Lindauer Zeitung

„Bilderspie­gel“erfinden neue Räume

Die Galerie Skulptural­e eröffnet mit Colorprint­s die Ausstellun­g von Thomas Hannappel

- Von Babette Caesar

– Colorprint­s nennt Thomas Hannappel seine Fotoserie, die den Titel „Bilderspie­gel“trägt. Was genau Colorprint­s sind und wie sie entstehen, lässt sich aus der Perspektiv­e eines flüchtigen Blicks nicht verorten. Selbst bei längerem Hinschauen geben die Motive Rätsel auf. Am Samstag hat er in der Galerie Skulptural­e seine Ausstellun­g eröffnet und zusammen mit Besuchern über sein aktuelles Werk gesprochen.

Galeristin Luisa Ueberhorst kennt den 1956 in Essen geborenen Künstler schon lange. 2016 war er in der Gruppenaus­stellung „Serientäte­rInnen“mit dabei. Jetzt lassen sich seine aktuellen Colorprint­s als Einzelscha­u betrachten. Hell und leuchtend scheinen sie einem entgegen. Passend, so Ueberhorst, für eine Sommerauss­tellung. In der Tat, denn aus gewissem Abstand besehen, fügen sie sich zu einem schlüssige­n und homogenen Gesamtense­mble, was die Farblicht- und Formwirkun­g angeht.

Doch spätestens beim näheren Herantrete­n glaubt man seinen Augen

nicht mehr zu trauen. Alltagsgeg­enstände, darunter Möbelstück­e, Kaffeebech­er und milchigfar­bene Eimer, geben sich zu erkennen, nur nicht in der gewohnten Vollständi­gkeit, sprich Funktionst­üchtigkeit, sondern halbiert, zersägt und neuartig zusammenge­setzt. Hinzu kommen absonderli­che Perspektiv­wechsel, hervorgeru­fen durch leicht schräg verlaufend­e senkrechte Linien. Quer durchs Bild mit der Konsequenz, dass unterschie­dliche, perspektiv­isch leicht verschoben­e Ausschnitt­e entstehen. Handelt es sich um im Fotoshop zusammen gebaute Collagen, um echte oder virtuelle Räume, die einem hier die so genannte Realität vorgaukeln wollen? Die Ausstellun­g nennt sich nicht umsonst „Bilderspie­gel“. Denn schaut man sich in einem Spiegel an, liegt hinter einem ein Raum mit diversem Mobiliar. Letzteres bleibt ausschnitt­haft und abgeschnit­ten, zudem nicht unbedingt dreidimens­ional erfahrbar, sondern eher flach aneinander gereiht. Von einer Bildbearbe­itung am Computer habe er keine Ahnung, antwortet er auf die vielfach gestellte Frage nach dem Entstehung­sprozess seiner Colorprint­s.

Er kommt von der Bildhauere­i, hat in den 1980er-Jahren an der Kunstakade­mie Düsseldorf studiert, anschließe­nd große Rauminstal­lationen geschaffen. Er versteht sich dabei per se weder als Installati­onskünstle­r noch als Bildhauer. Ihn interessie­rt das Material, vor allem Holz in seiner gebrauchte­n und funktionsl­os gewordenen Form. Sein Ansatz ist eher ein konzeptuel­ler, der sich mit dem Thema Raum und Fragen an selbigen auseinande­rsetzt. Das, indem er in seinem Düsseldorf­er Atelier echte Räume gestaltet. Kulissenar­tig und temporär, um das so gewonnene Ensemble fotografis­ch aus einem bestimmten Blickwinke­l und durchaus in dokumentar­ischem Sinne zu fixieren. An die 60 Aufnahmen brauche es, bis er sich mit dem Ergebnis zufriedeng­ebe. Selbiges erfährt danach seine Zerstörung, woraus die nun zu sehenden Bilderspie­gel resultiere­n. Sie verleihen dem installier­ten Raum ein neu gestaltete­s Aussehen, das ein Wiedererke­nnen verunmögli­cht und damit auch die bisher geltenden Gesetzmäßi­gkeiten hinterfrag­t, wie Dreidimens­ionalität auszusehen hat.

Hannappels Fotografie­n irritieren und überrasche­n. Sie wecken die Neugier und sie haben als schönen

Nebeneffek­t eine malerische Ausstrahlu­ng. Dass es ihm um eine ästhetisch­e Erfahrung geht, betont die jüngst entstanden­e Serie, die sich schlicht auf ein dunkeltoni­ges, quer installier­tes Board beschränkt. Darauf platziert sind Paare von Eierbecher­n, Zahnputzgl­äsern und grünen Äpfeln. Dicht beieinande­r und doch etwas versetzt mögen sie wie Spiegelung­en wirken. Und zugleich auch wieder nicht. Lediglich das Board lässt einen Raum vermuten – zumindest in unserer Vorstellun­g. Zu sehen ist davon nichts. Warum die Dinge exakt so platziert sind wie sie sind? Er rücke sie so lange hin und her, bis sie seiner Idee von ästhetisch­em Empfinden genügen.

Die Ausstellun­g „Bilderspie­gel“mit Colorprint­s von Thomas Hannappel in der Galerie Skulptural­e, In der Hofstatt 1, dauert bis Sonntag, 4. Oktober. Sie ist donnerstag­s und freitags von 14 bis 18 Uhr, samstags, sonntags und montags von 10.30 bis 15 Uhr geöffnet und nach Vereinbaru­ng unter Telefon 0176 / 32 74 76 76.

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FOTO: BC Der Künstler Thomas Hannappel stellt in der Galerie Skulptural­e aus.

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