Dem Trend auf der Spur
Die technische Analyse soll Aufschluss über die Kursentwicklung der Märkte liefern
- Die älteste Form der Finanzmarktanalyse ist die technische Analyse – speziell die Charttechnik. Nicht selten kommt sie zu anderen Ergebnissen als die fundamentale Analyse, die Unternehmensdaten untersucht. Anders als bei der Makround Mikroökonomie steht bei der technischen Analyse der Gesundheitszustand der Märkte im Vordergrund, insbesondere das Zusammenwirken der Verläufe von Kursen und Volumina. „Beispielsweise versucht man herauszufinden, ob viele Marktteilnehmer bei weiter steigenden Kursen immer noch Aktien zukaufen würden“, erläutert Richard Dittrich, Experte für Anlegerthemen an der Börse Stuttgart. Ist dem so, wäre der unterstellte Aufwärtstrend weiter intakt. Kaufen dagegen nur noch wenige Anleger bei weiter steigenden Kursen, wäre dies ein Indiz für einen anstehenden Trendwechsel.
Mit der Charttechnik wird die Kursgrafik, also der Verlauf einer Preiskurve, ausgewertet. Hinzu kommen Umsätze und die Summe aller offenen Positionen in einem Terminoder Optionskontrakt (Open Interest). Daraus versucht der Chartanalyst schließlich Handelssignale für Kauf oder Verkauf zu erkennen. Betrachtet man Kursverläufe über längere Zeit, lassen sich Trends erkennen. Letztendlich ist ein Trend nichts anderes als die Aneinanderreihung von zackenförmigen Hoch- und Tiefpunkten, die etwa der Kurs einer Aktie erreicht. Die Zacken innerhalb eines Trends werden Unterstützung genannt, wenn es sich um einen Tiefpunkt handelt. Und sie heißen Widerstand, wenn der Zacken einen Hochpunkt markiert. Widerstände und Unterstützungen unterbrechen also kurzfristig einen Trendverlauf. Liegt ein Hoch über dem vorigen, wurde der Widerstand nach oben überwunden. Sinkt der
Kurs unter das vorherige Tief, hat die Unterstützung nicht gehalten. Die Richtung dieser Hochs und Tiefs bestimmt letztendlich den Trend. Notieren die Hochs und Tiefs auf einem stetig steigenden Niveau, spricht man von einem Aufwärtstrend – oder umgekehrt von einem Abwärtstrend.
Die Kunst der technischen Analyse besteht nun darin, eine Trendumkehr rechtzeitig zu erkennen, um den richtigen Zeitpunkt für den Einstieg (aus dem Abwärtswird ein Aufwärtstrend) oder den Ausstieg (ein Aufwärtstrend dreht in einen Abwärtstrend) festzulegen. Daher bedient sich die technische Analyse bei der Trendbeobachtung bestimmter Kursmuster oder Formationen, die bereits in früheren Marktphasen Trendwechsel signalisiert haben.
Zu den bekanntesten Formationen zählt die Bodenbildung durch ein Zwei- oder Dreifachtief. Sie deutet an, dass aus einem Abwärts- ein Aufwärtstrend werden könnte. Einem Tiefpunkt folgen hierbei ein oder mehrere weitere auf gleichem Kursniveau. Man sagt dann, die Unterstützung des ersten Tiefs hat gehalten. Dann steigt die Wahrscheinlichkeit, dass die Kursentwicklung nach oben dreht. Ob ein Aufwärtstrend in einen Abwärtstrend mündet, funktioniert im Prinzip genauso, nur andersherum.
Eine weitere Formation der Charttechnik stellt die umgekehrte Schulter-Kopf-Schulter-Formation dar. Bei diesem Kursmuster bildet sich meist über einen längeren Zeitraum zuerst ein Boden aus, bevor die Kurse kräftig steigen, um im Anschluss plötzlich wieder nach unten abzusacken. „Als entscheidend wird dann angesehen, ob die Abwärtsbewegung spätestens auf Höhe des ersten Bodens zum Stehen kommt und sich dann ein weiterer Boden bildet“, sagt Dittrich.
Von einer perfekten Schulter-KopfSchulter-Formation ist dann die Rede, wenn die Kurse von diesem zweiten Boden aus wieder nach oben drehen und dann nachhaltig über das Niveau des Hochkurses zwischen den beiden Böden ansteigen. Umgekehrt gilt eine Schulter-Kopf-Schulter-Top-Formation als ein Signal dafür, dass sich ein Aufwärts- in einen Abwärtstrend dreht. Ein Verkaufssignal wird ausgelöst, wenn diese Nackenlinie, die auf Höhe der beiden Schulter-Tiefs verläuft, nach unten gebrochen wird.
Oft lässt sich am Beispiel eines Dreiecks die Trendbestätigung einfach verdeutlichen. Von einem Dreieck spricht man, wenn die Kursausschläge innerhalb eines Trends nach oben oder nach unten immer geringer werden. Verbindet man diese Hoch- und Tiefpunkte mit einer Linie, entsteht ein spitz zulaufendes Dreieck. Dabei kann man eigentlich erst zum Zeitpunkt des Ausbruchs aus dem Dreieck sicher sein, ob der Trend bestätigt wird.