84-Jährige muss elf Jahre ins Gefängnis
Landgericht Konstanz verurteilt Seniorin wegen Mordes und Brandstiftung mit Todesfolge
(bbb) - Eine 84 Jahre alte Frau aus Owingen-Billafingen muss wegen Mordes und Brandstiftung mit Todesfolge für elf Jahre ins Gefängnis. Das Landgericht Konstanz verurteilte sie am Freitag. Die Kammer sieht es als erwiesen an, dass die Frau am Vormittag des 17. Januar ihren Ex-Mann im gemeinsamen Haus zuerst mit einem Fleischerhammer auf den Kopf schlug. Als er ihr den Hammer abnahm und den Notruf wählte, übergoss sie ihn mit Benzin und zündete ihn an. Der 73-Jährige starb an den Folgen einer Rauchgasvergiftung und den schweren Verbrennungen. Die Feuerwehr konnte ihn nur noch tot bergen.
„Es war ein absolut grausamer Mord“, sagte Richter Arno Hornstein bei der Urteilsverkündung. Vor Gericht würden zwar viele schlimme Verbrechen behandelt, doch dies sei ein außergewöhnlicher Fall gewesen. Insbesondere der sechsminütige Mitschnitt des Notrufs, der als Beweismittel während der Verhandlung abgespielt worden war, sei auch für erfahrene Juristen nur sehr schwer erträglich gewesen. „Wir waren in den letzten Minuten seines Lebens dabei“, sagte er. „Es wäre gelogen, wenn das einen kalt ließe, sogar als Analyst auf der Richterbank.“
Nach Auffassung des Gerichts hatte das ehemalige Paar als Art Wohngemeinschaft in dem Haus, das später der Tatort wurde, gelebt. Er sei fürsorglich gewesen, habe die
Frau, die gemeinsame Tochter und die beiden Söhne der Ex-Frau unterstützt. Sie hingegen habe wenig beigetragen, weder emotional, noch finanziell. In den letzten Jahren sei das Zusammenleben aber durch Lieblosigkeit und wohl gegenseitige Beleidigungen sowie durch gesundheitliche Probleme beider belastet gewesen. Der 73-Jährige habe schon länger den Gedanken in sich getragen, das Haus zu verkaufen und nochmal neu anzufangen. Die Angeklagte sei aber für den Vorschlag, in ein Heim umzuziehen, nicht zugänglich gewesen. Für den Schlag mit dem Fleischerhammer auf den Kopf des Opfers sei eine Tötungsabsicht nicht zweifelsfrei nachzuweisen, sagte der Richter. Doch die sei spätestens in dem Moment gegeben, in dem sie ihren Ex-Mann mit Benzin übergoss und mit einem Streichholz ansteckte. Während die Angeklagte behauptet hatte, dass sie nicht den Mann, sondern nur das Haus anzünden wollte, geht das Gericht davon aus, dass die Angeklagte das Benzin gezielt auf ihn schüttete und dabei in direkter Tötungsabsicht handelte. „Er kam qualvoll zu Tode“, sagte Richter Hornstein. Man müsse davon ausgehen, dass er mehrere Minuten bei vollem Bewusstsein war.
Als strafmildernd bewertete das Gericht den psychischen Zustand der Frau bei der Tat, ihr Teilgeständnis und ihren gesundheitlichen Zustand. Die Tötungsabsicht sah das
Gericht als erwiesen an. Schwer wiege auch, dass sie mit dem Benzin ein gemeingefährliches Mittel für ihre Tat wählte. Trotz eingeschränkter Schuldfähigkeit sei sie in der Lage gewesen, die Gefahr, die davon ausgehe, richtig einzuschätzen. Ebenfalls schwerwiegend seien die Folgen der Tat für die Kinder.
Oberstaatsanwalt Ulrich Gerlach hatte zwölf Jahre Haft gefordert. Es sei unbestritten, dass die Verurteilte mit dem Mord und der Brandstiftung zwei schwere Verbrechensdelikte begangen habe und der Angriff auf das Leben tödlich ausgegangen sei. Er sah zwei Mordmerkmale als gegeben: Zum einen Grausamkeit, weil sie ein gemeingefährliches Mittel benutzt habe, um den Mann zu töten. Zum anderen gehe er von einer gefühllosen und unbarmherzigen Gesinnung der Frau aus. Das Motiv, dem Mann ein neues Leben nicht zu gönnen, befinde sich Grenzbereich der niedrigen Beweggründe.
Kristina Müller, Pflichtverteidigerin der 84-Jährigen, räumte ein, dass ihre Mandantin mit einer mehrjährigen Haftstrafe rechnen müsse. Dennoch forderte sie ein Strafmaß von deutlich unter zehn Jahren. Die zur Tatzeit 83 Jahre alte Frau sei aufgrund der Lebenssituation unter starkem psychischem Druck gestanden, habe unter gesundheitlichen Einschränkungen gelitten und habe keine konkrete Lebensperspektive gehabt, nachdem ihr Ex-Mann ihr mit dem Rauswurf aus dem Haus gedroht hatte. Sie habe nicht in er Absicht gehandelt, den Mann zu töten, sondern in einer Kurzschlussreaktion spontan gehandelt.
Die Angeklagte, die während der Verhandlung kaum ein Wort gesprochen hatte, hatte nach den Plädoyers das letzte Wort. „Ich wollte noch was sagen“, antwortete sie auf Richter Arno Hornsteins Frage. Ihr tue es leid, dass ihr Ex-Mann auf diese Weise ums Leben gekommen sei. „Es tut mir wirklich leid. Das wollte ich nicht“, sagte sie mit der brüchigen Stimme einer alten Frau. Richter Arno Hornstein erläuterte am Ende der
TRAUERANZEIGEN
Verhandlung, dass die Verurteilte mutmaßlich ihre Strafe nicht bis zum Schluss absitzen werde. Sie sei schwerhörig, sehe schlecht und erblinde zunehmend und außerdem schreite ihre Demenz fort. Gefängnisse seien aber nicht auf Pflegebedürftige eingestellt. Deshalb sei es wahrscheinlich, dass sie zu gegebener Zeit in eine Pflegeeinrichtung verlegt wird.
Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Pflichtverteidigerin Müller will zunächst zur Fristwahrung Revision einlegen und das weitere Vorgehen mit ihrer Mandantin besprechen.