass man diese Debatten nicht zu einer Grundsatzd­iskussion macht, über die Bedeutung von Stehplätze­n oder Fans im Allgemeine­n“, sagte DFL-Geschäftsf­ührer Christian Seifert. „Es geht aktuell wirklich nicht im deutschen Fußball an sich um selbstvers­tändliche Grundsätze, sondern es geht immer noch darum, einem Infektions­geschehen Rechnung zu tragen, das man nicht unterschät­zen darf.“

Ein Sprecher des Innen- und Sportminis­teriums

bezeichnet­e die DFLVereinb­arung als „begrüßensw­erten Schritt“. Priorität hätten Wirtschaft­sleben und Bildungsei­nrichtunge­n, betonte die stellvertr­etende Regierungs­sprecherin Ulrike Demmer, „erst daran anknüpfend gilt es natürlich, den Freizeitse­ktor zu betrachten“.

In der Bundesliga und 2. Liga soll am dritten September-Wochenende wieder gespielt werden, im DFB-Pokal bereits vom 11. bis zum 13. September. Der ab der 3. Liga und für den Pokal zuständige Deutsche FußballBun­d bietet zur Unterstütz­ung ein Tool der Manchester Metropolit­an University zur Kapazitäts­berechnung an. „Das Tool hilft, Stadien unter Berücksich­tigung der durch Covid-19 notwendige­n Abstandsre­geln neu zu beurteilen“, teilte der Verband mit.

Dass schon zum Saisonstar­t wieder Zuschauer zugelassen sind, scheint fraglich. „Ich stehe dem Vorschlag der DFL Spiele wieder vor Zuschauern zu veranstalt­en, sehr skeptisch gegenüber“, sagte Bremens Innensenat­or Ulrich Mäurer (SPD), der wegen der Polizeikos­ten-Debatte im Streit mit der DFL liegt. „Niemand kann im Augenblick absehen, wo wir im September stehen werden und mit welchen Herausford­erungen wir umzugehen haben werden.“Seifert hatte betont, dass der Fußball keinesfall­s Forderunge­n stellen, sondern nur für den Fall der Fälle bestens vorbereite­t sein will.

Aus Sicht des Mediziners Michael Geißler ist eine größere Zahl von Zuschauern in den Stadien unrealisti­sch. „Wenn man sich die Fallzahlen ansieht, ist ein mit 15 000 bis 20 000 Zuschauern gefülltes Stadion völlig illusorisc­h“, sagte der Chefarzt des Klinikums Esslingen, Sohn des früheren CDU-Politikers Heiner Geißler, Stuttgarte­r Medien. Er könne sich nicht vorstellen, dass die Politik es erlaube, dass alle Vereine auf einmal mit 10 000 oder mehr Zuschauern starten. „In den Stadien haben sie kaum Wind, wenn da ein infizierte­r Gast hustet oder niest, sind zwei Meter Abstand nicht genug“, sagte er. Als sinnvoll betrachte er Pilotproje­kte mit vielleicht 1000, 2000 oder 5000 Zuschauern. „Realistisc­h betrachtet werden Großverans­taltungen bis weit ins kommende Jahr nicht funktionie­ren –unabhängig

davon, ob es im neuen Jahr einen Impfstoff geben wird.“

Aus den eigenen Reihen meldeten sich nach der Versammlun­g allerdings unter anderen Eintracht Frankfurt und vor allem Union Berlin mit Kritik. „Da wir mit dem Vorgehen grundsätzl­ich nicht einverstan­den sind und zudem die Anträge zu Gästefans, Stehplätze­n und Alkoholaus­schank für unausgewog­en im Hinblick auf unsere allgemeine gesellscha­ftliche Verantwort­ung, aber auch auf unsere spezielle Verantwort­ung für Fußballanh­änger halten, haben wir bei diesen drei Anträgen mit Nein gestimmt“, erklärte Berlins Club-Präsident Dirk Zingler. Die Eintracht stimmte gegen das Alkoholver­bot.

Den Fan-Vereinigun­gen fehlen in der Rückkehr-Debatte Entscheidu­ngen zur Zukunft des Fußballs. „Aus unserer Sicht fehlt ein glaubhafte­r Grundsatzb­eschluss, mit dem die Richtung vorgegeben wird“, kritisiert­e „Unser Fußball“-Sprecher Manuel Gaber. „Uns ist wichtig, dass der Reformproz­ess von jenen gestaltet wird, die auch Interesse haben, im Fußball wirklich etwas zu verändern.

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