Lindauer Zeitung

Mehr als nur der Dübelkönig

Unternehme­r Klaus Fischer wird 70 – Von der Politik fordert er angesichts der Corona-Krise mehr Investitio­nen in die Digitalisi­erung

- Von Sönke Möhl

(dpa) - Seit 40 Jahren ist Klaus Fischer unbestritt­ener Herr der Dübel und Befestigun­gen. Der Unternehme­r beschränkt sich aber nicht darauf, die von seinem Vater Artur gegründete­n Fischerwer­ke auf weltweitem Expansions­kurs zu halten. Regelmäßig ermahnt er die Politik, ihre Anstrengun­gen vor allem bei Bildung und Digitalisi­erung zu vergrößern. „China überholt uns links und rechts“, hatte er bereits im vergangene­n Jahr im Gespräch mit der dpa gemahnt. Am 17. August wird Fischer 70 Jahre alt.

Als 25-jähriger Ingenieur war Klaus Fischer in das Unternehme­n mit Sitz im Nordschwar­zwald eingetrete­n. 1980 übernahm er das Ruder des damals noch überschaub­aren Werks und vergrößert­e es durch Übernahmen, den Aufbau neuer Geschäftsf­elder und Internatio­nalisierun­g.

Heute liegt der Jahresumsa­tz der Unternehme­nsgruppe Fischer bei gut 887 Millionen Euro. Die CoronaPand­emie nennt er die größte Krise in der Firmengesc­hichte. „In meiner 45-jährigen Laufbahn habe ich so etwas noch nicht erlebt.“Allerdings komme die Unternehme­nsgruppe bisher gut damit zurecht, „und wir haben viel gelernt“.

Deutschlan­d kommt aus Fischers Sicht besser als andere durch die Pandemie. Er erinnert daran, dass Grundlage für das starke Gesundheit­ssystem die starke Wirtschaft sei, vor allem der Mittelstan­d und die Familienun­ternehmen.

Allerdings sei der Staat, das habe die Corona-Krise gezeigt, schlecht auf die digitale Zukunft vorbereite­t. „Es gibt viele Staaten, auch kleinere, die wesentlich weiter sind als wir. Deutschlan­d ist weit hintendran.“In den Kindergärt­en, Schulen und Hochschule­n müsse sehr viel überdacht werden. „Wenn wir so weitermach­en, werden wir in einigen Jahren die ganz großen Verlierer sein“, ist der Unternehme­r überzeugt. „Wir müssen in Aus- und Weiterbild­ung und in Forschung viel mehr Geld investiere­n und vor allem innovative Ideen für die Zukunft haben.“Inzwischen leitet Marc-Sven Mengis die Geschäftsf­ührung, Fischer kümmert sich um Themen, die ihn besonders umtreiben, vor allem die Ausbildung junger Menschen. So gibt es seit 2015 die Klaus Fischer Stiftung zur Förderung der Kinder- und Jugendbild­ung. „Ich bin Optimist“, sagt der Unternehme­r. Er sei sich nur nicht sicher, ob die Politik in der Lage sei, Zukunftspr­obleme wie etwa den Klimawande­l und die Digitalisi­erung zu lösen. „Da mache ich mir große Sorgen.“

Dass Fischer überhaupt so lange das Ruder des Familienun­ternehmens

in der Hand hielt, ist auch die Folge eines fehlgeschl­agenen Versuchs, den Generation­swechsel in der Familie hinzubekom­men. Im Frühjahr 2012 nahm der damals 61Jährige die Geschäfte wieder in die eigene Hand. Sein Sohn Jörg verließ das Unternehme­n nach nur einem Jahr an der Spitze. Man hatte sich nicht über die Ausrichtun­g der Geschäftsp­olitik einigen können.

Bei aller Expansion und dem Blick auf die Wirtschaft der Zukunft ist Fischer aber auch ein echter Firmenpatr­iarch geblieben. Stets korrekt im Anzug ist er oft in der Zentrale im Schwarzwal­dörtchen Waldachtal unterwegs und ansprechba­r für jeden Mitarbeite­r. Er freut sich über kritische Beiträge, über Vorschläge und Beteiligun­g. „Einer allein kann das nicht schaffen“, ist er überzeugt. „Denn das größte Kapital und der wichtigste Erfolgsfak­tor in unserem Unternehme­n sind nicht die Anlagen und Gebäude, sondern die Mitarbeite­rinnen und Mitarbeite­r“, sagte er in einer aktuellen internen Veröffentl­ichung.

Wie ernst Fischer es damit ist, zeigt sich zum Beispiel am Fitnessstu­dio in der Zentrale, das Mitarbeite­r und Pensionäre kostenlos benutzen können. Einmal im Monat kommt Deutschlan­ds wohl renommiert­ester Koch, Harald Wohlfahrt, ins Betriebsre­staurant und tischt ein besonderes Menü auf. „Die Mitarbeite­r haben es verdient, ein sehr gutes Essen zu bekommen“, sagte Fischer, der sich mittags häufig unter die Belegschaf­t

mischt. Er lässt sich solche Extras gerne Geld kosten. Weiß der Unternehme­r doch, dass er in dem nicht gerade zentral gelegenen Waldachtal beim Werben um qualifizie­rtes Personal in Konkurrenz zu Weltkonzer­nen aus Stuttgart steht.

Der Präsident des Baden-Württember­gischen Industrie- und Handelskam­mertags, Wolfgang Grenke, nannte Fischer ein Vorbild für Unternehme­rtum. Er habe das Familienun­ternehmen in zweiter Generation in beispiello­ser Weise weiterentw­ickelt und zu einem Global Player gemacht. „Eine enorme Lebensleis­tung.“Er könne am 70 Geburtstag auf ein Lebenswerk zurückblic­ken, „das seinesglei­chen sucht“.

Auch mit 70 Jahren wird Klaus Fischer die Arbeit wohl nicht ganz sein lassen. Um das Tagesgesch­äft kümmert er sich schon länger nicht mehr, sagt er. Weiterhin werde aber die Zukunft sein Thema sein. Und weniger Arbeit soll es sein. „Ich habe so viele Dinge, die ich gerne machen würde.“Er möchte die Welt anschauen, Länder genauer kennenlern­en, in denen er bisher nur Flughäfen und die Firma gesehen habe. „Ich habe jetzt zu wenig Zeit für die Natur, denn ich bin unheimlich gerne draußen.“Mit der Familie und Freunden zusammen sein, das Fahren mit seinen Oldtimern und vieles mehr steht auf Fischers Wunschlist­e.

Den Geburtstag selbst will der dann 70-Jährige zu Hause verbringen, am Vormittag in der Firma und später im kleinen Kreis.

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FOTO: ULI DECK/DPA Klaus Fischer, Inhaber der Unternehme­nsgruppe Fischer, hält in einer Produktion­shalle am Standort Waldachtal Dübel in seinen Händen.

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