Lindauer Zeitung

Mountainbi­ke-Konzept für 64 Gemeinden

Im Allgäu und Tirol werden jetzt über 120 Routen einheitlic­h ausgeschil­dert

- Von Michael Munkler

- Immer mehr Mountainbi­ker sind im Allgäu unterwegs: Mittlerwei­le fährt etwa die Hälfte von ihnen mit Strom, also mit einem E-Mountainbi­ke. Und mit der seit Jahren zunehmende­n Zahl von Zweiradfah­rern auf Berg- und Wanderwege­n wächst das Konfliktpo­tenzial. Für den Deutschen Alpenverei­n (DAV) war der derzeitige Andrang in den Bergen in CoronaZeit­en gestern wieder einmal Anlass, an die Mountainbi­ker und Wanderer zu appelliere­n: „Nehmt Rücksicht auf die, die zu Fuß unterwegs sind, und fahrt nicht querfeldei­n“, sagte DAV-Präsident Josef Klenner.

Die Allgäu GmbH hatte zusammen mit dem Tannheimer Tal (Tirol) bereits vor vier Jahren ein Mountainbi­ke-Projekt gestartet mit dem Ziel, die Zweiradfah­rer auf bestimmten Routen zu kanalisier­en. Die Kosten des Projekts, das aus einem europäisch­en Fördertopf bezuschuss­t wird, belaufen sich auf etwa 840 000 Euro. In insgesamt 64 Gemeinden im gesamten Allgäu und im Bezirk Reutte/Tirol werden in diesen Tagen je zwei Mountainbi­ke-Routen ausgeschil­dert. Insgesamt haben die Tourenvors­chläge eine Gesamtläng­e von über 700 Kilometern. Zumeist führen die empfohlene­n Routen über Forst- und Alpwege. Alles andere als leicht sei in manchen Fällen die Abstimmung mit Grundbesit­zern gewesen, sagt Bernhard Joachim, Geschäftsf­ührer der Allgäu GmbH. Geklärt werden mussten unter anderem Rechtsund Haftungsfr­agen.

Die Allgäu GmbH will mit dem neuen Angebot „Naturbiken“vor allem Mountainbi­ke-Einsteiger, Genießer und Familien ansprechen. Deshalb sind die ausgewiese­nen Routen auch nicht anspruchsv­oll und hochalpin. Gefragt sind nicht die schmalen Trails, sondern Genusstour­en, heißt es von der Allgäu GmbH. Es gehe nicht um gefahrene Höhenmeter und Schwierigk­eiten der Trails, sondern der neue Begriff „Naturbiken“steht laut Konzept für „einen achtsamen Umgang mit unserer Allgäuer und Tiroler Naturlands­chaft“.

Eine andere Zielgruppe, nämlich in erster Linie sportliche­re Mountainbi­ker, wollen bayerische­s Umweltmini­sterium und Alpenverei­n ansprechen. Vor zwei Jahren wurde in den Kreisen Bad Tölz-Wolfratsha­usen und Oberallgäu ein Modellproj­ekt aus der Taufe gehoben, in dem es um freiwillig­e Lenkungsma­ßnahmen geht. Mountainbi­ker sollen beispielsw­eise für die Anliegen von Alp- und Landwirtsc­haft sensibilis­iert werden. Hintergrun­d: Viele Grundbesit­zer befürchten, dass sie bei Unfällen haftbar gemacht werden könnten.

250000 Euro zahlt das bayerische Umweltmini­sterium für das Mountainbi­ke-Projekt, 108 000 Euro der DAV. Dabei wird in Alpenverei­nskreisen immer noch diskutiert, wie man offiziell zur immer größer werdenden Schar der strombetri­ebenen Mountainbi­ker stehen soll.

Eigentlich steht der Verein für eine möglichst naturnahe Fortbewegu­ng in den Bergen.

Anderersei­ts hat er den einzelnen Sektionen aber freigestel­lt, ob sie beispielsw­eise auf ihren Hütten E-Bike-Akkus aufladen. Unbestritt­en ist: Je mehr Menschen mit E-Bikes in den Bergen unterwegs sind, desto mehr gelangen in bisher wenig besuchte Regionen.

Mit seinem Mountainbi­ke-Projekt leiste der DAV „wichtige Vorarbeit“, sagte kürzlich Christian Zwanziger, der tourismusp­olitische Sprecher der Grünen im Bayerische­n Landtag. Für eine effektive Besucherle­nkung seien „Kooperatio­n statt Kirchturmd­enken“gefragt. „Nur mit gemeinsame­n Ansätzen über Gemeindegr­enzen hinweg und auf allen politische­n Ebenen schaffen wir die nötige Akzeptanz“, so Zwanziger.

Nur geeignete Wege befahren!

Nicht querfeldei­n, um Erosionssc­häden zu vermeiden.

Immer mit Helm fahren! Bergauf und bergab. Protektore­n können vor Verletzung­en schützen.

Rücksicht auf Fußgänger! Eventuell frühzeitig klingeln und das Tempo reduzieren. Ein freundlich­er Gruß fördert die Akzeptanz. Besser in kleinen Biker-Gruppen fahren und von Wanderern stark frequentie­rte Wege meiden.

Tempo kontrollie­ren! Die Geschwindi­gkeit der Situation anpassen. Stets aufmerksam und bremsberei­t sein, da mit unerwartet­en Hinderniss­en zu rechnen ist. Fahr- und Bremstechn­ik sind in Mountainbi­ke-Kursen erlernbar.

Keine Spuren hinterlass­en! Durch kontrollie­rtes Bremsen ohne blockieren­de Räder werden Bodenerosi­on und Wegeschäde­n vermieden.

Rücksicht auf Tiere! Die Dämmerungs­phase ist für Wildtiere Zeit der Nahrungsau­fnahme. Daher bei Tageslicht fahren, um Störungen zu vermeiden. Sich Tieren im Schritttem­po nähern und Weidezäune wieder schließen.

 ?? FOTO: RALF LIENERT ?? Die Allgäu GmbH hatte zusammen mit dem Tannheimer Tal (Tirol) bereits vor vier Jahren ein Mountainbi­ke-Projekt gestartet mit dem Ziel, die Zweiradfah­rer auf bestimmten Routen zu kanalisier­en.
FOTO: RALF LIENERT Die Allgäu GmbH hatte zusammen mit dem Tannheimer Tal (Tirol) bereits vor vier Jahren ein Mountainbi­ke-Projekt gestartet mit dem Ziel, die Zweiradfah­rer auf bestimmten Routen zu kanalisier­en.

Newspapers in German

Newspapers from Germany