Mehrheit sorgt sich um Corona-Disziplin
84 Prozent der Deutschen haben kein Verständnis für Leichtsinn von Corona-Skeptikern
- Sie tragen keine Masken, ignorieren Abstandsgebote und sie tun das zum Teil laut und voller Überzeugung. Eine aktuelle Erhebung zeigt indes, dass Verweigerer der Corona-Schutzmaßnahmen in der deutschen Gesellschaft eine Minderheit sind. Die große Mehrheit blickt mit Sorge auf sie.
Eine deutliche Mehrheit der Bürger über 18 Jahren ist der Meinung, dass manche Menschen in Deutschland verantwortungslos mit dem Corona-Risiko umgehen und damit andere gefährden. Das ist das Ergebnis einer exklusiven Umfrage von „Schwäbischer Zeitung“und „schwäbische.de“und dem Online-Meinungsforschungsinstitut Civey.
„Sind Sie aktuell besorgt, dass einige Menschen durch die Missachtung der Corona-Maßnahmen die Gesundheit der Allgemeinheit gefährden?“Auf diese Frage antworteten 84,1 Prozent der Teilnehmer deutschlandweit mit „Ja“oder „Eher ja“. Knapp 14 Prozent machten sich keine Sorgen, unentschieden in der Frage äußerten sich 2,3 Prozent.
Die Bürger im Süden spiegeln mit ihren Antworten fast den Bundesschnitt: In Baden-Württemberg liegt die Quote mit 85,6 Prozent leicht über dem Durchschnitt. In Bayern ist die Sorge unter den Umfrageteilnehmern leicht geringer und liegt dort bei 83,2 Prozent.
Für Südwest-Gesundheitsminister Manfred Lucha (Grüne) sind die Ergebnisse keine Überraschung, wie er sagt. „Dies bestätigt meinen Eindruck, dass die überwiegende Mehrheit der Bevölkerung bereit ist, die Maßnahmen zum Schutz ihrer und der Gesundheit anderer zu akzeptieren.“Das helfe dabei, eine mögliche zweite Infektionswelle flach zu halten. „Denn das schaffen wir nur, wenn alle sich anstrengen und die wichtigsten Regeln beachten: Abstand, Hygiene, Alltagsmaske“, so Lucha. Die Menschen gingen sehr verantwortlich mit den vorgegebenen Maßnahmen zum Schutz vor Infektionen um, schildert er seinen Eindruck. „Jeder und jede hat es in der Hand, dass wir gut durch den Herbst und Winter kommen. Da dürfen wir uns nicht beirren lassen von jenen, die gegen die Maßnahmen protestieren. Bei der Bewältigung einer globalen Pandemie halte ich es für zumutbar, beim Einkaufen eine Maske aufzusetzen und mit Abstand meinen Alltag zu gestalten.“
Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat einen Verstoß gegen die Corona-Hygieneregeln im Urlaub in Südtirol eingeräumt und bedauert. „Fünf Sekunden Unaufmerksamkeit, die ich mir selbst vorwerfe und die nicht hätte passieren dürfen“, sagte er der „Süddeutschen Zeitung“. „Das tut mir leid.“Zuvor hatte die „Neue Südtiroler Tageszeitung“ein Foto veröffentlicht, das den Bundespräsidenten zusammen mit dem Südtiroler Landeshauptmann Arno Kompatscher und vier Musikantinnen zeigt – ohne MundNase-Schutz und ohne Mindestabstand. „In meinem Urlaub bin ich beim Verlassen einer Bergalm dem spontanen Wunsch nach einem gemeinsamen Foto an der frischen
Am vergangenen Wochenende hatten Zehntausende in Berlin gegen die Corona-Beschränkungen demonstriert – zum Großteil ohne Mundschutz und Abstand. Dafür hatte es viel Kritik gegeben. Nach der Demonstration in Berlin hatte unter anderem Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier das Verhalten der CoronaVerweigerer scharf kritisiert. „Die Verantwortungslosigkeit einiger weniger ist ein Risiko für uns alle“, hatte er in einer Videobotschaft gesagt. „Wenn wir jetzt nicht besonders vorsichtig sind, dann gefährden wir die Gesundheit vieler. Und wir gefährden darüber hinaus die Erholung unserer Gesellschaft, unserer Wirtschaft, unseres Kulturlebens.“
Die Vize-Regierungssprecherin Ulrike Demmer hatte das Verhalten
Luft nachgekommen“, sagte Steinmeier dazu. Dabei sei die Abstandsregel nicht eingehalten worden.
Der Bundespräsident und seine Frau Elke Büdenbender waren an dem Tag vor zweieinhalb Wochen auf den Tschafon in den Dolomiten gewandert. Auf dem Rückweg trafen sie sich mit dem Südtiroler Landeshauptmann und dessen Frau zum Abendbrot auf einer Berghütte. Auf der Terrasse, wo das Abendessen stattfand, gab es keine Maskenpflicht. Als Steinmeier wegen heraufziehenden schlechten Wetters zurück ins Tal wollte, wurde er demnach gebeten, noch schnell ein Foto zusammen mit den Musikantinnen zu machen. (dpa) als „inakzeptabel“bezeichnet. Es sei nicht hinnehmbar, „dass Demonstrierende sich ihrer Verantwortung gegenüber anderen, möglicherweise Schwächeren in der Gesellschaft, nicht bewusst sind oder diese bewusst ignorieren und deren Gesundheit und Leben riskieren“.
Laut der Umfrage machen sich besonders Ältere viele Gedanken über den Gesundheitsschutz: Bei den Deutschen über 65 Jahren liegt der Anteil derer, die angesichts des Verhaltens der Corona-Verweigerer besorgt sind, bei knapp 92 Prozent – so hoch wie in keiner anderen Altersgruppe.
Die größten Unterschiede lassen sich erkennen, wenn man die Befragten nach ihrer Wahlabsicht auf Bundesebene unterscheidet: Anhänger von CDU/CSU, SPD und Grünen etwa sind mit deutlicher Mehrheit der Ansicht, dass Corona-Verweigerer durch ihr Verhalten die Gesundheit aller anderen gefährden.
Ganz anders sehen das etwa die Anhänger der AfD: Dort sind es mit knapp 33 Prozent nur ein Drittel. Dafür halten es knapp zwei Drittel der AfDWähler nicht für besorgniserregend. Zum Vergleich: Der Durchschnitt derer, die auf die Frage der Erhebung mit „Nein“oder „Eher nein“geantwortet haben, liegt bei 13,6 Prozent.
An der Online-Befragung nahmen vom 3. bis zum 6. August insgesamt 8572 Bürger teil. Die Stichprobe für das Gesamtergebnis lag dabei bei 5035 Befragten, der statistische Fehler bei 2,5 Prozent. Für das Ergebnis aus Baden-Württemberg ergibt sich eine Stichprobe von 650 Befragten und ein statistischer Fehler von 3,1 Prozent, in Bayern waren es 832 Befragte bei einem statistischen Fehler von 3,4 Prozent.