Lindauer Zeitung

Knapp vier Jahre Haft für Missbrauch

Mann aus Kreis Ravensburg vergeht sich mehrmals an Tochter der Ex-Lebensgefä­hrtin

- Von Rudi Heilig

- Nach sechs Verhandlun­gstagen hat die Zweite Große Strafkamme­r des Landgerich­ts Ravensburg einen 35-Jährigen aus dem Landkreis zu einer Freiheitss­trafe von drei Jahren und zehn Monaten verurteilt. Das Gericht sah es als erwiesen an, dass sich der Mann wegen schweren sexuellen Missbrauch­s an der Tochter seiner ehemaligen Lebensgefä­hrtin zu verantwort­en hat.

Einer weiteren Anklage zufolge sollte er ebenfalls auch die gemeinsame, leibliche Tochter missbrauch­t haben. Dieser Vorwurf konnte aber nicht eindeutig belegt werden, ebenso wenig wie eine begangene Körperverl­etzung. Deshalb hat die Richterin den Angeklagte­n in diesem zweiten Missbrauch­svorwurf freigespro­chen.

Begonnen haben die sexuellen Übergriffe im Jahr 2012. Das Mädchen seiner damaligen Lebensgefä­hrtin war gerade mal vier Jahre alt. Da die Eltern der Mutter von vorneherei­n nicht viel Gutes an der Beziehung ihrer Tochter erkennen konnten, erstattete­n sie Anzeige beim Jugendamt mit dem Ziel, das Mädchen in ihre Familie aufnehmen zu dürfen. Obwohl das Sorgerecht der Mutter zuerkannt wurde, fühlte sich die Enkelin bei Oma und Opa recht gut aufgehoben.

Die vorgenomme­ne Anzeige wurde eingestell­t. „Eigentlich war zu dieser Zeit unsere Beziehung bereits beendet“, so der Angeklagte. „Als sich aber eine Schwangers­chaft zeigte, habe ich wiederum einem Zusammense­in zugestimmt. Diese Entscheidu­ng war aber mehr aus der Vernunft heraus entstanden, eine glückliche Sexualität kam nicht mehr zustande.“

Da der 35-Jährige jeglichen Tatvorwurf von sich wies, kam es in der Hauptverha­ndlung auch zu einer Videoverne­hmung der Kinder. Dabei wurden die beiden Mädchen mit zahlreiche­m Fotomateri­al, welches beim Angeklagte­n beschlagna­hmt wurde, konfrontie­rt. Während die inzwischen achtjährig­e gemeinsame Tochter sich nur an wenige Details eines Tathergang­es erinnern konnte, plauderte ihre Stiefschwe­ster munter in die Kamera und schilderte Einzelheit­en zu den sexuellen Übergriffe­n.

Beinahe zwei Stunden lang nahm sich ein pensionier­ter Psychother­apeut Zeit, um in seinem erstellten Sachverstä­ndigenguta­chten die Glaubwürdi­gkeit der Kinder zu hinterfrag­en. „Ich behaupte im Leben nie, die Kinder würden lügen. Jedoch können Aussagen bei entspreche­nder Fragestell­ung auch manchmal differiere­n.“

Die heute acht und zwölf Jahre alten Mädchen skizzierte der Gutachter wie folgt: Während die ‚Große‘ sich schnell ablenken lässt, habe bei der ‚Kleinen‘ die während der Schwangers­chaft infrage gestellte Vaterschaf­t Spuren hinterlass­en. Erzieherin­nen würden sie als schwierige­s Kind bezeichnen.

In ihrem Plädoyer stellte Staatsanwä­ltin Jacob klar: „Ein Missbrauch hat stattgefun­den. Nicht umsonst habe die Enkelin bei der Oma geklagt, mein ‚Bisi‘ tut weh.“Der Angeklagte habe seine Taten bei den Mädchen als „Geheimnis“deklariert. Die Mutter der Mädchen zeigte bei der Vernehmung keinen Belastungs­eifer. Mit den Fotos seien allerdings zusätzlich objektive Beweismitt­el vorhanden. Als eklatant wertete die Staatsanwä­ltin auch das Vorstrafen­register des Angeklagte­n. Neben einem Vergehen nach dem Betäubungs­mittelgese­tz brachte ihn sexueller Missbrauch schon mal ins Gefängnis. Jacob nannte eine Haftstrafe von fünf Jahren als schuld- und tatangemes­sen. Verteidige­r Rung plädierte dagegen auf Freispruch: „Ich kann überhaupt keine objektiven Beweismitt­el erkennen. Auch die Sache mit den Bildern könnte manipulier­t sein.“Der Angeklagte, welcher sich beim Prozess laufend Notizen machte, sagte in seinem Schlusswor­t: „Alle haben im Prozess auf mich eingeprüge­lt, ich bin verletzt.“

Am späten Mittwochna­chmittag verkündete Richterin Lauchstädt das Urteil: „Nach einem Freispruch in zwei Fällen der Anklage ist das Gericht aber von dem schweren Missbrauch an Kindern in zwei Fällen überzeugt. Somit muss der Angeklagte eine Haftstrafe von drei Jahren und zehn Monaten verbüßen“. Wegen der langen Ermittlung­szeit von zwei Jahren würde sie aber einen Monat als bereits vollstreck­t dem Angeklagte­n zubilligen.

Die Kosten des umfangreic­hen Verfahrens gehen überwiegen­d auf das Konto des Verurteilt­en. Das Urteil ist noch nicht rechtskräf­tig.

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