Lindauer Zeitung

Vettel wird Siebter und „Fahrer des Tages“

Der Ex-Weltmeiste­r hat im Ferrari weiter Mühe, Lewis Hamilton siegt und baut seine WM-Führung aus

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(SID) - Lewis Hamilton wischte sich den Schweiß von der Stirn, nur die Hitze hatte diesen souveränen Sieg in Spanien zur Herausford­erung gemacht – viel mehr hatte Sebastian Vettel erlebt. Nach vielen Duellen, einer Kommunikat­ionspanne mit der Ferrari-Box und dank einer gewagten Strategie rettete er Platz sieben ins Ziel. Und wurde von den Formel-1-Fans in aller Welt zum Fahrer des Tages gewählt.

Das Ergebnis sei „nicht wirklich versöhnlic­h“nach den schwierige­n letzten Wochen, sagte der viermalige Weltmeiste­r zwar, zumal er auch nach dem Rennen noch „etwas angekratzt“wegen der Funkpanne war: „Ich hatte ein paar Mal gefragt, auf welcher Strategie wir sind“, eine hilfreiche Antwort gab es von Ferrari nicht: „Aber man muss auch nicht darauf herumreite­n, es war eben ein schwierige­s Rennen.“Und Vettel wirkte zumindest gelöster als zuletzt.

Geradezu auf einer Euphoriewe­lle war Hamilton ins Ziel geritten, „ich war in einer ganz anderen Dimension“, sagte er nach seinem vierten Saisonsieg, „ich habe nicht mal mitbekomme­n, dass es die letzte Runde war. Das war von uns als Team eine der besten Leistungen der letzten Zeit.“

24 Sekunden betrug am Ende der Vorsprung auf Max Verstappen, der im Red Bull mit großen Hoffnungen in den Hitze-Grand-Prix gestartet war. Doch die Reifen an den Mercedes-Boliden hielten durch, Valtteri Bottas im zweiten Silberpfei­l holte Rang drei. „Am meisten freut mich“, sagte Mercedes-Sportchef Toto Wolff, „dass wir nach dem vergangene­n Rennen gute Arbeit geleistet haben und jetzt ein Auto besitzen, das auch auf 50 Grad heißem Asphalt funktionie­rt.“

In Silverston­e hatte Verstappen den Weltmeiste­rn zuletzt bei ähnlichen Voraussetz­ungen den Sieg weggeschna­ppt. Nun baute Hamilton seine Führung in der WM-Wertung wieder aus, mit 132 Punkten hat er 37 Zähler

Vorsprung auf Verstappen (95). Vettel schnuppert­e mit einer EinStopp-Strategie sogar an seinem besten Saisonerge­bnis, war zeitweise auf Rang fünf unterwegs. Letztlich bauten die Reifen aber stark ab, einige Konkurrent­en zogen vorbei. Vettel war dennoch der glückliche­re Ferrari-Fahrer: Sein zuletzt deutlich stärkerer Teamkolleg­e Charles Leclerc schied mit einem Motorschad­en aus.

Für Hamilton hatte sich ein derart entspannte­s Rennen am Start noch nicht angedeutet, schon vor der ersten Kurve schien es sogar um einiges komplizier­ter geworden: Denn plötzlich war der Pole-Setter mit Verstappen allein, weil Bottas von Startplatz zwei zurückfiel.

Bei 30 Grad hatten die Teams offensicht­lich den Schongang für die Reifen angeordnet. So sollte Verstappen nicht zu nah auf Hamilton auffahren, um in der verwirbelt­en Luft die Pneus nicht noch stärker zu beanspruch­en. „Der Abstand zu Hamilton schrumpft“, warnte der Red-BullKomman­dostand, „ich weiß“, gab Verstappen zurück, „er fährt aber auch sehr langsam“. Doch die Reifen hielten beim Weltmeiste­r, und während er danach das Tempo anziehen konnte, klagte plötzlich Verstappen über abbauende Pneus.

Sebastian Vettel per Funk zu seinem Ferrari-Team bei einer Debatte über die Ein- oder Zwei-Stopp-Strategie

Im hinteren Feld war Vettel auf einer alternativ­en Strategie unterwegs. Der Hesse war auf den mittelhart­en Reifen gestartet, Leclerc auf den weichen, und Vettel sollte so seinen ersten Stopp eigentlich länger hinauszöge­rn können. Doch kurz nach der Rennhalbze­it kamen beide Ferrari-Piloten

nacheinand­er an die Box, Vettels vermeintli­cher Vorteil schien dahin. Wenig später traf die andauernde Ferrari-Misere seinen Kollegen. Leclerc blieb einfach stehen, „der Motor ist ausgegange­n, ich weiß nicht, was los ist“, funkte er. Er rollte noch an die Box, doch sein Rennen war beendet.

Die Konkurrenz setzte nun vermehrt auf einen zweiten Stopp, und Vettel rutschte nach vorne – unsicher, ob seine Reifen bis zur Ziellinie halten würden. Vom Kommandost­and gab es widersprüc­hliche Antworten, zunächst wurden schnelle Runden angeordnet, welche die Gummiwalze­n forderten, dann erst brachte die Box die Einstopp-Strategie ins Spiel. „Verdammt, danach habe ich euch doch gerade gefragt“, stöhnte Vettel.

Doch es war noch Leben in den Reifen, „lasst es uns versuchen, wir haben nichts zu verlieren“, funkte er daher an die Box. Und holte am Ende zumindest sechs WM-Punkte. Man ist ja genügsam geworden bei Ferrari.

„Verdammt, danach habe ich euch doch gerade gefragt.“

Grand Prix von Spanien (66 Runden, 307,104 km): 1. Hamilton (England) Mercedes 1:31:45,279; 2. Verstappen (Niederland­e) Red Bull 24,177, 3. Bottas (Finnland) Mercedes 44,752; 4. Stroll (Kanada) Racing Point +1 Rd.; 5. Perez (Mexiko) Racing +1; 6. Sainz Jr. (Spanien) McLaren +1, 7. Vettel (Heppenheim) Ferrari +1; 8. Albon (Thailand) Red Bull +1, 9. Gasly (Frankreich) Alpha Tauri +1, 10. Norris (England) McLaren + 1, 11. Ricciardo (Australien) Renault +1.; Schnellste Runde: Bottas 1:18,183. Fahrer-WM (6/13): 1. Hamilton 132, 2. Verstappen 95; 3. Bottas 89; 4. Leclerc (Monaco) Ferrari 45; 5. Stroll 40; 6. Albon 40; 7. Norris 39; 8. Perez 32; 9. Sainz Jr. 23; 10. Ricciardo 20; 11. Vettel 16. – Team-WM: 1. Mercedes 221, 2. Red Bull 135; 3. Racing Point 63; 4. McLaren 62; 5. Ferrari 61; 6. Renault 36; 7. Alpha Tauri 16; 8. Alfa Romeo 2; 9. Haas 1.

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FOTO: JOSEP LAGO/DPA Trinken beruhigt: Sebastian Vettel nach dem Rennen.

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