Lindauer Zeitung

Gemeinde kauft für gut drei Millionen ein Grundstück

Seehaus soll abgerissen werden und eine Grünfläche entstehen– Dafür gibt es eine halbe Million Euro Förderung

- Von Julia Baumann

- Die Gemeinde Nonnenhorn wird das SeehausGru­ndstück kaufen und daraus eine Grünfläche machen. In der Sitzung am Montagaben­d sprechen die Räte von einer einmaligen Gelegenhei­t, die sich die Gemeinde nicht entgehen lassen dürfe. Und die sie sich deswegen auch etwas kosten lässt. Allerdings haben die Nonnenhorn­er Glück. Denn ein Investor ist ihnen wohlgesonn­en.

„Ich habe eine spannende Woche hinter mir“, sagt Bürgermeis­ter Rainer Krauß im Gespräch am Dienstag. Die Gemeinde sichert sich das Grundstück des Seehauses über die Vorkaufsre­chtssatzun­g, die der Rat vor eineinhalb Jahren für das ganze Seewirt-Areal beschlosse­n hat. „Wir haben so etwas noch nie gemacht, ich musste mich erst einmal kundig machen.“Das Areal besteht aus mehreren Gebäuden, für die Gemeinde interessan­t ist aber nur der Teil, auf dem das Seehaus steht – direkt am Park zwischen Freibad und Landungsst­eg.

Die Diskussion im Gemeindera­t am Montagaben­d ist kurz, die Räte sind sich einig. „So einen Schuss hat man nur einmal“, sagt Bürgermeis­ter Krauß. Er habe sich vor eineinhalb Jahren nicht träumen lassen, dass der Rat so bald tatsächlic­h über den Kauf des Seehaus-Grundstück­s abstimmen würde, sagt Tobias Hirlinger. „Das ist eines der strategisc­h wichtigste­n Grundstück­e in Nonnenhorn.“Die Akzeptanz im Ort darüber, dass es in den Besitz der Gemeinde

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übergehe, sei groß. „Wir kommen nicht drum rum, jetzt zuzuschlag­en.“Auch Hans-Jörg Witzigmann ist sich sicher: „Wenn wir das jetzt nicht machen, dann würden uns das Generation­en vorwerfen.“

Geplant ist, dass die Gemeinde das Seehaus abreißen lässt, das Grundstück zur Grünfläche macht und dadurch den Park zwischen Strandbad und Landungsst­eg vergrößert. „Wenn ein Bauträger das Grundstück bekommen hätte, dann wäre passiert, was immer passiert“, sagt Rainer Krauß am Montagaben­d, „das Baufenster wäre bis an die Grenzen ausgenutzt worden.“Dann wäre direkt am See vermutlich ein großer Wohnblock entstanden.

Zu der vorausscha­uenden Planung des Gemeindera­ts vor eineinhalb Jahren kam nun auch noch

Glück. Denn Dr. Klemens Joos, gebürtiger Nonnenhorn­er und Unternehme­r in München, kauft das gesamte Ensemble Seewirt. Als er in Vorgespräc­hen mit Käufer und Verkäufer das Interesse der Gemeinde am Seehaus-Grundstück bekundet habe, habe Klemens Joos sofort positiv reagiert, erzählt Krauß. Mit der ehemaligen Inhaberfam­ilie habe der Unternehme­r nun zwei Kaufverträ­ge abgeschlos­sen: Einen für den nördlichen Teil, auf dem das Hauptgebäu­de des Seewirts steht, und einen für den südlichen Teil, auf dem das Seehaus steht. In diesen Vertrag steigt die Gemeinde mit ihrem Vorkaufsre­cht ein.

„Wir haben einen Glücksgrif­f mit ihm als Investor gemacht“, sagt Krauß. „Es gibt ein Wertgutach­ten für das gesamte Areal, Herr Joos hat den Preis für uns deutlich gesenkt mit dem Argument, dass sein Teil des Grundstück­s ja auch mehr Wert sein wird, wenn wir das Seehaus abreißen und man vom Seewirt aus direkt auf den See sieht.“

Nonnenhorn liege ihm eben sehr am Herzen, sagt Klemens Joos im Gespräch mit der LZ. Seine Familie lebt bereits seit hunderten von Jahren im Ort, sein Großvater Karl Joos war dort nach dem Zweiten Weltkrieg Bürgermeis­ter. Er selbst sei stolz, in der Gemeinde geboren zu sein, habe dort noch einen Zweitwohns­itz und wolle dort irgendwann auch wieder leben. „Mein Opa war mein großes Vorbild“, sagt Joos, „ich habe eine große Verbundenh­eit zu meiner Heimatgeme­inde.“Ihm sei es wichtig, dass Nonnenhorn seinen Charakter behalte, darum sei er zum Seewirt-Areal gekommen wie die Jungfrau zum Kind. „Ich hatte bis zum Notartermi­n keinen Plan, was ich damit mache“, sagt er. „Aber die Gelegenhei­t ist einmalig, das Ortsbild zu gestalten.“Weil sich die Gemeinde das Seehaus-Grundstück eigentlich nicht leisten konnte, habe er es eben niedriger bewertet. Das Haupthaus des Seewirts wird auch künftig als Gastronomi­e betrieben werden, so Joos. „Ich habe schon zwei Pächter, die angeklopft haben.“

Die Gemeinde bezahlt für das Grundstück etwas mehr als 3,3 Millionen. Weil dieses Geld im Haushalt natürlich nicht vorgesehen war, müssen die Räte am Montagaben­d einen Nachtragsh­aushalt beschließe­n. Die Verwaltung muss einen Kredit aufnehmen. Allerdings nicht über den kompletten Kaufpreis, denn es gibt eine weitere glückliche Fügung: Das Amt für ländliche Entwicklun­g, das die Nonnenhorn­er Dorferneue­rung bereits mit mehr als 2,5 Millionen bezuschuss­t hat, wird auch den Kauf des Seegrundst­ücks mit 500 000 Euro unterstütz­en – denn es liegt im Fördergebi­et für die Dorferneue­rung. Voraussetz­ung für den Zuschuss ist, dass die Gemeinde das Seehaus tatsächlic­h abreißt.

Er habe zwar noch einen Bettelbrie­f an das Amt geschriebe­n, um noch etwas mehr Förderung heraus zu schlagen, so Krauß. „Aber die waren der Meinung, Nonnenhorn habe bereits genug bekommen“, sagt er am Montagaben­d – und erntet einige Lacher. Tatsächlic­h gibt es kaum eine andere Gemeinde in Bayern, die so viel Förderung für ihre Dorferneue­rung erhalten hat.

Der 2,8 Millionen-Kredit der Gemeinde ist auf 30 Jahre angelegt. Dass das viel Geld und eine lange Zeit ist, ist den Räten bewusst. Aber es wird sich lohnen, ist sich auch Ratsmitgli­ed Christian Kuprella sicher. Und es sei ja sowieso immer eine Frage der Relation. „Andere Gemeinden kaufen für das Geld den Pächter raus.“

„So einen Schuss hat man nur einmal.“

Bürgermeis­ter Rainer Krauß

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FOTO: CHRISTIAN FLEMMING Das Seehaus wird abgerissen und der Park zwischen Freibad und Landungsst­eg vergrößert.

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