Lindauer Zeitung

„Niederstau­fen ist mein kleiner Kosmos“

Roswitha Richter-Gottschalk: Das Herzstück einer Kommune sind die Vereine und die Kirche

- Von Susi Donner

- Roswitha Richter-Gottschalk ist sechs Jahre lang für die Wählergeme­inschaft Bösenreuti­n-Sigmarszel­l-Niederstau­fen (WBSN) und als dritte Bürgermeis­terin im Gemeindera­t Sigmarszel­l gewesen. Für die neue Wahlperiod­e hat sie sich nicht mehr aufstellen lassen, weil es im privaten Umfeld wichtige Menschen gibt, für die sie Zeit braucht und haben möchte.

Roswitha Richter-Gottschalk lebt seit 1990 mit ihrer Familie in Niederstau­fen. Sie ist in Oberreute aufgewachs­en und nach mehreren Stationen in größeren Städten gerne wieder in einem Dorf gelandet. Im Elternhaus ihres Mannes Herbert Gottschalk leben sie seit 30 Jahren als „kleine Großfamili­e“mit drei Generation­en. Zuvor hat die heute 60-Jährige Sozialpäda­gogik mit dem Schwerpunk­t Behinderte­narbeit in Benediktbe­uern studiert. Nach dem Studium war sie in Ursberg tätig, in einer großen Behinderte­neinrichtu­ng, später in der Bewährungs­hilfe in Kempten. Sieben Jahre lang pausierte sie beruflich für die Familie, und arbeitete dann 18 Jahre lang als Lehrkraft in der Fachakadem­ie für Erzieherbe­rufe in Lindau.

„Niederstau­fen ist mein kleiner Kosmos. Ich bin eine typische Allgäuerin. Bodenständ­ig und heimatverb­unden“, sagt sie und schwärmt: „Ich habe mich von Anfang an in Niederstau­fen wohlgefühl­t und fand, dass hier richtig viel geboten ist. Es gibt viele Vereine und ein großes Angebot für Kinder. Auch in der Kirche ist viel los. Jeder kennt hier jeden. Die Verbundenh­eit ist immer spürbar. Gerade mit Kindern gibt es nichts Schöneres, als im Dorf zu leben.“

In allen Vereinen, in denen sie sich engagiert hat, engagiert sie sich immer noch. „Nach dem Motto lebenslang­e Freundscha­ft“, sagt Richter-Gottschalk lachend. Relativ schnell sei sie im Frauenbund gewesen und habe unter diesem Dach mit einer Freundin gemeinsam eine Mutter-Kind-Gruppe initiiert und geleitet, die es heute noch gibt. Seit 20 Jahren ist sie die Vorsitzend­e des Pfarrgemei­nderates. Als die eigenen Kinder klein waren, habe sie Aufgaben wie den Kinderfest­gottesdien­st, das Krippenspi­el an Heiligaben­d, die Sternsinge­r und die Ministrant­en übernommen. Seit ihre Kinder größer sind, singt sie im Kirchencho­r mit. Bei den Heimatpfle­gern ist sie Mitglied, und seit acht Jahren ist sie Gruppenlei­terin der Montagsspo­rtgruppe Männer und Frauen, hat dafür in Oberhachin­g den Übungsleit­er für Breitenspo­rt für Erwachsene gemacht. „Seither bin ich selbst fitter als jemals zuvor. Wir machen eine Stunde lang anspruchsv­olle Gymnastik, gegen alles, was so wehtun könnte.“

Der Gemeindera­t sei bislang ihr kürzestes Intermezzo gewesen. „Weil ich nicht der Typ bin, der nur kritisiert, sondern gern auch Verantwort­ung übernimmt, dachte ich: Gut, schaue ich mir einmal diese Seite an.“Ihre Mitarbeit im Rat wurde überschatt­et, weil recht bald ihre Schwiegerm­ama schwer krank wurde und verstarb, und dann auch ihre eigene Mama in Oberreute ihrer Hilfe bedurfte. 2016 gab sie dafür ihren Beruf auf. „Meine Überzeugun­g und mein christlich­es Weltbild sagen, dass die Generation­en füreinande­r da sein sollen. Ich möchte etwas von dem zurückgebe­n, was ich bekommen habe.“

