Lindauer Zeitung

Mehr Ertrag für harte Arbeit

Landwirte mit Ziegen und Schafen erhalten in Bayern künftig 30 Euro pro Tier und Jahr

- Von Bastian Hörmann

- Ziegen sind nicht unbedingt die Tiere, an die man als erstes in Zusammenha­ng mit dem Oberallgäu denkt. Doch auch, wenn es von ihnen nicht viele in der Region gibt, so sind sie für manche Bauern aufgrund ihrer Eigenschaf­ten doch das Tier der Wahl. Allerdings: Sie auf der Weide zu halten, bringt deutliche Nachteile mit sich. Das soll nun mit einer neuen Prämie des Freistaats ausgeglich­en werden. Die Ziegenbaue­rn freut’s.

Kleine Höfe mit wenig Flächen können mit Rinderhalt­ung nicht überleben, sagt Johannes Egger aus Kempten. Als er den elterliche­n Hof mit 13 Hektar Weiden vor fünf Jahren übernahm, sattelte er deshalb auf Ziegen um. Statt elf Kühen kann er mit seinen Flächen nun 110 Ziegen ernähren. Weil er deren Milch selbst verarbeite­t, verdient Egger genug für seine Familie.

Der Bioland-Landwirt lässt seine Ziegen auf der Weide grasen. „Außer dem Tierwohl gibt es dafür aber keinen Grund“, sagt Egger. Denn anders als Rinder seien Ziegen anfällig für Würmer, die sie sich auf den Weiden einfangen können. Diese sorgen dafür, dass die Ziegen langsamer wachsen und weniger Milch geben. Bei Schafen, für die es den neuen Zuschuss ebenfalls gibt, führe das sogar zum Tod der Tiere.

Die neue Prämie sieht Egger also als Signal, dass Weidehaltu­ng und damit Tierwohl vom Staat gewollt sind. „Bisher musste man sich zwischen Geld und Tierwohl entscheide­n.“Der Zuschuss gleiche die finanziell­en Nachteile aus. „Es gab viele Förderprog­ramme, bei denen man als kleiner Betrieb immer mehr den Mut verloren hat“, sagt Egger. „Jetzt geht es mal um Familienbe­triebe und das Tierwohl.“Seine Einschätzu­ng: Die Summe von 30 Euro pro Tier und Jahr könnte so manchen, der es noch nicht tut, bewegen, seine Tiere rauszulass­en.

Einer, der seine Ziegen von Beginn an auf die Weide schickt, ist Oli110 ver Post. Er hält im Kreuzthal 60 Muttertier­e. Das vornehmlic­he Ziel des Landwirts, hinter dem die Adelegg-Stiftung steht: Die Landschaft im Kreuzthal pflegen und freie Flächen erhalten. „Das ist viel Arbeit mit wenig Ertrag.“Auch Post verarbeite­t die Milch seiner Ziegen weiter. Auf diese Weise funktionie­re es wirtschaft­lich. Allerdings: „Es ist eng und geht sich gerade so aus.“Er selbst arbeite „weit unter Mindestloh­n“. „Da tut jeder Zuschuss gut.“Das zusätzlich­e Geld helfe ihm, Arbeitskrä­fte zu finden. Bislang könne er ihnen zu wenig bezahlen.

Hektar meist steiler Hänge halten Posts Ziegen frei von Gestrüpp. Das Naturschut­zprojekt gibt es seit fünf Jahren. Und Post nennt es „sehr erfolgreic­h“: „Die Artenvielf­alt hat deutlich zugenommen.“Beispielsw­eise habe sich der Bestand an „Neuntöter“-Vögeln teils verdreifac­ht. Die geschützte und bayernweit zurückgehe­nde Heilpflanz­e Arnika vermehre sich ebenfalls.

Laut dem Landwirtsc­haftsamt Pfaffenhof­en, das für Ziegen- und Schafhaltu­ng zuständig ist, gibt es im Oberallgäu etwa fünf Ziegenhöfe mit Milcherzeu­gung. 165 Betriebe haben im vergangene­n Jahr Zuschüsse für Schafe beantragt. Allerdings halten 150 von ihnen weniger als 25 Mutterscha­fe. 1000 bis 2000 Ziegen über einem Jahr gebe es im Kreis und 2115 Mutterscha­fe. Zum Vergleich: Im vergangene­n Jahr waren es 43 350 Kühe.

Laut dem Landwirtsc­haftsamt lassen sich Schafe leichter im Nebenerwer­b halten, da der Arbeitsauf­wand im Vergleich zu Ziegen geringer ist und es keine festen Melkzeiten gibt. Allerdings lässt sich mit ihnen auch weniger Geld verdienen. Die Haupteinna­hmen in der Schafhaltu­ng stammen demnach aus dem Verkauf

ANZEIGE von Lammfleisc­h. Die Preise würden allerdings stark von günstigen Importen beeinfluss­t.

Die Haltung von Milchziege­n ist laut Amt eine Marktnisch­e, die für manche Betriebe eine Alternativ­e darstellen könne. Es gebe allerdings nur sehr wenige Molkereien, die Ziegenmilc­h abnehmen. Laut der Allgäuer Supermarkt-Kette Feneberg, die Ziegenmilc­h-Produkte von drei Höfen in der Region vertreibt, handelt es sich um einen kleinen, aber wachsenden Markt. Produkte aus Ziegenmilc­h seien für manche Menschen verträglic­her als solche aus Kuhmilch.

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FOTO: RALF LIENERT Der Kemptener Landwirt Johannes Egger setzt auf Ziegen. Die Milch verarbeite­t er selbst. Als er den Hof von seinen Eltern übernahm, gab er die Rinderhalt­ung auf, weil er von ihr nicht hätte leben können.

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