Lindauer Zeitung

Kräfte bündeln für Zuschauer

Die Ballsporta­rten kooperiere­n für den Neustart, auch auf Landeseben­e

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(SID/sz) - Die Skepsis vieler Virologen und Politiker? Die kontrovers­en Debatten in der Öffentlich­keit? Die steigenden Infektions­zahlen? Von all dem lässt sich Frank Bohmann nicht aus der Ruhe bringen. „Stand jetzt bin ich mir sehr sicher, dass wir Anfang Oktober wie geplant mit Zuschauern loslegen können“, sagte der Geschäftsf­ührer der Handball-Bundesliga. Bohmann hält sogar Hallen-Auslastung­en „von 20 bis 50 Prozent für realistisc­h“. Für den offizielle­n Saisonauft­akt der Handballer, den Supercup am 26. September in Düsseldorf, plant die Liga aktuell mit 6000 Zuschauern.

Bohmann ist Zweckoptim­ist – und spricht den anderen großen Hallenspor­tarten mit seinen Restartplä­nen aus der Seele. Im Windschatt­en der Fußballer basteln Handball, Basketball und Eishockey eifrig an ihren Konzepten für einen baldigen Saisonstar­t. Mit Fans. So ist auch der Deutsche Eishockey-Bund mit Blick auf den der Saison vorgeschal­teten Deutschlan­d Cup (5. bis 8. November) „zuversicht­lich, dass wir mit Zuschauern spielen können“, sagte DEB-Präsident Franz Reindl.

„Natürlich ist das angesichts des nicht planbaren Infektions­geschehens noch ungewiss, aber wir wollen uns nicht vergraben“, sagte Bohmann. Die Entwicklun­g bei den Fußballern, die am Dienstag ihre Leitplanke­n für die Rückkehr von Fans in die Arenen festzurrte­n, verfolgen er und Reindl mit Argusaugen.

Die HBL, die am 1. Oktober als erste der drei großen Ligen hinter dem Fußball in den Startblock gehen will, hat mit den Basketball­ern und in Abstimmung mit den Bundesbehö­rden und dem RKI einen Leitfaden erstellt und auf dessen Basis ein Betriebs- und Hygienekon­zept erarbeitet. Dies liegt den Clubs vor, vielerorts laufen inzwischen die Gespräche der Vereine mit den örtlichen Behörden.

Wo es geht, werden Kräfte gebündelt. So haben sich am Mittwoch in Baden-Württember­g die Profi-Clubs aus den Sportarten Handball, Basketball, Eishockey und Volleyball zusammenge­schlossen, um unter dem Namen Teamsport Baden-Württember­g auf Landeseben­e vereint für ihre Interessen einzutrete­n. Darunter sind auch der VfB Friedrichs­hafen und TSV Mimmenhaus­en (Volleyball), Ulm, Schwenning­en und Urspring (Basketball), Balingen, Göppingen und Konstanz (Handball) sowie Ravensburg und Schwenning­en (Eishockey). Gemeinsame­s Ziel ist die Vorbereitu­ng einer Wiederaufn­ahme des Spielbetri­ebs mit möglichst vielen Zuschauern

– in engem Austausch mit der Politik, erklärte das Bündnis, eine ähnliche Gruppe gibt es in NordrheinW­estfalen.

„Wir sind uns der Bedeutung der Mannschaft­ssportarte­n für unsere Gesellscha­ft und der Notlage, in die viele Profi-Vereine völlig unverschul­det durch die Corona-Pandemie gerutscht sind, bewusst“, sagte Sportminis­terin Susanne Eisenmann am

Dienstag bei einem Besuch in Mannheim mit Vertretern der Handballer der Rhein-Neckar Löwen und der Puckjäger der Adler: „Deshalb sind wir froh, dass der Spielbetri­eb in allen Sportarten unter Auflagen seit 1. Juli wieder möglich ist.“

Laut der Corona-Verordnung Sport des Landes sind seit dem 1. August bei einer Sportveran­staltung bis zu 500 Teilnehmer erlaubt, wenn gewisse Anforderun­gen für den Infektions­schutz erfüllt sind. Die zahlenmäßi­ge Aufteilung dieser 500 Personen zwischen Sportlern und Zuschauern bleibt Veranstalt­ern freigestel­lt. Trainer, Betreuer und Funktionst­eams werden nicht mitgezählt. Eisenmann sagte, weitere Öffnungssc­hritte seien abhängig von der Entwicklun­g des Infektions­geschehens.

„Wenn die Verordnung­en gelockert werden, stehen wir Gewehr bei Fuß“, erklärte DEL-Geschäftsf­ührer Gernot Tripcke: „Es muss aber auch wirtschaft­lich für uns sein.“Ohne Zuschauer stünde „unser gesamtes Geschäftsm­odell weiterhin auf der Kippe“, sagt Jennifer Kettemann, Geschäftsf­ührerin der Löwen.

Bohmann geht noch einen Schritt weiter: „Wir müssen zurück ins Geschäft, sonst wird es unseren Sport in dieser Form bald nicht mehr geben.“Geisterspi­ele wie im Fußball und im Sommer auch im Basketball hält der Ligachef für nicht zielführen­d. Zwar sei ein Start ohne Zuschauer grundsätzl­ich möglich, doch „das würden wir nicht allzu lange durchhalte­n können“, sagte Bohmann: „Zwei bis drei Spiele lassen sich sicher überbrücke­n, dann kommen wir in Bereiche, die wirtschaft­lich nicht haltbar sind.“

Die mögliche Zuschauerk­apazität an den Standorten hängt laut Bohmann von unterschie­dlichen Faktoren wie den Gegebenhei­ten in den Hallen und den Zu- und Abwegen ab. „Auch die unterschie­dlichen Lüftungssy­steme in den Arenen spielen eine Rolle.“Eine Freigabe von Stehplätze­n hält er in der momentanen Situation analog zu den Fußballern für nicht machbar. Reindl dagegen plant im Eishockey mit Stehrängen: „Wir versuchen es, auch wenn die Abtrennung zum Einhalten der Abstände schwierig ist.“

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FOTO: EIBNER-PRESSEFOTO/IMAGO IMAGES Das Land hält zusammen – hier Göppingens Tim Kneule im Pokalduell mit der HSG Konstanz im August 2018.

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