Lindauer Zeitung

Praktikum bei Böhmermann

Abiturient kritisiert Direktor, wird angezeigt – und entdeckt

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(dpa) - Das Abitur in Prerow ist bald sechs Wochen her. Aber seine kurze Rede bei der Abifeier, eine satirische „Danksagung“an den Direktor, bringt den 18-jährigen Fiete Korn ins Rampenlich­t. Weil der Direktor Anzeige wegen übler Nachrede erstattet hat, wurden Medien aufmerksam. Seither erreichten ihn viele Anfragen, erzählt Fiete Korn. „Das ist sicher auch dem Sommerloch geschuldet, aber ich freue mich darüber.“

Über eine Reaktion ganz besonders: Denn vom ZDF-Satiriker Jan Böhmermann kam das Angebot für ein „ausgedehnt­es Redaktions­praktikum in einer ZDF-Hauptprogr­ammSatires­endung von/mit Dr. Jan ,Gerald‘ Böhmermann“. „Ich werde das Angebot auf jeden Fall annehmen“, sagte Korn am Montag. Im Winter werde es losgehen. So hat Korn mit der Rede seinem künftigen Berufslebe­n womöglich einen ordentlich­en Kick verpasst. Eigentlich wollte er eine Ausbildung zum Tischler oder Kfz-Mechatroni­ker antreten und dann studieren. „Jetzt geht mein Interesse natürlich erstmal in Richtung Böhmermann und Medien.“Und verstanden hat er eines: „Je größer die Aufmerksam­keit ist, desto wahrschein­licher sind Veränderun­gen.“

Die scheinen notwendig zu sein. In seiner etwa zweiminüti­gen Rede am 11. Juli bedankte er sich beim Direktor für Schulverwe­ise anderer Schüler, für Einschücht­erungen oder das Überwachen von Schülern durch andere Schüler. Außerdem machte Korn auf die hohe Fluktuatio­n in der Lehrerscha­ft aufmerksam.

Vom Direktor selbst und der Trägergese­llschaft der Schule war bis Montagnach­mittag keine Stellungna­hme zu erhalten. Allerdings berichtete die „Bild“-Zeitung, dass der Direktor

die Schule verlasse. Im September oder Oktober werde ein „neuer, junger und stabiler Nachfolger“präsentier­t, wurde der Geschäftsf­ührer des Schulträge­rs Semper Bildungsak­ademie Dresden, Rüdiger Lorch, zitiert. „Ich kann mir vorstellen, dass mit einem neuem Rektor alles besser aussehen wird“, sagt Fiete Korn. Denn eines sei ihm wichtig: „Ich kritisiere nicht die Schule, sondern nur, wie der Direktor die Schule geführt hat.“Konzept, Lehrer und Lehrer-Schüler-Schlüssel seien gut.

Würde es sich um eine öffentlich­e Schule handeln, müsste eingeschri­tten werden, sagt ein Sprecher des Bildungsmi­nisteriums. „Freie Meinungsäu­ßerung ist ein hohes Gut, das an den Schulen nicht nur gelernt, sondern auch gelebt werden muss. Bei einem solchen Vorfall, muss man sich fragen, was an dieser Schule los ist.“Allerdings seien freie Schulen selbst verantwort­lich für ihr pädagogisc­hes Konzept. Das Ministeriu­m habe dann keine Fachaufsic­ht. „Wir haben von Schülern, Eltern und Lehrern gleichlaut­ende Berichte über die inneren Zustände an der Schule gehört“, sagt Prerows Bürgermeis­ter René Roloff. Allerdings stets mit dem Hinweis: „Halten Sie uns bloß raus, bitte keine Namen nennen.“

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FOTOS: HOPPE, SAUER/JEWEILS DPA Fiete Korn (li.), Abiturient, und Jan Böhmermann, TV-Entertaine­r: bald Kollegen?

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