Lindauer Zeitung

Söder kritisiert Unvernunft und Leichtsinn

Bayerns Ministerpr­äsident sieht weitere Lockerunge­n skeptisch – Tests sollen ausgeweite­t werden

- Von Ralf Müller

- Bayerns Ministerpr­äsident Markus Söder (CSU) befürchtet eine Verschärfu­ng der Corona-Situation in Deutschlan­d und im Freistaat. „Corona wird jeden Tag gefährlich­er“, sagte Söder nach einer Ministerra­tssitzung am Montag in Nürnberg. Das Virus sei in ganz Europa auf dem Vormarsch. Unvernunft und Leichtsinn sorgten dafür, dass Corona virulent bleibe und wieder an Stärke zunehme. Gegen einen möglichen neuerliche­n flächendec­kenden Lockdown will sich Bayern vor allem mit einer massiven Ausweitung der Testungen stemmen.

Im Juni hatte es im Freistaat 124 Testzentre­n in Landkreise­n und kreisfreie­n Städten gegeben. Diese wurden in den Folgewoche­n geschlosse­n und testwillig­e Bürger auf die niedergela­ssenen Ärzte verwiesen. Jetzt sollen im Freistaat wieder 100 dezentrale Testzentre­n entstehen, in denen sich jedermann auch ohne Symptome auf eine Infektion testen lassen kann.

Reagieren will die Landesregi­erung auf Beschwerde­n, wonach Bürger wochenlang auf das Ergebnis von Corona-Tests warten mussten. Auch bei positiven Tests sei man tagelang nicht informiert worden, berichtete­n Bürger. Dies solle jetzt verbessert werden, versichert­e Gesundheit­sministeri­n Melanie Huml (CSU).

Im Laufe dieser Woche würden die zur Überbrücku­ng von freiwillig­en Helfern betriebene­n Testzentre­n an drei Autobahn-Rastanlage­n, den Flughäfen München, Nürnberg und Memmingen sowie an den Hauptbahnh­öfen München und Nürnberg profession­alisiert, kündigte Huml an. Damit verbunden sei auch eine Digitalisi­erung, um den Zeitraum zwischen Abstrich und Bekanntgab­e des Ergebnisse­s erheblich zu verkürzen.

Söder betonte, dass Bayern mit seinem Angebot auf kostenlose Tests für Reisende, die auch außerhalb von Risikogebi­eten zurückkehr­ten, einen „Dienst für Deutschlan­d“leiste. 60 Prozent der getesteten Personen hätten ihren Wohnsitz nicht in Bayern. Söder bezifferte die Zahl der bis zum Montag an diesen Reiserückk­ehrStation­en Getesteten auf etwa 60 000.

Nervös macht Söder die für den Herbst zu erwartende Kombinatio­n von eingeschle­ppten Infektione­n von heimgekehr­ten Urlaubern mit der üblichen Grippewell­e. Dies sei gefährlich­er als lokale Hotspots, die man, wie das Beispiel der landwirtsc­haftlichen Betriebe im Landkreis Dingolfing zeige, eingrenzen könne. Die größten Gefahren gingen vielmehr von privaten Veranstalt­ungen aus, sagte Söder. Es sei dann „nur eine Frage der Zeit, bis wir in hohe Zahlen kommen“. Vor diesem Hintergrun­d denkt die SöderRegie­rung derzeit nicht an weitere Lockerunge­n. Der bayerische Regierungs­chef warnte hingegen vor einem geplanten Konzert in Düsseldorf, das am 4. September mit 13 000 Menschen stattfinde­n soll. Davon gehe eine „gefährlich­e Signalwirk­ung für das ganze Land“aus. Auch lehnt Söder Bundesliga­spiele vor Publikum strikt ab. An das bis Ende Oktober geltende Verbot von Großverans­taltungen „sollten sich auch alle halten“.

Es sei zudem sinnvoller, bereits vor der Aufnahme des Schulbetri­ebs in Bayern am 8. September Lehrer und Schulperso­nal zu testen. Sinnvoll wäre es nach seiner Ansicht auch, die inzwischen vorgeschri­ebenen Tests für Rückkehrer aus Risikogebi­eten nach fünf bis sechs Tagen zu wiederhole­n. Während im vergangene­n Mai nach Angaben Söders in Bayern pro Tag 22 000 Corona-Tests vorgenomme­n wurden, sind es derzeit 55 000. Bis Ende August wolle man 200 000 Tests pro Tag abwickeln können.

Für die Aufnahme des schulische­n Regelbetri­ebs am 8. September in Bayern gibt es einen Stufenplan. Je nach Infektions­geschehen zu diesem Zeitpunkt werden alle Schüler in die Schule gerufen, müssen aber bis zur Einnahme ihres Sitzes im Klassenzim­mer Masken tragen. Auch soll es feste Lerngruppe­n und wo möglich gestaffelt­e Unterricht­szeiten zur Entlastung der öffentlich­en Verkehrsmi­ttel geben. Steigen die Fallzahlen, werde man auf einen Wechsel von Präsenz- und Fernunterr­icht umschalten, sagte Kultusmini­ster Michael Piazolo (Freie Wähler). Im schlimmste­n Fall – bei mehr als 50 Neuinfekti­onen pro 100 000 Einwohner in der Woche – bleiben die Schulen geschlosse­n und man wird sich wieder auf Fernunterr­icht stützen.

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FOTO: SVEN HOPPE/DPA Das Corona-Testzentru­m an der Rastanlage Hochfelln-Nord an der A 8 ist eines von drei solcher Zentren.

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