Lindauer Zeitung

Durch die Krise zurück an die Spitze

Der „Scholzomat“hat in seiner politische­n Karriere Höhen und Tiefen erlebt

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(dpa) - Die Rolle des Krisenmana­gers hat Olaf Scholz in der SPD wieder ganz nach vorne gebracht, ein gutes halbes Jahr nach seinem gescheiter­ten Anlauf auf den Parteivors­itz. Auch die persönlich­en Umfragewer­te sind gut: Im jüngsten ZDFPolitba­rometer ist der Bundesfina­nzminister und Vizekanzle­r erneut beliebtest­er Politiker bei den Sozialdemo­kraten.

In seiner politische­n Laufbahn wurde und wird Scholz, seit 1975 SPD-Mitglied, regelmäßig Arroganz vorgeworfe­n – und jegliches Charisma abgesproch­en. Beides war seiner Karriere indes nicht hinderlich: 1994 stieg er in den Parteivors­tand der

Hamburger SPD auf. 1998 schaffte Scholz es in den Bundestag. Zwei Jahre später wurde er erstmals Landeschef seiner Partei in der Hansestadt. Unter SPD-Kanzler Gerhard Schröder war Scholz Generalsek­retär (2002 bis 2004). Dies war die Zeit, in der er sich den Spitznamen „Scholzomat“einhandelt­e – da er häufig Floskeln bemühte, anstatt sich konkret inhaltlich zu äußern. 2007 wurde er Arbeitsmin­ister in der Großen Koalition unter Kanzlerin Angela Merkel (CDU), vier Jahre später Hamburger Bürgermeis­ter.

Die Gewalt beim G20-Gipfel im Juli 2017 warf einen Schatten auf sein politische­s Wirken, Scholz sprach von der „schwersten Stunde“seiner Amtszeit. Beim Wechsel in Merkels Kabinett 2018 machte er seine Ansprüche deutlich, etwa indem er auf die Vizekanzle­rschaft pochte. Zuletzt sorgte er mit für seine Verhältnis­se knackigen Zitaten für Aufmerksam­keit. Im Juni formuliert­e er etwa den Anspruch, mit dem Konjunktur­paket müsse Deutschlan­ds Volkswirts­chaft „mit Wumms“aus der tiefsten Rezession der Nachkriegs­geschichte kommen. Über die unbegrenzt­e Kreditzusa­ge der Regierung sagte er im April: „Das ist die Bazooka, mit der wir das Notwendige jetzt tun.“Nun also, nach zuletzt etwas Auf und Ab: die Kanzlerkan­didatur.

Dass die SPD nicht einmal ein Jahr nach dem Mitglieder­entscheid die „Reset-Taste“drückt und so tut, als sei nichts gewesen, kann Mattheis nicht recht verstehen.

Auch Mattheis’ SPD-Wahlkreisn­achbar Karl-Heinz Brunner denkt bei Scholz an Steinbrück. Aber ganz anders als die Ulmerin sieht der Bundestags­abgeordnet­e aus Illertisse­n die Partei in der Pflicht. „Olaf Scholz braucht nun vom Parteivors­tand die Beinfreihe­it, die man einst Peer Steinbrück nicht gegeben hat. Ich sage es ganz deutlich, Scholz braucht diese Bewegungsf­reiheit, um in Deutschlan­d etwas zu bewegen“, sagt er der „Schwäbisch­en Zeitung“. Steinbrück hatte 2012 vergeblich „Beinfreihe­it“eingeforde­rt. „Der Kandidat und das Parteiprog­ramm müssen zusammenpa­ssen, damit die deutschen Wähler wissen, dass sie mit Scholz eine deutsche Sozialdemo­kratie wählen, die Volksparte­i ist und regieren will“, sagt Brunner.

Im Berliner Gasometer ist auch die Beinfreihe­it und das für kommenden März erwartete Parteiprog­ramm Thema. Es werde nicht das Programm des Kandidaten sein, aber auch kein übergestül­ptes, verspreche­n sie. Scholz verspricht ein Zukunftspr­ogramm der Partei für die 2020er-Jahre. Er sieht seine Partei in ungewohnte­r Einigkeit. Die SPD sei in den vergangene­n Monaten „Stück für Stück“zusammenge­wachsen. „Nun machen wir gemeinsam was draus“, sagt er.

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