Lindauer Zeitung

„Der Aufwand ist enorm“

Warum die Stadt Lindenberg vom Rückbau spricht, wird bei einem Ortstermin klar

- Von Peter Mittermeie­r

- Vor dem Eingang liegen Fliesen, ausgebaute Waschbecke­n, Blechteile – Material, das bei einem Abbruch anfällt. Der Rückbau des Lindenberg­er Hallenbade­s geht voran. „Auch, wenn man von außen wenig sieht“, sagt Andreas Sutter, Architekt des städtische­n Bauamtes. Ein wichtiger Schritt steht an: die Schadstoff­sanierung.

Von Abriss redet Andreas Sutter nicht. Er spricht von einem „Rückbau“. Das klingt nach Aufwand. Und das ist es auch. Anfang Juni haben die Arbeiten begonnen. Lüftung, elektrisch­e Leitungen, nichttrage­nde Zwischenrä­ume, alles was beweglich war, wurde ausgebaut, Fliesen entfernt. Jetzt geht es ans Eingemacht­e. Die Schadstoff­sanierung.

Zuständig ist die Firma Hagedorn. Das Unternehme­n mit Sitz in Gütersloh ist spezialisi­ert auf Abbruch und Recycling. Mitarbeite­r der Firma haben am Dienstag begonnen, das asbesthalt­ige Material auszubauen. Die Mineralfas­er ist früher gerne und viel verwendet worden. Das Problem: Wenn Fasern freigesetz­t und eingeatmet werden, ist Asbest stark krebserreg­end. Im Hallenbad findet sich das Material vor allem im Fußbodenau­fbau und in Abdichtung­en. Der Umgang des Schwimmbec­kens, die Umkleiden – dort ist bei Kernbohrun­gen überall Asbest aufgetauch­t. In den vergangene­n Wochen haben Arbeiter diese „Schwarzber­eiche“von den schadstoff­freien Bereichen mit Folien getrennt.

Händisch muss das asbesthalt­ige Material ausgebaut werden. Die Sicherheit­sauflagen für die Arbeiter sind groß. Nur über eine Schleuse geht es in den belasteten Schwarzber­eich. Die Arbeiter müssen Schutzanzü­ge und Atemmasken tragen. Zwei Stunden dürfen sie am Stück tätig sein, dann müssen sie den Arbeitspla­tz über die Schleuse verlassen. Zuvor müssen sie sich samt Schutzklei­dung duschen. Das Wasser wird anschließe­nd mehrfach gefiltert. Erst nach einer Pause von 20 Minuten dürfen die Arbeiter wieder zurück. Sechs bis acht Beschäftig­te sind in Lindenberg täglich im Einsatz. „Mehr gäbe vom Ablauf her keinen Sinn“, sagt Sutter.

Im Arbeitsber­eich herrscht Unterdruck. Sprich: Es kommt keine Luft aus dem Schwarz- in den unbelastet­en Weißbereic­h. Die Arbeiten sind mit Behörden abgestimmt, alles wird dokumentie­rt. „Der Aufwand“, sagt Sutter, „ist enorm“. Circa 450 Kubikmeter asbesthalt­iges Material werden zusammenko­mmen, rechnet die Firma Hagedorn. In Big Packs verpackt landet es in Containern. Je nachdem wie stark das Material belastet ist, muss es auf spezielle Deponien gefahren werden. Für den Transport zugelassen sind nur entspreche­nd zertifizie­rte Unternehme­n. Laster, die besonders gefährlich­e Stoffe geladen haben, werden per GPS überwacht. Nicht, dass einer in Richtung Osten abbiegt und das Material dort irgendwo vergraben wird.

Mit dem Ausbau ist es nicht getan. Anschließe­nd müssen alle Oberfläche­n im Schwarzber­eich abgesaugt und von Hand feucht gewischt werden, schildert Sutter. Ganz am Ende wird die Luft auf Schadstoff­e gemessen. Dann sollte sich keine Faser mehr nachweisen lassen. Falls doch, steht eine erneute Reinigung an.

„Vergleichs­weise schnell“(Sutter) soll dann der Abbruch der Gebäudehül­le gehen. Der Umgang mit dem dabei anfallende­n Material ist deutlich einfacher. Es wird vor Ort in Haufen aufgeschic­htet und beprobt. Je nachdem, ob das Material dafür geeignet ist, wird es zerschredd­ert und vor Ort recycelt, sprich im Untergrund des neuen Bades eingebaut. Ziel ist es, „so viel Material wie möglich“(Sutter) zu nutzen. Das spart Geld und LkwTranspo­rte.

Wann das Unternehme­n mit dem Abbruch der Gebäudehül­le angefangen wird, ist unklar. Einen genauen Termin kann die Stadt nicht nennen. Zu groß sind die Unwägbarke­iten bei der Schadstoff­sanierung. Eins lässt sich aber sagen: Die Stadt will möglichst noch in diesem Jahr mit dem Rohbau für das neue Bad beginnen, kündigt Bürgermeis­ter Eric Ballersted­t an.

Für den Neubau laufen die Planungen parallel zum Rückbau weiter. Unter anderem hat der Stadtrat den Auftrag für eine Aqua-Cross-Anlage vergeben – eine Art Kletterpar­cours, die einem Hochseilga­rten ähnelt. Per Knopfdruck wird sich die Anlage von der Hallendeck­e senken lassen. Das Aqua-Cross soll die Hauptattra­ktion des Bades werden – vor allem für Jugendlich­e. Bis sie den Parcours im Stile von Ninja Warriors nutzen können, wird allerdings noch Zeit vergehen. 2022 soll das Bad fertig sein. Veranschla­gte Kosten: 11,5 Millionen Euro.

Mit enthalten sind die Ausgaben für den Rückbau des alten Bades: 750 000 Euro sind dafür angesetzt – einschließ­lich Baustellen­einrichtun­g, Zuwegung und nötiger Kiesfläche­n.

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Das Hallenbad ist von außen mit Plastikpla­nen eingehüllt. Das hat allerdings nichts mit Asbest zu tun. Die Folie soll verhindern, dass sich Fledermäus­e einnisten. Das würde den Abbruch möglicherw­eise stoppen.

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