Letzte Etappe für Polarstern
Forschungsschiff wechselt nochmals die Crew
(dpa) - Jahrelang war die einjährige Drift des deutschen Forschungsschiffes Polarstern in der Arktis genauesten geplant worden. Für größere und kleinere Katastrophen waren am Alfred-Wegener-Institut (AWI) Notfallpläne ausgearbeitet worden. Doch dann passierte etwas, womit niemand gerechnet hatte: die Corona-Krise.
Eine Zeit lang musste befürchtet werden, dass die vergangenen September begonnene „Mosaic“-Expedition abgebrochen wird. „Das gesamte Logistikkonzept ist uns um die Ohren geflogen“, sagt Expeditionsleiter Markus Rex. Als schwierig erschien besonders der Personalaustausch während der Reise. Doch AWI-Wissenschaftler Rex hielt stets am Rückkehrtermin 12. Oktober 2020 in Bremerhaven fest. Und sein Team und er schafften es mit einem Notfallplan (samt Vorab-Quarantäne der neuen Crew) tatsächlich, dass die Expedition fortgesetzt werden konnte. Inzwischen sei die Epidemie kaum noch Thema: „Corona haben wir fast schon vergessen an Bord.“
Am 20. September 2019 war die Polarstern vom norwegischen Tromsø aus gestartet. Kurz darauf driftete sie monatelang teils dicht am Nordpol mit einer riesigen Eisscholle mit, auf der ein Forschungscamp aufgebaut worden war. Rund die Hälfte der Zeit mussten die Wissenschaftler
in der dunklen Polarnacht arbeiten. Ende Juli ist die Scholle in der sommerlichen Arktis in viele Einzelteile zerbrochen. Das Camp auf dem Eis war kurz zuvor abgebaut worden. Die Polarstern ist noch einige Wochen für Messungen in der Region unterwegs, allerdings weiter nördlich. „Wir wollen so lange bleiben, bis die Arktis wieder anfängt zuzufrieren. Das ist eine wichtige Phase im Eiszyklus“, sagt Markus Rex.
„Mosaic“ist eine Reise der Superlative: Mehr als 70 wissenschaftliche Institute aus fast 20 Ländern sind mit Hunderten Forschern beteiligt. Die Wissenschaftler an Bord wurden während der Reise mehrfach per Schiff ausgewechselt, zuletzt am Wochenende. „Eine Arktis-Expedition in dieser Größenordnung hat es noch nie gegeben“, weiß Markus Rex. Die Kosten belaufen sich auf 140 Millionen Euro, Deutschland übernimmt die Hälfte.
Dank der Messungen und Experimente im Nordpolarmeer soll der Klimawandel besser verstanden werden. Die Expeditionsteilnehmer beobachten dafür genauestens die Austauschprozesse zwischen Ozean, Eis und Atmosphäre. „Man kann jetzt schon sagen, dass die gewonnenen Daten es erlauben werden, die komplexen Prozesse besser zu verstehen“, sagt Markus Rex. Mit der Auswertung werde nach der Expedition begonnen. „Jetzt fokussieren wird uns erst einmal auf die Messungen.“