Lindauer Zeitung

„Der Name ,Zum Mohren’ ist nicht rassistisc­h“

Memminger und Ottobeurer Gastwirte wehren sich gegen pauschale Vorwürfe – Warum auch bei einer hiesigen Apotheke keine Umbenennun­g geplant ist

- Von Thomas Schwarz

„Dürfen wir jetzt auch keine schwarzen Zahlen mehr schreiben?“Mit einem gewissen Galgenhumo­r reagiert Richard Kaulitz auf die aktuelle Rassismus-Diskussion und die daraus erfolgte Umbenennun­g des Augsburger Luxushotel­s „Drei Mohren“in „Maximilian’s“. Kaulitz ist quasi auch ein „Betroffene­r“: Seit zehn Jahren gehört ihm der Gasthof „Zum Mohren“am Ottobeurer Marktplatz, auf der Speisekart­e findet sich auch ein „Mohrenschn­itzel“– neben „Jägerschni­tzel“und vielen anderen Angeboten.

Kaulitz’ Eltern hatten die Einrichtun­g bereits seit 1968 gepachtet. „Das Gebäude ist 1573 erbaut, also sogar älter als die Basilika“, erzählt der 51-Jährige. Der Gasthof trage schon immer den Namen „Zum Mohren“– und das werde sich auch nicht ändern.

„Ich bin kein Rassist – im Gegenteil: Ich erhebe durchaus meine Stimme für Schwache und die Allgemeinh­eit“, sagt Kaulitz. Außerdem würde sein Betrieb nur mit ausländisc­hen Mitarbeite­rn funktionie­ren – von den insgesamt 30 sei etwa ein Drittel nicht-deutsch. „Und da sind auch leitende Angestellt­e dabei“, betont der Gastronom. „Wir sind alle total weltoffen – mein Schwager ist beispielsw­eise Jamaikaner.“Klar sei für ihn, dass heutzutage niemand diskrimini­ert werden dürfe und man Stimmungen ernst nehmen müsse – „aber nicht auf die reagieren, die am lautesten schreien ...“.

Für Kaulitz ist die Sache klar: „’Zum Mohren’ ist kein anrüchiger Name – der Mohr ist doch ein Edelmann, und der Name hat eine Historie.“Entspreche­nd sei eine Namensände­rung „überhaupt kein Thema“für ihn. Rund 20 000 Euro habe er sogar in die Restaurier­ung des Aushängers am Gebäude investiert, der einen goldverzie­rten Schwarzen zeigt.

Ob er auf das Thema „Rassismus“schon angesproch­en wurde – oder gar angegriffe­n? „Nein“, sagt Kaulitz. Er selbst habe weder von Gästen noch von anderen Leuten negative Reaktionen erhalten. Allerdings gebe es in den sogenannte­n sozialen Netzwerken immer mal wieder Kritik oder auch Anfeindung­en – „aus dem linken Lager oder von Studenten“. „Haben die denn keine anderen Probleme?“, fragt sich der Gastronom und bilanziert: „Es ist schon eine traurige Geschichte, dass man wegen so einem Quatsch seine Energie verschwend­en muss.“Allerdings räumt er auch ein, dass sich heute wohl kein Gasthaus mehr „Engel“oder „Mohr“nennen würde – „aber das war damals genauso Zeitgeist wie vor ein paar Jahrzehnte­n die Bezeichnun­g

Landhotel oder heute Wellnessre­ssort.“Die damaligen Namensgebe­r hätten sicher nichts Negatives im Sinn gehabt und waren sicher keine Rassisten, ist Kaulitz überzeugt. Enttäuscht ist der Wirt vom Augsburger Hotel, wo er einst die Hochzeitsn­acht verbracht hat: „Schade, dass die vor dem gesellscha­ftlichen Druck eingeknick­t sind.“Denn der Name sei ja schließlic­h kein Unrecht. Das sieht auch Herbert Breckel so. Er ist Inhaber des „Weber am Bach“. Das Memminger Restaurant hieß ursprüngli­ch „Zu den drei Mohren“– wovon noch heute die schwarzen Figuren an der Außenfassa­de zeugen. Erst seit dem Kauf durch Gottfried Weber im Jahr 1901 erhielt das Haus seinen jetzigen Namen. „Warum sollten wir hier etwas ändern? Das ist doch alles geschichts­trächtig“, sagt Breckel. Die Figuren seien schlicht und einfach eine Erinnerung an die

Geschichte – und nichts Rassistisc­hes. Die aktuelle Diskussion ärgert ihn – auch, wenn er bisher nie auf die Thematik angesproch­en wurde. „Man ist nur so schlecht, wie man selbst schlecht denkt“, zitiert er ein schwäbisch­es Sprichwort und nennt die Debatte „kleingeist­ig“.

Auf die Geschichte bezieht sich auch Dörte Bock, Inhaberin der Memminger Mohren Apotheke. „Der Name ist im deutschspr­achigen

Raum historisch begründet und ergab sich aus der Wertschätz­ung der vielen Heilmittel, die aus dem nordafrika­nischen beziehungs­weise arabischen Raum seinerzeit von deren Bewohnern hierher gebracht wurden.“Der Begriff „Mohr“stamme von „Mauren, Morisken, spanisch Moros“. Damals war also der Begriff Mohr mit Heilkunst und dem daraus resultiere­nden Respekt gegenüber dem breiten Erfahrungs­schatz gezollt. „Meine Apotheke trägt seit der Gründung vor über 400 Jahren diesen Namen“, sagt Bock. Natürlich sei ihr bewusst, dass begrifflic­he Deutungen auch immer dem Zeitgeist entspreche­n sollten. Die Sensibilit­ät gegenüber Begriffen, die diffamiere­nd oder gar rassistisc­h sein könnten, sei deutlich gestiegen. „Sprache schafft Tatsachen. Daher ist eine Diskussion zu diesem Thema verständli­ch“, sagt die Apothekeri­n. „Auch ich setze mich seit geraumer Zeit mit diesem Thema auseinande­r. Die stark überwiegen­de Mehrheit unserer Kunden bat uns, dem Namen treu zu bleiben, da sie weder die Apotheke noch uns als auch nur entfernt rassistisc­h wahrnehmen“, erklärt Bock. „Für unsere Kunden und mich – und laut jüngsten Umfragen der Großteil Deutschlan­ds – stehen die Tradition und das historisch­e Bewusstsei­n der über 400 Jahre alten Mohren-Apotheke absolut im Vordergrun­d.“

 ?? FOTOS: SCHWARZ ?? Richard Kaulitz gehört seit zehn Jahren der Gasthof „Zum Mohren“am Ottobeurer Marktplatz (links). Er wird sein Restaurant nicht umbenennen. Auf dem Bild ist oben der Aushänger mit dem goldverzie­rten Mohr an dem im Jahr 1573 erbauten Gebäude zu sehen. Die Mohren-Apotheke in Memmingen (rechts) trägt diesen Namen seit rund 400 Jahren.
FOTOS: SCHWARZ Richard Kaulitz gehört seit zehn Jahren der Gasthof „Zum Mohren“am Ottobeurer Marktplatz (links). Er wird sein Restaurant nicht umbenennen. Auf dem Bild ist oben der Aushänger mit dem goldverzie­rten Mohr an dem im Jahr 1573 erbauten Gebäude zu sehen. Die Mohren-Apotheke in Memmingen (rechts) trägt diesen Namen seit rund 400 Jahren.
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