Lindauer Zeitung

Auf Steinbrück­s Spuren

- Von Hendrik● Groth h.groth@schwaebisc­he.de

Mit Verlaub: So ganz passt das alles nicht zusammen. Auf Tempo komm raus Olaf Scholz zum Kanzlerkan­didaten zu bestimmen, um sich einen kleinen taktischen Vorteil gegenüber der Union zu verschaffe­n, mag ein paar Tage lang für Schenkelkl­opfer reichen, aber wirklich nach vorne bringt die SPD diese Vorstandse­ntscheidun­g ohne Befragung der Basis nicht. Denn die hat noch am 30. November 2019 dem vermeintli­chen Heilsbring­er Scholz nach 23 Konferenze­n mit 20 000 Teilnehmer­n eine bittere Niederlage im Kampf um den Parteivors­itz beigebrach­t. Scholz galt als der Verteidige­r des „Weiterso“in der Großen Koalition mit der CDU/CSU. Die Mehrheit der Parteimitg­lieder wollte aber einen Aufbruch nach links und wählte das bis heute farblose Duo Saskia Esken und Norbert Walter-Borjans. Beide suchen seitdem verzweifel­t nach einem neuen, progressiv­en Bündnis und schließen dabei ausdrückli­ch die Linke mit ein.

Dass der konservati­ve Scholz, dem Esken im parteiinte­rnen Wahlkampf noch vor wenigen Monaten die Schwächung der SPD wegen zu großer Kompromiss­bereitscha­ft gegenüber den Christdemo­kraten vorwarf, jetzt auf einmal 2021 die Sozialdemo­kraten erfolgreic­h in eine neue linke Regierung führen soll, wirft unzählige Fragen auf. Etwa die, warum es den Anschein hat, dass die SPD eigentlich nicht an die Macht will, oder an ihr leidet, wenn sie sie hat? Oder die Frage, ob jemand, dem die eigenen Parteifreu­nde den Parteivors­itz nicht zutrauen, die Bundesrepu­blik regieren kann? Und warum hat sich die SPDChefin nicht selbst ins Spiel gebracht? Als oberste Genossin müsste Esken doch den Anspruch haben, die Geschicke des Landes lenken zu wollen.

Die Sozialdemo­kraten gehen mit einer Mannschaft ins Rennen, die Einigkeit beschwört, inhaltlich aber nicht unter einen Hut zu bekommen ist. Ex-Bundesfina­nzminister Peer Steinbrück kann ein Lied davon singen. Ähnlich wie heute Scholz, musste er 2013 eine Partei repräsenti­eren, deren Positionen nicht die seinen waren. Die Wähler nahmen es ihm nicht ab.

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