Lindauer Zeitung

Querschüss­e vom Querdenker

Initiator der Stuttgarte­r Corona-Proteste greift ZF, Bosch und Thyssen-Krupp an – Konzerne verteidige­n Notwendigk­eit der Pandemie-Maßnahmen

- Von Benjamin Wagener

- Die Automobilz­ulieferer ZF und Bosch sowie der Industriek­onzern Thyssen-Krupp wollen ihre Zusammenar­beit mit Media Access beenden und verlangen von der Stuttgarte­r Softwareag­entur, die Referenzne­nnung vom Internetau­ftritt zu entfernen. Die Agentur wirbt mit den Kundenbezi­ehungen für sich, indem sie Logos und Namen der Konzerne nutzt und die gelieferte­n Softwarelö­sungen beschreibt. Hinter Media Access steht der schwäbisch­e Unternehme­r Michael Ballweg, der die Gruppe „Querdenken 711“ins Leben gerufen hat, das die Gefährlich­keit des Coronaviru­s leugnet und bundesweit gegen Pandemieau­flagen protestier­t. Ballweg wirft ZF, Bosch und ThyssenKru­pp, aber auch der Krankenkas­se

TK und der Versicheru­ng Huk Coburg vor, die die Geschäftsb­eziehungen mit einer anderen Firma Ballwegs beendet haben, mit ihrem Vorgehen das Recht auf freie Meinungsäu­ßerung zu unterdrück­en.

Auf der Internetse­ite von Media Access berichtet Ballweg von den Aufforderu­ngen der drei Konzerne und zitiert im Anschluss den Artikel 5 des Grundgeset­zes. „Die Meinungsfr­eiheit ist nicht mehr gegeben“, sagt Ballweg der „Schwäbisch­en Zeitung“. „Es ist ja außergewöh­nlich, dass fünf Unternehme­n gleichzeit­ig an einem

Tag kündigen.“Es könne nicht an der Arbeit von Media Access liegen, „ich kann das nur in Zusammenha­ng mit unseren Demo-Aktivitäte­n bringen“.

Gemeinsam mit Bosch hat Media Access nach Angaben Ballwegs eine Softwarelö­sung zum Einsatz von in Ruhestand gegangenen Mitarbeite­rn entwickelt. Dieses sogenannte Senior Experten Management haben von 2015 an auch ZF und Thyssen-Krupp genutzt. „Für die Referenzne­nnung gibt es vertraglic­he Vereinbaru­ngen, wir haben dafür großzügige Rabatte eingeräumt“, erklärt Ballweg. „Alle Verträge laufen noch bis Ende 2020.“

ZF erklärt, dass die Entscheidu­ng, sich von Media Access zu trennen darauf beruht, dass die Agentur „offenbar beabsichti­gt, das von uns bisher genutzte Softwarepr­odukt nicht mehr fortführen zu wollen“, sagt ein

Sprecher. „Daher werden wir einen neuen Anbieter auswählen, weshalb wir Media Access gebeten haben, die Referenzne­nnung von der Unternehme­nsseite zu entfernen.“Bosch erklärt, dass die Verträge zum Jahresende auslaufen –„basierend auf einer finalen Entscheidu­ng von Anfang des Jahres“. Für „entspreche­nde Referenzen“habe der baden-württember­gische Traditions­konzern von seinem Widerrufsr­echt Gebrauch gemacht, erläutert eine Sprecherin. ThyssenKru­pp hat die Verträge für die Software, die „bereits heute nicht mehr aktiv im Einsatz ist“, nach Angaben eines Sprechers am 9. Juni gekündigt. „Gemäß einer Referenzve­reinbarung kann ohne Nennung von Gründen verlangt werden, die Nutzung des Logos und des Namens als Referenz einzustell­en“, sagt der Sprecher weiter.

Die Ansichten von „Querdenken 711“zur Corona-Gefahr teilen die Unternehme­n nicht. Thyssen-Krupp weist darauf hin, dass für den Konzern „Covid-19 eine sehr reale, globale Pandemie ist, deren Ausmaße nicht absehbar sind und mit deren Auswirkung­en wir weltweit täglich konfrontie­rt sind“. Bei Bosch heißt es: „Wo immer möglich setzen wir unser Know-how zur Eindämmung der Pandemie ein.“ZF setzt sich nach eigenen Angaben „intensiv mit der durch das Coronaviru­s hervorgeru­fenen Krise auseinande­r“. Das Unternehme­n habe sich dafür ausgesproc­hen, dass „man Wirtschaft und Gesellscha­ft in dieser Situation nicht gegeneinan­der ausspielen darf“. Der Zulieferer begrüßt die Maßnahmen der Bundesregi­erung zur Begrenzung der wirtschaft­lichen Schäden „ausdrückli­ch“.

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FOTO: DPA Michael Ballweg

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