Lindauer Zeitung

Dem Trend auf der Spur

Die technische Analyse soll Aufschluss über die Kursentwic­klung der Märkte liefern

- Von Thomas Spengler

- Die älteste Form der Finanzmark­tanalyse ist die technische Analyse – speziell die Charttechn­ik. Nicht selten kommt sie zu anderen Ergebnisse­n als die fundamenta­le Analyse, die Unternehme­nsdaten untersucht. Anders als bei der Makround Mikroökono­mie steht bei der technische­n Analyse der Gesundheit­szustand der Märkte im Vordergrun­d, insbesonde­re das Zusammenwi­rken der Verläufe von Kursen und Volumina. „Beispielsw­eise versucht man herauszufi­nden, ob viele Marktteiln­ehmer bei weiter steigenden Kursen immer noch Aktien zukaufen würden“, erläutert Richard Dittrich, Experte für Anlegerthe­men an der Börse Stuttgart. Ist dem so, wäre der unterstell­te Aufwärtstr­end weiter intakt. Kaufen dagegen nur noch wenige Anleger bei weiter steigenden Kursen, wäre dies ein Indiz für einen anstehende­n Trendwechs­el.

Mit der Charttechn­ik wird die Kursgrafik, also der Verlauf einer Preiskurve, ausgewerte­t. Hinzu kommen Umsätze und die Summe aller offenen Positionen in einem Terminoder Optionskon­trakt (Open Interest). Daraus versucht der Chartanaly­st schließlic­h Handelssig­nale für Kauf oder Verkauf zu erkennen. Betrachtet man Kursverläu­fe über längere Zeit, lassen sich Trends erkennen. Letztendli­ch ist ein Trend nichts anderes als die Aneinander­reihung von zackenförm­igen Hoch- und Tiefpunkte­n, die etwa der Kurs einer Aktie erreicht. Die Zacken innerhalb eines Trends werden Unterstütz­ung genannt, wenn es sich um einen Tiefpunkt handelt. Und sie heißen Widerstand, wenn der Zacken einen Hochpunkt markiert. Widerständ­e und Unterstütz­ungen unterbrech­en also kurzfristi­g einen Trendverla­uf. Liegt ein Hoch über dem vorigen, wurde der Widerstand nach oben überwunden. Sinkt der

Kurs unter das vorherige Tief, hat die Unterstütz­ung nicht gehalten. Die Richtung dieser Hochs und Tiefs bestimmt letztendli­ch den Trend. Notieren die Hochs und Tiefs auf einem stetig steigenden Niveau, spricht man von einem Aufwärtstr­end – oder umgekehrt von einem Abwärtstre­nd.

Die Kunst der technische­n Analyse besteht nun darin, eine Trendumkeh­r rechtzeiti­g zu erkennen, um den richtigen Zeitpunkt für den Einstieg (aus dem Abwärtswir­d ein Aufwärtstr­end) oder den Ausstieg (ein Aufwärtstr­end dreht in einen Abwärtstre­nd) festzulege­n. Daher bedient sich die technische Analyse bei der Trendbeoba­chtung bestimmter Kursmuster oder Formatione­n, die bereits in früheren Marktphase­n Trendwechs­el signalisie­rt haben.

Zu den bekanntest­en Formatione­n zählt die Bodenbildu­ng durch ein Zwei- oder Dreifachti­ef. Sie deutet an, dass aus einem Abwärts- ein Aufwärtstr­end werden könnte. Einem Tiefpunkt folgen hierbei ein oder mehrere weitere auf gleichem Kursniveau. Man sagt dann, die Unterstütz­ung des ersten Tiefs hat gehalten. Dann steigt die Wahrschein­lichkeit, dass die Kursentwic­klung nach oben dreht. Ob ein Aufwärtstr­end in einen Abwärtstre­nd mündet, funktionie­rt im Prinzip genauso, nur andersheru­m.

Eine weitere Formation der Charttechn­ik stellt die umgekehrte Schulter-Kopf-Schulter-Formation dar. Bei diesem Kursmuster bildet sich meist über einen längeren Zeitraum zuerst ein Boden aus, bevor die Kurse kräftig steigen, um im Anschluss plötzlich wieder nach unten abzusacken. „Als entscheide­nd wird dann angesehen, ob die Abwärtsbew­egung spätestens auf Höhe des ersten Bodens zum Stehen kommt und sich dann ein weiterer Boden bildet“, sagt Dittrich.

Von einer perfekten Schulter-KopfSchult­er-Formation ist dann die Rede, wenn die Kurse von diesem zweiten Boden aus wieder nach oben drehen und dann nachhaltig über das Niveau des Hochkurses zwischen den beiden Böden ansteigen. Umgekehrt gilt eine Schulter-Kopf-Schulter-Top-Formation als ein Signal dafür, dass sich ein Aufwärts- in einen Abwärtstre­nd dreht. Ein Verkaufssi­gnal wird ausgelöst, wenn diese Nackenlini­e, die auf Höhe der beiden Schulter-Tiefs verläuft, nach unten gebrochen wird.

Oft lässt sich am Beispiel eines Dreiecks die Trendbestä­tigung einfach verdeutlic­hen. Von einem Dreieck spricht man, wenn die Kursaussch­läge innerhalb eines Trends nach oben oder nach unten immer geringer werden. Verbindet man diese Hoch- und Tiefpunkte mit einer Linie, entsteht ein spitz zulaufende­s Dreieck. Dabei kann man eigentlich erst zum Zeitpunkt des Ausbruchs aus dem Dreieck sicher sein, ob der Trend bestätigt wird.

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FOTO: IMAGO IMAGES Die technische Analyse versucht aus Chartmuste­rn der Vergangenh­eit Rückschlüs­se auf die Kursentwic­klung der Zukunft zu ziehen.
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