„Der Aufwand ist enorm“
Warum die Stadt Lindenberg vom Rückbau spricht, wird bei einem Ortstermin klar
- Vor dem Eingang liegen Fliesen, ausgebaute Waschbecken, Blechteile – Material, das bei einem Abbruch anfällt. Der Rückbau des Lindenberger Hallenbades geht voran. „Auch, wenn man von außen wenig sieht“, sagt Andreas Sutter, Architekt des städtischen Bauamtes. Ein wichtiger Schritt steht an: die Schadstoffsanierung.
Von Abriss redet Andreas Sutter nicht. Er spricht von einem „Rückbau“. Das klingt nach Aufwand. Und das ist es auch. Anfang Juni haben die Arbeiten begonnen. Lüftung, elektrische Leitungen, nichttragende Zwischenräume, alles was beweglich war, wurde ausgebaut, Fliesen entfernt. Jetzt geht es ans Eingemachte. Die Schadstoffsanierung.
Zuständig ist die Firma Hagedorn. Das Unternehmen mit Sitz in Gütersloh ist spezialisiert auf Abbruch und Recycling. Mitarbeiter der Firma haben am Dienstag begonnen, das asbesthaltige Material auszubauen. Die Mineralfaser ist früher gerne und viel verwendet worden. Das Problem: Wenn Fasern freigesetzt und eingeatmet werden, ist Asbest stark krebserregend. Im Hallenbad findet sich das Material vor allem im Fußbodenaufbau und in Abdichtungen. Der Umgang des Schwimmbeckens, die Umkleiden – dort ist bei Kernbohrungen überall Asbest aufgetaucht. In den vergangenen Wochen haben Arbeiter diese „Schwarzbereiche“von den schadstofffreien Bereichen mit Folien getrennt.
Händisch muss das asbesthaltige Material ausgebaut werden. Die Sicherheitsauflagen für die Arbeiter sind groß. Nur über eine Schleuse geht es in den belasteten Schwarzbereich. Die Arbeiter müssen Schutzanzüge und Atemmasken tragen. Zwei Stunden dürfen sie am Stück tätig sein, dann müssen sie den Arbeitsplatz über die Schleuse verlassen. Zuvor müssen sie sich samt Schutzkleidung duschen. Das Wasser wird anschließend mehrfach gefiltert. Erst nach einer Pause von 20 Minuten dürfen die Arbeiter wieder zurück. Sechs bis acht Beschäftigte sind in Lindenberg täglich im Einsatz. „Mehr gäbe vom Ablauf her keinen Sinn“, sagt Sutter.
Im Arbeitsbereich herrscht Unterdruck. Sprich: Es kommt keine Luft aus dem Schwarz- in den unbelasteten Weißbereich. Die Arbeiten sind mit Behörden abgestimmt, alles wird dokumentiert. „Der Aufwand“, sagt Sutter, „ist enorm“. Circa 450 Kubikmeter asbesthaltiges Material werden zusammenkommen, rechnet die Firma Hagedorn. In Big Packs verpackt landet es in Containern. Je nachdem wie stark das Material belastet ist, muss es auf spezielle Deponien gefahren werden. Für den Transport zugelassen sind nur entsprechend zertifizierte Unternehmen. Laster, die besonders gefährliche Stoffe geladen haben, werden per GPS überwacht. Nicht, dass einer in Richtung Osten abbiegt und das Material dort irgendwo vergraben wird.
Mit dem Ausbau ist es nicht getan. Anschließend müssen alle Oberflächen im Schwarzbereich abgesaugt und von Hand feucht gewischt werden, schildert Sutter. Ganz am Ende wird die Luft auf Schadstoffe gemessen. Dann sollte sich keine Faser mehr nachweisen lassen. Falls doch, steht eine erneute Reinigung an.
„Vergleichsweise schnell“(Sutter) soll dann der Abbruch der Gebäudehülle gehen. Der Umgang mit dem dabei anfallenden Material ist deutlich einfacher. Es wird vor Ort in Haufen aufgeschichtet und beprobt. Je nachdem, ob das Material dafür geeignet ist, wird es zerschreddert und vor Ort recycelt, sprich im Untergrund des neuen Bades eingebaut. Ziel ist es, „so viel Material wie möglich“(Sutter) zu nutzen. Das spart Geld und LkwTransporte.
Wann das Unternehmen mit dem Abbruch der Gebäudehülle angefangen wird, ist unklar. Einen genauen Termin kann die Stadt nicht nennen. Zu groß sind die Unwägbarkeiten bei der Schadstoffsanierung. Eins lässt sich aber sagen: Die Stadt will möglichst noch in diesem Jahr mit dem Rohbau für das neue Bad beginnen, kündigt Bürgermeister Eric Ballerstedt an.
Für den Neubau laufen die Planungen parallel zum Rückbau weiter. Unter anderem hat der Stadtrat den Auftrag für eine Aqua-Cross-Anlage vergeben – eine Art Kletterparcours, die einem Hochseilgarten ähnelt. Per Knopfdruck wird sich die Anlage von der Hallendecke senken lassen. Das Aqua-Cross soll die Hauptattraktion des Bades werden – vor allem für Jugendliche. Bis sie den Parcours im Stile von Ninja Warriors nutzen können, wird allerdings noch Zeit vergehen. 2022 soll das Bad fertig sein. Veranschlagte Kosten: 11,5 Millionen Euro.
Mit enthalten sind die Ausgaben für den Rückbau des alten Bades: 750 000 Euro sind dafür angesetzt – einschließlich Baustelleneinrichtung, Zuwegung und nötiger Kiesflächen.