Blatter rügt die FIFA-Ethiker
(dpa/SID) - Sepp Blatter hat die Einstellung einer Voruntersuchung gegen FIFA-Präsident Gianni Infantino durch die Ethikhüter des Fußball-Weltverbands scharf kritisiert. „Mich überrascht nichts mehr“, sagte der frühere FIFA-Chef Blatter. „Die Kontrollorgane der FIFA sind unter Gianni Infantino nicht mehr unabhängig.“Die FIFA hatte mitgeteilt, dass Infantino trotz schwerwiegender Vorwürfe und eines laufenden Strafverfahrens von der hauseigenen Ethikkommission nicht sanktioniert wird. Chefermittlerin María Claudia Rojas habe im Mai zwar eine Voruntersuchung gegen den 50-Jährigen eingeleitet. „Nach Prüfung der maßgebenden Unterlagen und Beweise“sei aber beschlossen worden, „das Verfahren wegen mangelnder glaubhafter Beweise“einzustellen.
Die Ethikkommission untersuchte „verschiedene behauptete Verstöße“, vor allem aber die Buchung eines Charterfluges von Suriname nach Genf sowie die geheimen Treffen von Infantino mit dem Leiter der Bundesanwaltschaft, Michael Lauber. Wegen der Treffen hatte die Schweizer Staatsanwaltschaft Ende Juli ein Strafverfahren gegen Infantino eröffnet. Eine Frage bleibe im Raum, so Blatter. „Was passiert mit Infantinos Lüge zum Surinam-Rückflug? Er schob damals ein Treffen mit UEFA-Präsident (Alexander) Ceferin in der Schweiz vor – obwohl dieser davon nichts wusste und in Armenien weilte.“
Über den Flug hatte die „Süddeutsche Zeitung“berichtet: Infantino habe einen Privatflieger genutzt, um aus Südamerika in die Schweiz zurückzureisen. Gegenüber dem ComplianceChef des Weltverbands, Tomaz Vesel habe er die Kosten im sechsstelligen Bereich mit Terminen am Folgetag gerechtfertigt, die es laut „SZ“-Bericht aber zum Teil nie gab. Die FIFA hatte alle Vorwürfe zurückgewiesen.
Auch Sportrechtler Michael Lehner ist von der Ethikkommission enttäuscht. „Ich sehe weiter die Mechanismen, dass Dinge nicht ordentlich aufgeklärt werden – weil niemand Interesse daran hat“, sagte der Heidelberger Jurist: „Bei der FIFA sind Dinge möglich, die woanders nicht möglich sind. Wer will es ändern?“