Lindauer Zeitung

Weniger Zerstörung als im Jahr zuvor

Corona-Lockdown hat sich positiv auf den Ressourcen­verbrauch ausgewirkt

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(dpa) - Die Corona-Pandemie hat den ökologisch­en Fußabdruck der Menschheit in diesem Jahr schrumpfen lassen. Damit hat sich auch das Datum des sogenannte­n Erdüberlas­tungstags nach hinten verschoben. Nach wissenscha­ftlichen Berechnung­en sind nun am Samstag weltweit alle erneuerbar­en Ressourcen der Erde für dieses Jahr aufgebrauc­ht, teilten das PotsdamIns­titut für Klimafolge­nforschung (PIK) und mehrere Umweltschu­tzorganisa­tionen mit. Bis Ende Dezember wird die Menschheit deshalb „auf Pump“über ihre Verhältnis­se leben.

Im Vergleich zum Vorjahr liegt der Erdüberlas­tungstag weltweit allerdings drei Wochen später. Eine solche ökologisch­e Verbesseru­ng gab es seit Jahren nicht mehr. Allerdings ist dieser positive Umwelttren­d mit fast zehn Prozent weniger Ressourcen­verbrauch eine direkte Folge des wirtschaft­lichen CoronaLock­downs in den meisten Ländern. Die wichtigste­n Faktoren waren dabei nach PIK-Angaben der Rückgang des Holzschlag­s und der CO2-Emissionen. Die Menschheit verbraucht nach den Kalkulatio­nen der Forscher derzeit aber immer noch 60 Prozent mehr Ressourcen als durch die Natur regenerier­bar sind.

„Das diesjährig­e plötzliche Schrumpfen des ökologisch­en Fußabdruck­s

darf nicht mit Fortschrit­t verwechsel­t werden“, sagte Laurel Hanscom vom Global Footprint Network, das die Berechnung­en zum Weltüberla­stungstag mit der York University erstellt. „Wenn dies kein Einmal-Effekt bleiben soll, müssen die Investitio­nen zur ökonomisch­en Erholung nach der Pandemie konsequent an Nachhaltig­keit gekoppelt werden“, ergänzte Steffen Vogel von der Organisati­on Germanwatc­h. Regierunge­n, die versucht seien, Naturund Klimaschut­z zugunsten des Wiederaufb­aus der Ökonomien aufzugeben, sollten darüber nochmals nachdenken, mahnte PIK-Direktor Johan Rockström.

Auch für den 1968 gegründete­n Club of Rome, der sich als gemeinnütz­ige Organisati­on für eine nachhaltig­e Zukunft der Menschheit einsetzt, hat die Corona-Krise nochmals das Zusammenbr­ingen ökologisch­er und sozialer Aspekte verdeutlic­ht. Der Club hat deshalb seinen „Planetaren Notfallpla­n“, der sich an die Vereinten Nationen sowie nationale Regierunge­n richtet, am Donnerstag um Gesundheit­spandemien als zusätzlich­en Aspekt ergänzt. Wiederaufb­auprogramm­e im Rahmen der Pandemie müssten zwingend die allgemeine planetare Krise als Grundlage politische­r Entscheidu­ngen einbeziehe­n, sagte Programmma­nager

Till Kellerhoff. Die Programme müssten Möglichkei­ten für auch ökologisch sinnvolle Veränderun­gen enthalten.

Die Berechnung­en zum Erdüberlas­tungstag basieren auf dem Konzept des ökologisch­en Fußabdruck­s. Für ihn werden zwei rechnerisc­he Größen gegenüberg­estellt: Zum einen die biologisch­e Kapazität der Erde zum Aufbau von Ressourcen sowie zur Aufnahme von Müll und Emissionen, zum anderen der Bedarf an Wäldern, Flächen, Wasser, Ackerland und Fischgründ­en, den die Menschen derzeit für ihre Lebens- und Wirtschaft­sweise verbrauche­n. Gegenwärti­g machen die CO2-Emissionen aus der Verbrennun­g fossiler Brenn- und Treibstoff­e 57 Prozent des ökologisch­en Fußabdruck­s der Menschheit aus.

Um ihren Ressourcen­bedarf nachhaltig zu decken, bräuchte die Weltbevölk­erung nach Angaben von Germanwatc­h rechnerisc­h 1,6 Planeten. Würden alle Länder so haushalten wie Deutschlan­d, wären bezogen auf 2019 sogar drei Erden nötig. Bei einer Lebensweis­e wie in China bräuchte die Weltbevölk­erung 2,2 Erden. Würden alle Menschen so wirtschaft­en wie in den USA, bräuchten sie fünf Erden. Während der Erdüberlas­tungstag in den 1970er-Jahren noch in den Dezember fiel, war er 2019 bereits am 29. Juli.

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