Keine Lust auf die WM in Ägypten und Spiele ohne Fans
Die Handball-Spitzenclubs aus Kiel und Flensburg sind für einen Saisonstart erst im Januar, bekommen aber Gegenwehr vom Verband
(SID/dpa) - Helle Aufruhr im deutschen Handball: Nach Forderungen von Vereinsvertretern aus Kiel und Flensburg nach einem Ligastart erst im Januar und einer Absage der WM im Januar in Ägypten schritten der Deutsche Handballbund (DHB) und die Bundesliga HBL schnell zur Tat – um einen Flächenbrand zu verhindern. Und sie taten es auch mit einem Appell an die Solidarität.
„Ein Saisonstart am 1. Oktober bleibt fest in unserem Fokus“, hieß es in einer gemeinsamen Stellungnahme, „eine weitere Verschiebung konterkariert alle bisherigen Planungen und gefährdet andere, für den deutschen Handball enorm wichtige nationale und internationale Wettbewerbe. Dazu zählt auch die WM in Ägypten. Gastgeber Ägypten und Ausrichter IHF werden alles unternehmen, um eine sichere WM zu ermöglichen.“
Zuvor hatten die Clubs aus Kiel und Flensburg entsprechende Forderungen
in der „Sport Bild“ausgesprochen. DHB-Vize Bob Hanning reagierte „stocksauer und fassungslos“. Besonders die Begründung einer WMAbsage von Boy Meesenburg, Beiratschef der SG Flensburg, stieß dem Geschäftsführer der Füchse Berlin mächtig auf: „Es ist arrogant und respektlos, den Ägyptern abzusprechen, Hygienestandards einhalten zu können. Natürlich können sie das. Die gehen doch nicht noch im Vierfüßlerstand über die Straße. Ich distanziere mich von solchen Aussagen.“
Meesenburg hatte erklärt: „In Ägypten treffen sich 32 Handball-Völker aus aller Welt, teils aus CoronaKrisengebieten. Ägypten steht zudem nicht gerade in dem Ruf, die höchsten Hygienezustände der Welt zu haben.“Diese „WM darf nicht stattfinden“, sagte er. Marc Weinstock, Aufsichtsratschef bei Meister THW Kiel, ergänzte: „Nichts gegen Ägypten, aber die Spieler müssten voraussichtlich hinterher 14 Tage in Quarantäne. Das macht überhaupt keinen Sinn.“
Der geforderter Saisonstart erst am 1. Januar ist für die Liga und Hanning keine Option. „Wir müssen so schnell wie möglich wieder auf die Plattform. Diese Möglichkeit aus der Hand zu geben, wäre völlig verkehrt“, sagte der 52-Jährige. Die Saison soll trotz steigender Infektionszahlen möglichst auch mit Zuschauern beginnen.
Kiels Geschäftsführer Viktor Szilagyi plädiert beim Thema Saisonstart dafür, dass „wir uns eine gewisse Flexibilität erhalten – wir dürfen uns vor nichts verschließen“, sagte er. „Wir haben uns vor zwei Monaten, auch geprägt von einem gewissen Optimismus, auf den 1. Oktober als Ligastart geeinigt. Das sollte aber meiner Meinung nach nicht heißen, dass wir aufhören darüber zu diskutieren, was das Beste für den Handball ist.“Natürlich brauche der Handball „die Plattform Bundesliga, um wieder sichtbar zu werden – aber der Handball braucht auch gesunde Vereine“. Viele Spiele ohne Zuschauereinnahmen könnten die Clubs nicht verkraften. „Die Entscheidung vor zwei Monaten für den Restart war durch geringe CoronaZahlen gerechtfertigt, aber jetzt haben wir eine etwas veränderte Situation.“
Hanning betonte die Bedeutung der WM für den deutschen Handball. „Der Verband hat wirtschaftliche Zwänge und braucht die Strahlkraft der Nationalmannschaft“, sagte der Berliner, „sie lockt 13 Millionen Fans vor die Fernseher.“Die Champions League hat offenbar weniger Strahlkraft. Der Zahlsender „Sky“kündigte an, sich nach sechs Jahren mit sofortiger Wirkung zurückzuziehen.