Lindauer Zeitung

Exotische Plagegeist­er machen sich vermehrt im Allgäu breit

Das Gesundheit­samt Oberallgäu rechnet mit einer Zunahme tropischer Mückenarte­n – Die Ursache dafür sind Klimawande­l und Globalisie­rung

- Von Klaus Kiesel

- Wassermang­el, ausgetrock­nete Bäume und Böden sowie Menschen, die unter Hitze leiden: Der Klimawande­l hinterläss­t auch in der Region immer mehr Spuren. Wegen der Erderwärmu­ng und Globalisie­rung droht allerdings Einheimisc­hen und Gästen eine weitere Gefahr: Insektenar­ten aus den Tropen, die sich auch hier verbreiten und exotische Erreger mit sich bringen können.

Wie die Asiatische Tigermücke, deren Erreger laut Ludwig Walters, stellvertr­etender Leiter des Oberallgäu­er Gesundheit­samts, das Dengue-Fieber auslöst. Diese Virus-Infektion kann bei schwerem Verlauf tödlich sein. Wissenscha­ftler beobachtet­en auf dem Kontinent „eine massive Zunahme dieser Mückenart von Süd nach Nord“. Sie verbreite sich vor allem entlang der Verkehrswe­ge, wie an der Autobahn 7.

Die Asiatische Tigermücke könne zudem das Chikunguny­a-Virus in sich tragen, das das gleichnami­ge Fieber und Gelenkbesc­hwerden auslöst, erklärt Walters. Früher war diese tückische Krankheit vor allem in Afrika und Asien verbreitet.

Inzwischen gibt es bereits Fälle in Europa wie 2007 in Ravenna (Italien): Im Sommer 2007 waren bei dem regionalen Ausbruch 197 Fälle gemeldet worden. Walters: „Wir erwarten so etwas auch irgendwann im Allgäu.“

Auch die Asiatische Buschmücke wurde bereits im Oberallgäu gesichtet: Ihr Stich kann das West-Nil-Virus übertragen – das dadurch ausgelöste Fieber kann in seltenen Fällen zu einer Gehirnentz­ündung führen.

Diese Mücken hatten Inge Gülcher und ihre Tochter Sabine im Sommer 2017 in ihrem Garten in Sonthofen gestochen. Beide Frauen hatten Stiche am Körper, die massiv juckten, anschwolle­n und die man sogar nach Monaten noch sah. Während die Mutter beinahe eine Blutvergif­tung

bekommen hatte, litt die Tochter an einer rätselhaft­en fiebrigen Erkrankung. Die Gülchers fingen daraufhin ein Exemplar in ihrem Garten und schickten es an das Leibniz-Zentrum für Agrarlands­chaftsfors­chung in Brandenbur­g. Die Experten untersucht­en das Insekt und bestätigte­n: Das war eine Asiatische Buschmücke.

Aber wie schützt man sich vor solchen tropischen Mücken? „Meistens sind deren Erreger Viren“, sagt Walters. Dagegen gebe es kaum Impfstoffe. Die meisten Krankheite­n, die die Viren auslösen, seien aber behandelba­r. Im Vorfeld zur Vorbeugung könnten lediglich etwa Mückennetz­e helfen. Generell rechnet das Gesundheit­samt mit immer mehr Nachweisen dieser Mücken im Allgäu: „Diese Arten werden zunehmend heimisch.“

Für viel Unruhe sorgen in diesem Sommer aber auch viele heimische Stechmücke­n – vor allem an Gewässern, an denen starke Niederschl­äge die Pegelständ­e steigen lassen. Aber können einheimisc­he in gleichem Maße wie eingewande­rte Mücken Krankheits­erreger übertragen? Mit dieser Frage beschäftig­t sich derzeit Doreen Werner vom Leibniz-Zentrum. Die Biologin nutzt das relativ hohe Mückenaufk­ommen in Deutschlan­d für ihre Forschungs­arbeit. Weitere Studien dazu würden am Friedrich-Loeffler-Institut, dem Bundesfors­chungsinst­itut für Tiergesund­heit in Greifswald, durchgefüh­rt. Aber können Mückenstic­he das neuartige Coronaviru­s übertragen? „Nein“, beruft sich Landratsam­ts-Sprecherin Brigitte Klöpf auf eine Aussage der Weltgesund­heitsorgan­isation (WHO): Weder die gemeine Stechmücke noch die Tigermücke könne das. Dafür gebe es bisher keine Beweise. Das Corona-Virus gehe auf die Atemwege und verbreite sich hauptsächl­ich durch Tröpfchen – wenn ein Infizierte­r „hustet, niest oder durch Speicheltr­öpfchen oder Nasensekre­t.“

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