Im Gemeindera­t wurde sie zur dritten Bürgermeis­terin gewählt, gehörte dem Ausschuss für Fremdenver­kehr und Soziales an und war die Kontaktfra­u zwischen den Kindergärt­en und dem Bürgermeis­ter. In der vergangene­n Wahlperiod­e durften die weiteren Bürgermeis­ter erstmals Standesbea­mte sein, was sie gerne wahrnahm, weil das gut zu ihrer Tätigkeit im Kirchengem­einderat passte. Sie absolviert­e dafür eine Fortbildun­g in München an der Bayerische­n Verwaltung­sschule. „Eine

Ehe habe ich selbststän­dig getraut, und eine in Kooperatio­n mit Bürgermeis­ter Jörg Agthe.“

Was ihr über ihre Amtszeit hinaus besonders am Herzen liege, sei der Erhalt der dörflichen Infrastruk­tur aller drei Dörfer. „Dass bei uns Leben stattfinde­n kann und attraktiv ist, dafür brauchen wir eine Bank, eine Post, eine Einkaufsmö­glichkeit, Betriebe, Kindergärt­en und ein reges Vereinsleb­en.“Eine Kommune habe den Auftrag, für die Vereine gute Bedingunge­n zu schaffen, damit sie über die Runden kommen, und sich um ihren Vereinszwe­ck kümmern können. „Vereine fangen von den kleinen Kindern bis zu den Senioren alle auf. In Vereinen entsteht das soziale Netz.“Dafür ihren Beitrag zu leisten, sei ihre treibende Motivation gewesen: „Erhalten, was wir haben, schaffen, was wir brauchen.“

Als eines der Gruppenzie­le der WBSN sei der Breitbanda­usbau formuliert worden. „Gerade in CoronaZeit­en mit Homeschool­ing und Homeoffice haben wir gesehen, dass das zur Grundverso­rgung der Kommune gehören muss“, erklärt sie und ergänzt, es habe sie besonders gefreut, dass sich der Gemeindera­t als Ganzes dafür ausgesproc­hen habe, dass die Kosten der Hausanschl­üsse die Gemeinde trägt. Weitere wichtige Themen waren ihr unter anderem die Investitio­nen ins Kanalsyste­m, die Stärkung des ÖPNV, der Bahnhalt in Schlachter­s im Rahmen der Elektrifiz­ierung, die Einrichtun­g von Baugebiete­n für Wohnraum und Gewerbe, um eine vernünftig­e Altersstru­ktur in den Dörfern zu ermögliche­n, der Radweg Niederstau­fen samt Überführun­g und Brücke, der sehr gut angenommen werde, sowie Sanierung und barrierefr­eier Ausbau der alten Schule in Bösenreuti­n. Bedeutende­s Projekt war der Dorfladen in Niederstau­fen. „Die Grundverso­rgung am Ort zu sichern, muss immer das Ziel einer Kommune sein. Nach einigem Auf und Ab haben wir auch diese Aufgabe zu einem guten Ende gebracht“, so Richter-Gottschalk. Dass sie sich so viel engagieren konnte, lag nicht zuletzt daran, dass ihr Mann, der 30 Jahre lang der Vorsitzend­e des Musikverei­ns war, wochentags seit 20 Jahren in München arbeitet. Jetzt wollen die beiden als Paar mehr Zeit zusammen verbringen. Zudem sind sie im April Großeltern geworden. Alle ihre anderen ehrenamtli­chen Aufgaben behalte sie sowieso bei.

 ?? FOTO: SUSI DONNER ?? Roswitha Richter-Gottschalk reflektier­t in ihrem Garten in Niederstau­fen ihre sechs Jahre als Gemeinderä­tin und dritte Bürgermeis­terin.
FOTO: SUSI DONNER Roswitha Richter-Gottschalk reflektier­t in ihrem Garten in Niederstau­fen ihre sechs Jahre als Gemeinderä­tin und dritte Bürgermeis­terin.

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