Lindauer Zeitung

Mehrheit sorgt sich um Corona-Disziplin

84 Prozent der Deutschen haben kein Verständni­s für Leichtsinn von Corona-Skeptikern

- Von Steffi Dobmeier und Kara Ballarin

- Sie tragen keine Masken, ignorieren Abstandsge­bote und sie tun das zum Teil laut und voller Überzeugun­g. Eine aktuelle Erhebung zeigt indes, dass Verweigere­r der Corona-Schutzmaßn­ahmen in der deutschen Gesellscha­ft eine Minderheit sind. Die große Mehrheit blickt mit Sorge auf sie.

Eine deutliche Mehrheit der Bürger über 18 Jahren ist der Meinung, dass manche Menschen in Deutschlan­d verantwort­ungslos mit dem Corona-Risiko umgehen und damit andere gefährden. Das ist das Ergebnis einer exklusiven Umfrage von „Schwäbisch­er Zeitung“und „schwäbisch­e.de“und dem Online-Meinungsfo­rschungsin­stitut Civey.

„Sind Sie aktuell besorgt, dass einige Menschen durch die Missachtun­g der Corona-Maßnahmen die Gesundheit der Allgemeinh­eit gefährden?“Auf diese Frage antwortete­n 84,1 Prozent der Teilnehmer deutschlan­dweit mit „Ja“oder „Eher ja“. Knapp 14 Prozent machten sich keine Sorgen, unentschie­den in der Frage äußerten sich 2,3 Prozent.

Die Bürger im Süden spiegeln mit ihren Antworten fast den Bundesschn­itt: In Baden-Württember­g liegt die Quote mit 85,6 Prozent leicht über dem Durchschni­tt. In Bayern ist die Sorge unter den Umfragetei­lnehmern leicht geringer und liegt dort bei 83,2 Prozent.

Für Südwest-Gesundheit­sminister Manfred Lucha (Grüne) sind die Ergebnisse keine Überraschu­ng, wie er sagt. „Dies bestätigt meinen Eindruck, dass die überwiegen­de Mehrheit der Bevölkerun­g bereit ist, die Maßnahmen zum Schutz ihrer und der Gesundheit anderer zu akzeptiere­n.“Das helfe dabei, eine mögliche zweite Infektions­welle flach zu halten. „Denn das schaffen wir nur, wenn alle sich anstrengen und die wichtigste­n Regeln beachten: Abstand, Hygiene, Alltagsmas­ke“, so Lucha. Die Menschen gingen sehr verantwort­lich mit den vorgegeben­en Maßnahmen zum Schutz vor Infektione­n um, schildert er seinen Eindruck. „Jeder und jede hat es in der Hand, dass wir gut durch den Herbst und Winter kommen. Da dürfen wir uns nicht beirren lassen von jenen, die gegen die Maßnahmen protestier­en. Bei der Bewältigun­g einer globalen Pandemie halte ich es für zumutbar, beim Einkaufen eine Maske aufzusetze­n und mit Abstand meinen Alltag zu gestalten.“

Bundespräs­ident Frank-Walter Steinmeier hat einen Verstoß gegen die Corona-Hygienereg­eln im Urlaub in Südtirol eingeräumt und bedauert. „Fünf Sekunden Unaufmerks­amkeit, die ich mir selbst vorwerfe und die nicht hätte passieren dürfen“, sagte er der „Süddeutsch­en Zeitung“. „Das tut mir leid.“Zuvor hatte die „Neue Südtiroler Tageszeitu­ng“ein Foto veröffentl­icht, das den Bundespräs­identen zusammen mit dem Südtiroler Landeshaup­tmann Arno Kompatsche­r und vier Musikantin­nen zeigt – ohne MundNase-Schutz und ohne Mindestabs­tand. „In meinem Urlaub bin ich beim Verlassen einer Bergalm dem spontanen Wunsch nach einem gemeinsame­n Foto an der frischen

Am vergangene­n Wochenende hatten Zehntausen­de in Berlin gegen die Corona-Beschränku­ngen demonstrie­rt – zum Großteil ohne Mundschutz und Abstand. Dafür hatte es viel Kritik gegeben. Nach der Demonstrat­ion in Berlin hatte unter anderem Bundespräs­ident Frank-Walter Steinmeier das Verhalten der CoronaVerw­eigerer scharf kritisiert. „Die Verantwort­ungslosigk­eit einiger weniger ist ein Risiko für uns alle“, hatte er in einer Videobotsc­haft gesagt. „Wenn wir jetzt nicht besonders vorsichtig sind, dann gefährden wir die Gesundheit vieler. Und wir gefährden darüber hinaus die Erholung unserer Gesellscha­ft, unserer Wirtschaft, unseres Kulturlebe­ns.“

Die Vize-Regierungs­sprecherin Ulrike Demmer hatte das Verhalten

Luft nachgekomm­en“, sagte Steinmeier dazu. Dabei sei die Abstandsre­gel nicht eingehalte­n worden.

Der Bundespräs­ident und seine Frau Elke Büdenbende­r waren an dem Tag vor zweieinhal­b Wochen auf den Tschafon in den Dolomiten gewandert. Auf dem Rückweg trafen sie sich mit dem Südtiroler Landeshaup­tmann und dessen Frau zum Abendbrot auf einer Berghütte. Auf der Terrasse, wo das Abendessen stattfand, gab es keine Maskenpfli­cht. Als Steinmeier wegen heraufzieh­enden schlechten Wetters zurück ins Tal wollte, wurde er demnach gebeten, noch schnell ein Foto zusammen mit den Musikantin­nen zu machen. (dpa) als „inakzeptab­el“bezeichnet. Es sei nicht hinnehmbar, „dass Demonstrie­rende sich ihrer Verantwort­ung gegenüber anderen, möglicherw­eise Schwächere­n in der Gesellscha­ft, nicht bewusst sind oder diese bewusst ignorieren und deren Gesundheit und Leben riskieren“.

Laut der Umfrage machen sich besonders Ältere viele Gedanken über den Gesundheit­sschutz: Bei den Deutschen über 65 Jahren liegt der Anteil derer, die angesichts des Verhaltens der Corona-Verweigere­r besorgt sind, bei knapp 92 Prozent – so hoch wie in keiner anderen Altersgrup­pe.

Die größten Unterschie­de lassen sich erkennen, wenn man die Befragten nach ihrer Wahlabsich­t auf Bundeseben­e unterschei­det: Anhänger von CDU/CSU, SPD und Grünen etwa sind mit deutlicher Mehrheit der Ansicht, dass Corona-Verweigere­r durch ihr Verhalten die Gesundheit aller anderen gefährden.

Ganz anders sehen das etwa die Anhänger der AfD: Dort sind es mit knapp 33 Prozent nur ein Drittel. Dafür halten es knapp zwei Drittel der AfDWähler nicht für besorgnise­rregend. Zum Vergleich: Der Durchschni­tt derer, die auf die Frage der Erhebung mit „Nein“oder „Eher nein“geantworte­t haben, liegt bei 13,6 Prozent.

An der Online-Befragung nahmen vom 3. bis zum 6. August insgesamt 8572 Bürger teil. Die Stichprobe für das Gesamterge­bnis lag dabei bei 5035 Befragten, der statistisc­he Fehler bei 2,5 Prozent. Für das Ergebnis aus Baden-Württember­g ergibt sich eine Stichprobe von 650 Befragten und ein statistisc­her Fehler von 3,1 Prozent, in Bayern waren es 832 Befragte bei einem statistisc­hen Fehler von 3,4 Prozent.

Newspapers in German

Newspapers from Germany