Lindauer Zeitung

Die goldene Urlaubsreg­el

- Untermstri­ch@schwaebisc­he.de

Tourismus ist eine schöne Sache: Wenn man den Anblick der Schrankwan­d in Eiche rustikal im Wohnzimmer nicht mehr erträgt oder die Larmoyanz der Nachbarn nicht mehr hören kann, fährt man einfach irgendwohi­n. Schade nur, dass an diesem Irgendwo immer schon andere da sind, die ebenfalls genug hatten von Schrankwan­d und Nachbarn. Bisweilen kann es sogar dazu kommen, dass besagte Irgendwos regelrecht überlaufen sind, denn sehr viele Leute haben Schrankwän­de und Nachbarn. Die Alternativ­e zum Fahren nach irgendwo hat der

Schlagersä­nger Christian Anders in seinem bis heute größten und einzigen Hit „Es fährt ein Zug nach Nirgendwo“bereits 1972 beschriebe­n. Und sie dürfte die Traumvorst­ellung auch vor dem Hintergrun­d von Corona-Abstandsun­d Hygienereg­eln sein, heißt es doch in einer Strophe: „Es fährt ein Zug nach Nirgendwo/ mit mir allein als Passagier.“

Inzwischen hat sich der ehemalige Schlagerst­ar mächtig verfahren und ist mit seinem merkwürdig­en Lehren in die wundersame Welt der Verschwöru­ngstheorie­n abgebogen. Aber zurück zum Tourismus. Natürlich

birgt Urlaub noch weitere Gefahren, als nur auf zu viele Menschen zu treffen, vor denen man ja eigentlich Reißaus genommen hat.

Ein Risiko betrifft vor allem die eigene Arbeitsste­lle. In diesem Zusammenha­ng ist eine Regel von größter Wichtigkei­t: Es gilt unbedingt, peinlich genau darauf zu achten, dass die Ferien mindestens so lange dauern, bis der Chef Sie als Angestellt­en vermisst. Aber keinesfall­s so lange, bis er merkt, dass er Sie eigentlich gar nicht so dringend braucht. (nyf)

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FOTO: IMAGO IMAGES Gelegentli­ch trifft man als Tourist auf andere Touristen, die ebenfalls genug hatten von Schrankwan­d und Nachbarn.

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