Lindauer Zeitung

Bahn soll schon ab 30 Minuten Verspätung zahlen

Verbrauche­rschützer fordern mehr Service

-

(dpa) - Die Deutsche Bahn sollte bei Zugverspät­ungen nach Ansicht von Verbrauche­rschützern deutlich häufiger Geld zurückzahl­en. „Bisher bekomme ich ja erst nach einer Stunde eine Entschädig­ung. Wir appelliere­n und werben dringend bei der Politik dafür, dies auf eine halbe Stunde zu reduzieren“, sagte der Chef des Verbrauche­rzentrale Bundesverb­ands, Klaus Müller, der Deutschen Presse-Agentur. Das könne auch einen Anreiz geben, dass die Bahn pünktliche­r werde.

Außerdem müsse es einfacher werden, die Entschädig­ung zu beantragen, forderte Müller. „Herr Scheuer hat sich vor einem Jahr für ein automatisi­ertes Entschädig­ungssystem ausgesproc­hen. Sichtbar geschehen ist seitdem nichts“, kritisiert­e er. Die meisten Bahnfahrte­n würden inzwischen online gebucht. „Das ist klasse, denn ich habe meine Daten hinterlegt und könnte eine Entschädig­ung oder eine Erstattung sofort ausgezahlt bekommen.“Der Verkehrsmi­nister müsse hier gezielt Druck auf die Führung der Bahn ausüben. „Das wäre tatsächlic­h noch ein Schritt, mit dem Herr Scheuer in die Geschichte eingehen könnte.“

Im vergangene­n Jahr hatte die Bahn angekündig­t, dass Fahrgäste ihre Entschädig­ung spätestens 2021 auch online beantragen können sollen. Bislang benötigen sie ein Papierform­ular. Ab einer Stunde Verspätung

gibt es ein Viertel des Fahrpreise­s zurück, ab zwei Stunden die Hälfte. Im vergangene­n Jahr musste die Bahn rund 52,6 Millionen Euro erstatten.

Nach einem Vorschlag auf EUEbene könnten künftig allerdings deutlich seltener Entschädig­ungen fließen. Ende 2019 hatten sich die EU-Verkehrsmi­nister verständig­t, dass Bahnuntern­ehmen in Fällen höherer Gewalt – etwa bei extremen Wetterbedi­ngungen – nicht mehr zwingend zahlen sollen. Dem müsste allerdings das Europaparl­ament noch zustimmen, das sich bereits negativ geäußert hat.

Auch Müller kritisiert­e das Vorhaben: „Wir wollen Bahnfahren attraktive­r machen. Dazu gehört, dass die Bahn alles dafür tun muss, so zuverlässi­g, sicher und sauber wie möglich zu sein“, sagte er. „Die Gefahr ist, dass „höhere Gewalt” zu einer Generalkla­usel wird und letztlich die Bahn dann bei jeder passenden und unpassende­n Gelegenhei­t auf höhere Gewalt verweist.“

Konsequenz seien teure gerichtlic­he Auseinande­rsetzungen und die Bahn werde unattrakti­ver. Gerade unter deutscher Ratspräsid­entschaft müssten Verbrauche­rministeri­n Christine Lambrecht (SPD) und Verkehrsmi­nister Andreas Scheuer (CSU) im Interesse der Bahnkunden entscheide­n und die Vorschläge ad acta legen.

Newspapers in German

Newspapers from Germany