„Schlag ins Gesicht der Meinungsfreiheit“
Nach seiner Entlassung in Bonn wegen des Verstoßes gegen die Corona-Auflagen setzen sich Basketballer Joshiko Saibou und Freundin Alexandra Wester zur Wehr
(dpa) - Der Fall des fristlos gekündigten Basketball-Nationalspielers Joshiko Saibou sorgt für Debatten und wird für die Telekom Baskets Bonn wohl ein juristisches Nachspiel haben. An der Haltbarkeit der fristlosen Kündigung durch den Bundesligisten äußert ein Arbeitsrechtler Zweifel, der Deutsche Basketball Bund will die Angelegenheit mit dem Nationalspieler aufarbeiten – ein Auswahl-Aus ist nicht unmöglich.
„Eine Nominierung von Joshiko Saibou ist Sache des Bundestrainers. Es wird definitiv ein klärendes Gespräch geben müssen“, sagte DBBPräsident Ingo Weiss. Bereits vor Wochen habe es ein Gespräch gegeben, als die Ansichten von Saibou erstmals hochkamen. „Ich habe ihm gesagt, ich akzeptiere deine Meinung, teile sie aber nicht“, sagte Weiss.
Saibou hatte bereits am Dienstag auf Instagram geschrieben: „Wenn ich eine polarisierende Meinung habe, ist Gegenwind verständlicherweise vorprogrammiert. Daraufhin jedoch meinen Job zu verlieren, ist totalitär und ein Schlag ins Gesicht der Meinungsfreiheit.“Der Bonner Präsident Wolfgang Wiedlich erklärte, der Club lege Wert auf die Feststellung, „dass es bei uns keinen Maulkorb gibt. Im vorliegenden Fall geht es um die Einhaltung von Regeln zum Schutz aller.“Arbeitsrechtler Oliver Simon dagegen meinte: „Aufgrund der aus Presseveröffentlichungen bekannten Umstände kommen aus arbeitsrechtlicher Sicht Zweifel an der Haltbarkeit der fristlosen Kündigung auf.“
Wegen „Verstößen gegen Vorgaben des laufenden Arbeitsvertrags als Profisportler“war dem 30-Jährigen von seinem Club fristlos gekündigt worden. Saibou habe „wiederholt auf Social-Media-Kanälen seine Haltung zur Pandemie oder zum Virus an sich geäußert und am Wochenende bei einer Großdemonstration auch praktiziert, indem er vorsätzlich gegen die bekannten Schutzregeln verstieß“, hieß es in der Bonner Mitteilung. Von Saibou und dessen Freundin, Weitspringerin Alexandra Wester, standen in den sozialen Netzwerken Fotos von ihrer Teilnahme an der Demonstration gegen die staatlichen Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie am Wochenende in Berlin. Beide waren auch ohne Mund-NasenSchutz und ohne Abstand zu anderen Menschen zu sehen.
„Ein Verein sollte einen Athleten in seiner Diversity, seiner Entwicklung und auch seiner polarisierenden Meinung unterstützen oder zumindest sie akzeptieren“, sagte Wester auf Instagram und betonte: „Ihn aber so abzufertigen, ist ein Schlag ins Gesicht, und es ist unfair. Ich hätte nicht gedacht, dass das im Jahr 2020 noch passieren kann.“Die Olympia-Teilnehmerin von 2016 sagte: „Sie versuchen sich an irgendeiner Art Körperverletzung aufzuhängen, weil er auf einem Foto keine Maske getragen hat.“
Sie hätten „sehr bewusst darauf geachtet, niemanden bei der Demo in Gefahr zu bringen und erst recht nicht seine Teamkollegen, weil die Telekom Baskets im Moment gar nicht im Team spielen oder trainieren. Das hat absolut keine Grundlage und ist wirklich heuchlerisch“, sagte Wester.
Die Weitspringerin und der Basketballer waren zuletzt schon durch strittige Meinungsäußerungen zur Corona-Pandemie aufgefallen. So hatte Wester in einem Video beklagt, durch die Corona-Maßnahmen ihrer Freiheit beraubt zu werden. Zudem sprach sie in dem Beitrag von einem Impfzwang für die Bevölkerung oder von Ärzten und Anwälten, die die Menschenrechte verteidigen und dafür in Gefängnispsychiatrien eingesperrt würden. Saibou hatte unter dem Titel #AppellandenVerstand ein Video auf Instagram gestellt, in dem er seine Follower mit Bezug auf die Corona-Beschränkungen provoziert.
„Dass sich ein Athlet zu Verschwörungstheorien äußert oder in sozialen Netzwerken entsprechende Inhalte ohne Bezug zu seinem Arbeitgeber teilt, dürfte in der Regel kein geeigneter Grund für eine fristlose Kündigung sein. Auch insoweit ist das grundrechtlich geschützte Recht auf freie Meinungsäußerung zu beachten“, formulierte es Jurist Simon und verwies darauf, dass die rechtlichen Anforderungen an eine fristlose Kündigung hoch seien. Die Teilnahme an einer Demonstration gegen die Corona-Maßnahmen habe zunächst einmal nichts mit seiner Tätigkeit als Profisportler zu tun.
Wester kritisierte, dass „Vereine ihre Sportler einfach immer noch so wie Puppen behandeln können“. Ihren Beitrag beendete sie mit: „Ihr solltet verstehen, dass wir Athleten nicht die Sklaven der Neuzeit sind, aber ihr macht uns gerade dazu.“