„Der Name ,Zum Mohren’ ist nicht rassistisch“
Memminger und Ottobeurer Gastwirte wehren sich gegen pauschale Vorwürfe – Warum auch bei einer hiesigen Apotheke keine Umbenennung geplant ist
„Dürfen wir jetzt auch keine schwarzen Zahlen mehr schreiben?“Mit einem gewissen Galgenhumor reagiert Richard Kaulitz auf die aktuelle Rassismus-Diskussion und die daraus erfolgte Umbenennung des Augsburger Luxushotels „Drei Mohren“in „Maximilian’s“. Kaulitz ist quasi auch ein „Betroffener“: Seit zehn Jahren gehört ihm der Gasthof „Zum Mohren“am Ottobeurer Marktplatz, auf der Speisekarte findet sich auch ein „Mohrenschnitzel“– neben „Jägerschnitzel“und vielen anderen Angeboten.
Kaulitz’ Eltern hatten die Einrichtung bereits seit 1968 gepachtet. „Das Gebäude ist 1573 erbaut, also sogar älter als die Basilika“, erzählt der 51-Jährige. Der Gasthof trage schon immer den Namen „Zum Mohren“– und das werde sich auch nicht ändern.
„Ich bin kein Rassist – im Gegenteil: Ich erhebe durchaus meine Stimme für Schwache und die Allgemeinheit“, sagt Kaulitz. Außerdem würde sein Betrieb nur mit ausländischen Mitarbeitern funktionieren – von den insgesamt 30 sei etwa ein Drittel nicht-deutsch. „Und da sind auch leitende Angestellte dabei“, betont der Gastronom. „Wir sind alle total weltoffen – mein Schwager ist beispielsweise Jamaikaner.“Klar sei für ihn, dass heutzutage niemand diskriminiert werden dürfe und man Stimmungen ernst nehmen müsse – „aber nicht auf die reagieren, die am lautesten schreien ...“.
Für Kaulitz ist die Sache klar: „’Zum Mohren’ ist kein anrüchiger Name – der Mohr ist doch ein Edelmann, und der Name hat eine Historie.“Entsprechend sei eine Namensänderung „überhaupt kein Thema“für ihn. Rund 20 000 Euro habe er sogar in die Restaurierung des Aushängers am Gebäude investiert, der einen goldverzierten Schwarzen zeigt.
Ob er auf das Thema „Rassismus“schon angesprochen wurde – oder gar angegriffen? „Nein“, sagt Kaulitz. Er selbst habe weder von Gästen noch von anderen Leuten negative Reaktionen erhalten. Allerdings gebe es in den sogenannten sozialen Netzwerken immer mal wieder Kritik oder auch Anfeindungen – „aus dem linken Lager oder von Studenten“. „Haben die denn keine anderen Probleme?“, fragt sich der Gastronom und bilanziert: „Es ist schon eine traurige Geschichte, dass man wegen so einem Quatsch seine Energie verschwenden muss.“Allerdings räumt er auch ein, dass sich heute wohl kein Gasthaus mehr „Engel“oder „Mohr“nennen würde – „aber das war damals genauso Zeitgeist wie vor ein paar Jahrzehnten die Bezeichnung
Landhotel oder heute Wellnessressort.“Die damaligen Namensgeber hätten sicher nichts Negatives im Sinn gehabt und waren sicher keine Rassisten, ist Kaulitz überzeugt. Enttäuscht ist der Wirt vom Augsburger Hotel, wo er einst die Hochzeitsnacht verbracht hat: „Schade, dass die vor dem gesellschaftlichen Druck eingeknickt sind.“Denn der Name sei ja schließlich kein Unrecht. Das sieht auch Herbert Breckel so. Er ist Inhaber des „Weber am Bach“. Das Memminger Restaurant hieß ursprünglich „Zu den drei Mohren“– wovon noch heute die schwarzen Figuren an der Außenfassade zeugen. Erst seit dem Kauf durch Gottfried Weber im Jahr 1901 erhielt das Haus seinen jetzigen Namen. „Warum sollten wir hier etwas ändern? Das ist doch alles geschichtsträchtig“, sagt Breckel. Die Figuren seien schlicht und einfach eine Erinnerung an die
Geschichte – und nichts Rassistisches. Die aktuelle Diskussion ärgert ihn – auch, wenn er bisher nie auf die Thematik angesprochen wurde. „Man ist nur so schlecht, wie man selbst schlecht denkt“, zitiert er ein schwäbisches Sprichwort und nennt die Debatte „kleingeistig“.
Auf die Geschichte bezieht sich auch Dörte Bock, Inhaberin der Memminger Mohren Apotheke. „Der Name ist im deutschsprachigen
Raum historisch begründet und ergab sich aus der Wertschätzung der vielen Heilmittel, die aus dem nordafrikanischen beziehungsweise arabischen Raum seinerzeit von deren Bewohnern hierher gebracht wurden.“Der Begriff „Mohr“stamme von „Mauren, Morisken, spanisch Moros“. Damals war also der Begriff Mohr mit Heilkunst und dem daraus resultierenden Respekt gegenüber dem breiten Erfahrungsschatz gezollt. „Meine Apotheke trägt seit der Gründung vor über 400 Jahren diesen Namen“, sagt Bock. Natürlich sei ihr bewusst, dass begriffliche Deutungen auch immer dem Zeitgeist entsprechen sollten. Die Sensibilität gegenüber Begriffen, die diffamierend oder gar rassistisch sein könnten, sei deutlich gestiegen. „Sprache schafft Tatsachen. Daher ist eine Diskussion zu diesem Thema verständlich“, sagt die Apothekerin. „Auch ich setze mich seit geraumer Zeit mit diesem Thema auseinander. Die stark überwiegende Mehrheit unserer Kunden bat uns, dem Namen treu zu bleiben, da sie weder die Apotheke noch uns als auch nur entfernt rassistisch wahrnehmen“, erklärt Bock. „Für unsere Kunden und mich – und laut jüngsten Umfragen der Großteil Deutschlands – stehen die Tradition und das historische Bewusstsein der über 400 Jahre alten Mohren-Apotheke absolut im Vordergrund.“