Unternehmer fürchten anhaltende Auswirkungen der Pandemie
Nach einer Sonderumfrage des ifo-Instituts stellen sich zahlreiche Branchen auf mehrmonatige Einschränkungen ein
- Die Corona-Pandemie belastet die deutsche Wirtschaft erheblich. Das öffentliche Leben werde im Schnitt noch 8,5 Monate eingeschränkt sein, fürchten die Unternehmen. Das hat eine Sonderumfrage des Münchener ifo-Instituts ergeben.
Dabei gibt es Unterschiede zwischen den einzelnen Branchen: So fürchten vor allem Firmen im Freizeitbereich Einschränkungen von 13 Monaten, Gastronomen und Unternehmen im künstlerischen Bereich rechnen immerhin noch mit elf weiteren Monaten. Firmen in der Branche Erziehung und Unterricht richten sich auf zehn Monate ein, die Beherbergungsbranche auf 9,3 Monate. In der Industrie sind die Hersteller von Leder, Lederwaren und Schuhen mit 11,2 Monaten am pessimistischsten, Bekleidungshersteller rechnen mit 9,3, Textilhersteller mit neun Monaten. Am optimistischsten sind die Getränkehersteller mit nur 6,4 Monaten und die Post-, Kurier- und Expressdienste, die mit 6,6 Monaten im Schnitt mit Einschränkungen des öffentlichen Lebens rechnen. Großund Einzelhandel erwarten eine weitere Durststrecke von 8,4 bzw. 8,8 Monaten.
Die Betriebe seien sehr verunsichert, heißt es bei der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände. Dessen Hauptgeschäftsführer Steffen Kampeter sagte im Deutschlandfunk, die Politik müsse nun ein „klares Signal“geben, dass die Unternehmen weiter Spielräume etwa bei Arbeitszeitregelungen oder Planfeststellungsverfahren nutzen dürften. Der Weg zu einer Normalisierung sei noch lang, hatte vor wenigen Tagen auch Martin Wansleben vom Deutschen Industrie- und Handelskammertag festgestellt. Reiner Hoffmann, Chef des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) rechnet ebenfalls mit weiter „anspruchsvollen“Monaten. Es sei keineswegs ausgeschlossen, dass zahlreiche Unternehmen insolvent gehen würden, sagte er der „Bild am Sonntag". Er plädierte für eine Verlängerung des Kurzarbeitergeldes. „Wenn wir Verwerfungen auf dem Arbeitsmarkt verhindern wollen, müssen wir die aktuelle Regelung bis zum März 2022 aufrechterhalten und das Kurzarbeitergeld weiter aufstocken", sagte Hoffmann, denn jeder Kurzarbeiter sei „ein Arbeitsloser weniger". 2021 wird die Wirtschaft seiner Ansicht nach aber wieder Fahrt aufnehmen.
Staatshilfen können die Probleme wegen der Corona-Krise mildern. Das zeigt auch eine Umfrage der Universität Mannheim zusammen mit dem Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW), die der „Süddeutschen Zeitung“vorlag. Danach sind sie bei fast der Hälfte der Firmen sogar entscheidend fürs Überleben. Das gilt für 44 Prozent der Betriebe, die eine staatliche Maßnahme beantragten. Von den 8500 Firmen, die an dieser Umfrage teilnahmen, haben zwei Drittel in irgendeiner Form staatliche Hilfen beansprucht. Dabei hätten sie am häufigsten auf Kurzarbeitergeld, Corona-Soforthilfe und die Stundung von Steuerzahlungen zurückgegriffen. Zwei Fünftel der Betriebe meldeten, sie hätten durch die Corona-Krise mindestens 30 Prozent Umsatz verloren. Vier Fünftel rechnen mit einer zweiten Infektionswelle wahrscheinlich vor dem Jahresende.