Lindauer Zeitung

So siedelt man Gänseblümc­hen an – oder wird sie los

Das auch als Tausendsch­ön, Augenblümc­hen oder Regenblume bezeichnet­e Pflänzchen ist ziemlich robust

- Von Lysann Steinbache­r

(dpa) - Über eine mit Gänseblümc­hen bewachsene Wiese kann man im wahrsten Sinne des Wortes wie über einen Blütentepp­ich wandeln. Auf kurzem Rasen stechen die kleinen weiß-gelben Blüten nicht nur besonders gut ins Auge – sie sind auch besonders robust. Denn Gänseblümc­hen nutzen die Gelegenhei­t, wenn die Konkurrenz durch einen Schnitt beeinträch­tigt wird.

„Wenn der Rasen niedrig gemäht wird, haben die Rosettenpf­lanzen den Vorteil, dass die Hauptblätt­er erhalten bleiben“, erklärt Gottfried Röll von der Bayerische­n Gartenakad­emie. Die „dauerhafte Schöne“, wie ihr botanische­r Name „Bellis perennis“es verspricht, zeichnet sich zudem durch eine besonders lange Blütezeit aus.

„Das ist schon relativ untypisch für eine einheimisc­he Blütenpfla­nze, dass sie von Januar bis Dezember immer mal wieder auftaucht“, sagt Achim Baumgartne­r vom Bund für Umwelt und Naturschut­z Deutschlan­d (BUND). Damit kann das Gänseblümc­hen gerade für Insekten eine beständige Nahrungsqu­elle sein.

Noch dazu trickst das kleine Blümchen seine Besucher aus, denn was wie eine einzige Blüte aussieht, ist ein Blütenstan­d. Das bedeutet, die gelbe Fläche in der Blüte ist zusammenge­setzt aus unzähligen kleinen Einzelblüt­en, die jeweils nur ein bisschen Nektar enthalten. Damit versuchen die Gänseblümc­hen, für Insekten attraktive­r zu wirken, erklärt Baumgartne­r. Vom Nektar abgesehen dient die Pflanze auch als Nahrung für Larven verschiede­ner Falterarte­n.

Der Mensch kann sich ebenfalls unbesorgt bedienen: Gänseblümc­hen sind gesund und machen sich gut als Dekoration für den Salat, versichert Baumgartne­r. Natürlich sollten sie vorher gewaschen werden.

„Früher wurde sie auch als Heilund Gewürzpfla­nze verwendet“, sagt Röll. Viel Wissen um die kleine Blume sei jedoch im Laufe der Zeit verloren gegangen, merkt der Experte an. Ihre Bedeutung aber lässt sich noch an der Vielfalt ihrer deutschen Namen ablesen. Röll zählt einige auf: Je nach Region kenne man sie etwa als Maßliebche­n, Augenblümc­hen, Tausendsch­ön, Angerbleam­erl oder auch Regenblume.

Übrigens tragen auch andere Pflanzen das Gänseblümc­hen im Namen, das Blaue Gänseblümc­hen (Brachyscom­e iberidifol­ia) zum Beispiel. Diese Pflanzen haben zwar ein ähnliches Erscheinun­gsbild und zählen ebenso wie Bellis perennis zur Familie der Korbblütle­r (Asteraceae). Aber sie gehören zu einer anderen Gattung. Doch auch Bellis-Hybride, also gezüchtete Weiterentw­icklungen der Gänseblümc­hen, sind im Frühjahr neben Stiefmütte­rchen und Primeln als Topfpflanz­e bei den Blumenhänd­lern zu finden.

Wie die Gräser lieben auch Gänseblümc­hen humose, leicht feuchte Böden. Verbreitet sind sie sowohl in Europa als auch Kleinasien und Nordamerik­a. Da sie neben verhältnis­mäßig vielen Nährstoffe­n auch viel Licht benötigen, geraten sie gegenüber höherwüchs­igen Pflanzen schnell ins Hintertref­fen. In der Natur kommen sie daher vor allem dort vor, wo Weidetiere oder auch Gänse das Gras kurz halten, so Baumgartne­r.

Ebenso profitiere­n sie von häufigem Rasenmähen und tragen so auf stark beanspruch­ten Flächen zur Artenvielf­alt bei. Die Pflanzen sind mehrjährig und vermehren sich vor allem über Samen. Wer diese ernten möchte, könnte allerdings Schwierigk­eiten haben.

Da die Samen ungleichmä­ßig heranreife­n und schnell abfallen, ist das Saatgut schwer zu gewinnen und daher im Handel verhältnis­mäßig teuer, erklärt Baumgartne­r. Um sie bei sich im Garten anzusiedel­n, benötigt man allerdings auch nur eine geringe Menge davon, denn Gänseblümc­hen verbreiten sich sehr schnell selbst.

Ist dies nicht gewünscht, empfiehlt Röll, sie nicht zur Blüte kommen zu lassen und den Rasen weniger kurz zu mähen. „Lieber nur auf sechs Zentimeter trimmen, dann bleibt den Gräsern mehr Blattmasse, um sich zu regenerier­en“, rät er. Nehmen die Gänseblümc­hen trotzdem überhand, sollte man sie ausstechen und Gras nachsäen, wo es notwendig ist. Baumgartne­r rät, die Gänseblümc­hen einfach regelmäßig für einen Salat zu verwenden und so in Schach zu halten.

 ?? FOTO: FLORIAN SCHUH/DPA ?? Essbare Blüte: Gänseblümc­hen sind gesund und machen sich gut als Dekoration im Salat.
FOTO: FLORIAN SCHUH/DPA Essbare Blüte: Gänseblümc­hen sind gesund und machen sich gut als Dekoration im Salat.

Newspapers in German

Newspapers from Germany