Querschüsse vom Querdenker
Initiator der Stuttgarter Corona-Proteste greift ZF, Bosch und Thyssen-Krupp an – Konzerne verteidigen Notwendigkeit der Pandemie-Maßnahmen
- Die Automobilzulieferer ZF und Bosch sowie der Industriekonzern Thyssen-Krupp wollen ihre Zusammenarbeit mit Media Access beenden und verlangen von der Stuttgarter Softwareagentur, die Referenznennung vom Internetauftritt zu entfernen. Die Agentur wirbt mit den Kundenbeziehungen für sich, indem sie Logos und Namen der Konzerne nutzt und die gelieferten Softwarelösungen beschreibt. Hinter Media Access steht der schwäbische Unternehmer Michael Ballweg, der die Gruppe „Querdenken 711“ins Leben gerufen hat, das die Gefährlichkeit des Coronavirus leugnet und bundesweit gegen Pandemieauflagen protestiert. Ballweg wirft ZF, Bosch und ThyssenKrupp, aber auch der Krankenkasse
TK und der Versicherung Huk Coburg vor, die die Geschäftsbeziehungen mit einer anderen Firma Ballwegs beendet haben, mit ihrem Vorgehen das Recht auf freie Meinungsäußerung zu unterdrücken.
Auf der Internetseite von Media Access berichtet Ballweg von den Aufforderungen der drei Konzerne und zitiert im Anschluss den Artikel 5 des Grundgesetzes. „Die Meinungsfreiheit ist nicht mehr gegeben“, sagt Ballweg der „Schwäbischen Zeitung“. „Es ist ja außergewöhnlich, dass fünf Unternehmen gleichzeitig an einem
Tag kündigen.“Es könne nicht an der Arbeit von Media Access liegen, „ich kann das nur in Zusammenhang mit unseren Demo-Aktivitäten bringen“.
Gemeinsam mit Bosch hat Media Access nach Angaben Ballwegs eine Softwarelösung zum Einsatz von in Ruhestand gegangenen Mitarbeitern entwickelt. Dieses sogenannte Senior Experten Management haben von 2015 an auch ZF und Thyssen-Krupp genutzt. „Für die Referenznennung gibt es vertragliche Vereinbarungen, wir haben dafür großzügige Rabatte eingeräumt“, erklärt Ballweg. „Alle Verträge laufen noch bis Ende 2020.“
ZF erklärt, dass die Entscheidung, sich von Media Access zu trennen darauf beruht, dass die Agentur „offenbar beabsichtigt, das von uns bisher genutzte Softwareprodukt nicht mehr fortführen zu wollen“, sagt ein
Sprecher. „Daher werden wir einen neuen Anbieter auswählen, weshalb wir Media Access gebeten haben, die Referenznennung von der Unternehmensseite zu entfernen.“Bosch erklärt, dass die Verträge zum Jahresende auslaufen –„basierend auf einer finalen Entscheidung von Anfang des Jahres“. Für „entsprechende Referenzen“habe der baden-württembergische Traditionskonzern von seinem Widerrufsrecht Gebrauch gemacht, erläutert eine Sprecherin. ThyssenKrupp hat die Verträge für die Software, die „bereits heute nicht mehr aktiv im Einsatz ist“, nach Angaben eines Sprechers am 9. Juni gekündigt. „Gemäß einer Referenzvereinbarung kann ohne Nennung von Gründen verlangt werden, die Nutzung des Logos und des Namens als Referenz einzustellen“, sagt der Sprecher weiter.
Die Ansichten von „Querdenken 711“zur Corona-Gefahr teilen die Unternehmen nicht. Thyssen-Krupp weist darauf hin, dass für den Konzern „Covid-19 eine sehr reale, globale Pandemie ist, deren Ausmaße nicht absehbar sind und mit deren Auswirkungen wir weltweit täglich konfrontiert sind“. Bei Bosch heißt es: „Wo immer möglich setzen wir unser Know-how zur Eindämmung der Pandemie ein.“ZF setzt sich nach eigenen Angaben „intensiv mit der durch das Coronavirus hervorgerufenen Krise auseinander“. Das Unternehmen habe sich dafür ausgesprochen, dass „man Wirtschaft und Gesellschaft in dieser Situation nicht gegeneinander ausspielen darf“. Der Zulieferer begrüßt die Maßnahmen der Bundesregierung zur Begrenzung der wirtschaftlichen Schäden „ausdrücklich“.