Das Allgäu will Wasserstoff produzieren
Zweckverband und Unternehmen möchten Modellregion aufbauen – Die Herausforderung: Abnehmer finden
- Schon viel ist im Allgäu über Wasserstoff als Energieträger der Zukunft diskutiert worden. Nun hat man sich in einer Sitzung des Zweckverbands Abfallwirtschaft Kempten (ZAK) für einen konkreten Schritt entschieden: Mit dem Allgäuer Überlandwerk (AÜW) und den Allgäuer Kraftwerken Sonthofen (AKW) will der Verband eine H2-Modellregion Allgäu aufbauen. Schwerpunkt ist der öffentliche Personennahverkehr, dessen Betreiber zu den Hauptabnehmern werden sollen.
Grundlage ist eine im Dezember in Auftrag gegebene Machbarkeitsstudie. Deren Ergebnisse liegen nun vor. Demnach könnte eine Wasserstoff-Produktionsanlage am Standort des Müll- und Holzheizkraftwerks des ZAK in Kempten gebaut werden – inklusive Tankstellen für Busse, Lastwagen und H2-Tanklaster. Ein Vorteil des Müllheizkraftwerks ist die mit maximal vier Cent pro Kilowattstunde günstige Stromerzeugung. Dieser Strom wird wiederum für die Herstellung von Wasserstoff mittels Elektrolyse benötigt. „Wenn wir jetzt starten würden, könnten wir die Anlage 2023 in Betrieb nehmen“, sagte ZAK-Geschäftsführer Karl Heinz Lumer.
In der Studie werden die Investitionskosten auf 11,5 Millionen Euro geschätzt. Wirtschaftlich betrieben werden könne die Anlage aber nur, wenn 91 Prozent der Kosten über Fördermittel gestemmt werden, sagte Lumer. „Der Staat muss hier ordentlich Fördergeld geben, damit so etwas umgesetzt werden kann.“
Eine der Hauptaufgaben des Zusammenschlusses von ZAK, AÜW und AKW werde es deshalb sein, aus einer Vielzahl von Förderprogrammen die richtigen auszusuchen. Die andere Herausforderung sei der Aufbau einer Absatzstruktur. „Aktuell haben wir im Allgäu keine Verbraucher“, sagte der Geschäftsführer. Auf größere Logistik-Unternehmen könne man nicht setzen – zumindest noch nicht. Denn die warteten auf H2Lkw namhafter Hersteller, die frühestens 2025 auf dem Markt seien. Und auch die Wasserstoff-Zukunft der Bahn sieht düster aus. Die Neuvergabe des Regionalverkehrs an die Deutsche Bahn sei abgeschlossen und diese setze weiter auf Dieselantriebe, sagte Lumer.
Anders sieht das beim Busverkehr aus: „Man könnte mit der Modernisierung einer Busflotte schon was machen“, sagte Lumer. Denn laut einer EU-Richtlinie müsse es bis 2025 ohnehin 45 Prozent alternative Antriebe im öffentlichen Personen-nahverkehr geben. Und die geplante Produktionsanlage in Kempten könnte bei einer jährlichen Fahrleistung von 30 000 Kilometern pro Bus etwa 44 Fahrzeuge versorgen.
Einzige Schwierigkeit seien die an verschiedene Busunternehmen vergebenen Konzessionen. „Da können die Landkreise nur bei einer Neuvergabe Vorgaben machen“, sagte Lumer. Im Oberallgäu steht eine solche 2026 an, in Lindau 2023. Ansonsten müsse man das in direkter Absprache mit dem jeweiligen Unternehmen lösen. 16 Konzessionspartner sind es im Oberallgäu, drei im Ostallgäu. Nur Kempten verfügt mit der KVB über einen eigenen Verkehrsbetrieb.
Indra Baier-Müller (Freie Wähler), Oberallgäuer Landrätin und Mitglied der Verbandsversammlung, fragte nach den Kosten für die Kommunen. Ein H2-Bus koste aktuell etwa 250 000 Euro mehr als die Diesel-Variante, sagte der Vorsitzende Gebhard Kaiser (CSU). 80 Prozent dieser Mehrkosten könnten gefördert werden, sodass 50 000 Euro pro Bus als Eigenanteil bei der jeweiligen Kommune blieben.