Nur Barcelona im Kopf
Der FC Bayern genießt die Algarve, kann aber das Duell mit Lionel Messi am Freitag kaum erwarten
(dpa/SID) - Hansi Flick plauderte angeregt mit seinem Muskelshirt-tragenden Torjäger Robert Lewandowski, dann pfiff er das erste Training des FC Bayern in Portugal an. Der Countdown für das Finalturnier der Champions League begann für den Mitfavoriten auf den Titel ganz nach Plan. Die Stimmung im Münchner Fußballtross war am Montag blendend. Flick öffnete für die wenigen mitgereisten Reporter sogar kurz die Tore zum Luxusresort „Cascade“.
„Wir haben nur noch Barcelona im Kopf“, sagte Lewandowski mit dem Blick auf den Viertelfinalkracher am Freitag (21 Uhr/Sky) im Lissaboner Estádio da Luz. Sonne, Strand, Meer – im Urlaubsambiente auf den Klippen oberhalb des Atlantiks will Flick dem Team den Feinschliff für die finalen Triple-Schritte verpassen. Der 55-Jährige hat mit seiner Weltmeistererfahrung von 2014 alles akribisch geplant für die eigene Triple-Krönung nach nur neun Monaten als Bayern-Cheftrainer.
„Es ist etwas ganz Besonderes. So ein Turnier gab es noch nie auf Vereinsebene“, sagte Flick. „Wir wollen das Glück erzwingen!“Der Weg ist allerdings schwer: Erst Barça im Viertelfinale, womöglich Manchester City mit Pep Guardiola im Halbfinale, und am 23. August das Finale eventuell gegen Paris oder gar in einem deutschen Duell gegen RB Leipzig.
Das Trainingslager begann mit guten Nachrichten. Die zuletzt angeschlagenen Jérôme Boateng und Kingsley Coman mischten vor den Augen der Vorstandsmitglieder Oliver Kahn und Hasan Salihamidzic wieder auf dem Platz mit. Abwehrchef David Alaba begnügte sich dagegen zwei Tage nach dem 4:1 im Achtelfinalrückspiel gegen den FC Chelsea mit einer Laufeinheit. Die Ferienumgebung soll für die nötige
Lockerheit sorgen, aber auch den Triple-Geist im Team verstärken. „Wenn man jetzt zwei Wochen hat, wo man gut miteinander arbeitet, kann man viel erreichen. Wir sind alle sehr hungrig“, sagte Torhüter Manuel Neuer. Der Kapitän kennt aus der Nationalelf ebenso wie Flick, Thomas Müller und Boateng das Campo-Bahia-Feeling des WM-Triumphes 2014 in Brasilien. Die Arbeit aber soll an der Algarve Priorität haben. „Wir sagen jetzt nicht, wir sind in Portugal, wir sind in der Nähe des Meeres und machen eine Urlaubsreise“, sagte Müller. Den passionierten Golfspieler dürfte es dennoch freuen, dass es im Hotelkomplex eine Driving Range und Putting-Greens gibt. Zumal Flick dem Team am Montag einen freien Nachmittag gönnte. „Wir müssen die Akkus aufladen“, sagte er.
Am Donnerstag fliegen die Bayern erstmals nach Lissabon, Flick bastelt bereits intensiv an einem Matchplan – doch der ist nicht ausschließlich auf Lionel Messi ausgelegt. Man dürfe sich nicht zu sehr auf den 33 Jahre alten Argentinier „fokussieren. Das ist
Für Rekordnationalspieler Lothar Matthäus ist
Ich bin wirklich bemüht, die Nadel im Heuhaufen zu suchen, wenn ich die Teams, Clubs und Spieler analysiere. Aber bei Bayern ist gerade keine zu finden“, erklärte der 59-Jährige. Sowohl auf als auch neben dem Platz sei bei den Münchnern zurzeit alles optimal. „Das Zusammenspiel der Profis auf dem Rasen sowie das Verhältnis und die Zusammenarbeit mit Trainer Hansi Flick sind nicht zu toppen. Obendrein herrscht nicht nur Ruhe, sondern das große Problem. Barça hat viele starke Spieler, auf die man aufpassen muss.“
Die Corona-Fälle bei Leipzig-Gegner Atlético Madrid durften die Bayern als Bestätigung dafür nehmen, das Luxusresort „Cascade“als Vorbereitungscamp ausgewählt zu haben. Der Bayerntross bewegt sich abseits der normalen Urlauber. Die zwei Trainingsplätze liegen auf dem Hotelareal, unters Volk mischen müssen sich Lewandowski und Co. nicht. Vorbildlich mit Mund-Nasen-Schutz absolvierten die Profis am Montag den kurzen Weg von den Zimmern zum Training. „Wir müssen wirklich vorsichtig sein“, sagte Flick zum Infektionsrisiko.
„In Lissabon hätten wir nicht so gute Bedingungen gehabt. Hier können wir gut trainieren. Hier ist alles abgeschottet“, betonte der Coach. Das bei Fußballvereinen beliebte Trainingsquartier wollte auch Paris Saint-Germain buchen. Die Bayern waren aber flotter. PSG mit Trainer Thomas Tuchel musste ins 90 Kilometer entfernte Faro ausweichen. sogar Harmonie rund um die Säbener Straße bis in die Büros der Bosse.“
Im Viertelfinale gegen den FC Barcelona mit Superstar Lionel Messi (Freitag, 21 Uhr, live auf Sky) sieht Matthäus die Münchner im Vorteil. „Natürlich kann ein Lionel Messi immer noch jede Abwehr der Welt punktuell auseinandernehmen. Aber am Ende kommt es doch auf das Team und Kollektiv an, um die wirklich großen Ziele zu erreichen. Und da mangelt es bei Barça doch erheblich. Vor allem gegen den Ball und in der Defensive sind sie anfällig.“