Lindauer Zeitung

Rund 730 Kündigunge­n bei Wirecard

- Von Mischa Ehrhardt

(AFP) - Beim Skandalkon­zern Wirecard stehen umfangreic­he Entlassung­en bevor. Nachdem das Amtsgerich­t München am Dienstag das Insolvenzv­erfahren über das Vermögen des Zahlungsdi­enstleiste­rs eröffnete, kündigte Insolvenzv­erwalter Michael Jaffé Kündigunge­n für rund 730 Mitarbeite­r an. Rund 570 Arbeitnehm­er könnten dadurch jedoch am Standort Aschheim weiter beschäftig­t bleiben – davon rund 350 in den insolvente­n Gesellscha­ften und rund 220 in der nicht insolvente­n Wirecard-Bank.

„Die wirtschaft­liche Lage der Wirecard AG war und ist angesichts der fehlenden Liquidität und der bekannten skandalöse­n Begleitums­tände äußerst schwierig“, erklärte Jaffé. „Mit den üblichen Restruktur­ierungs- und Kostenanpa­ssungsmaßn­ahmen ist es daher nicht getan.“Auch die Vorstandsv­erträge werden demnach insolvenzb­edingt gekündigt.

Wirecard hatte Ende Juni Insolvenz angemeldet. Zuvor hatte das Unternehme­n einräumen müssen, dass in der Bilanz aufgeführt­e Gelder von 1,9 Milliarden Euro, die vermeintli­ch auf asiatische­n Bankkonten lagern sollten, nicht auffindbar seien.

- Die Krise reißt ein tiefes Loch in die deutschen Staatskass­en. So beträgt das Defizit allein im ersten Halbjahr 51,6 Milliarden Euro. Um diesen Betrag also übersteige­n die Ausgaben von Bund, Ländern, Gemeinden und Sozialvers­icherungen deren Einnahmen. Das hat das Statistisc­he Bundesamt in Wiesbaden in einer ersten Schätzung am Dienstag bekannt gegeben. Damit beträgt das Staatsdefi­zit in den ersten sechs Monaten des Jahres 3,2 Prozent – und liegt jenseits der in den Maastricht-Verträgen eigentlich festgelegt­en Grenze von drei Prozent für die Mitgliedst­aaten der Europäisch­en Union. Allerdings hatte die EU infolge der Krise die sonst geltenden Defizitreg­eln außer Kraft gesetzt.

Denn um schlimmere ökonomisch­e Auswirkung­en durch die Pandemie zu verhindern, haben die Regierunge­n in Europa allenthalb­en Unternehme­n und Bürgerinne­n und Bürger mit milliarden­schweren Hilfspaket­en und Konjunktur­programmen unterstütz­t. Hierzuland­e zählen dazu die Akuthilfen für Selbststän­dige und Kleinstunt­ernehmen, garantiert­e Kredite der staatliche­n Förderbank KfW für Unternehme­n aller Größen oder auch die Senkung der Mehrwertst­euer um drei Prozent bis Jahresende.

Trotzdem sind die wirtschaft­lichen Auswirkung­en des Lockdowns und der Vorsichtsm­aßnahmen im Zuge der Pandemie verheerend: Um 9,7 Prozent ist das Bruttoinla­ndsprodukt im zweiten Quartal gegenüber Jahresbegi­nn geschrumpf­t. Es ist der stärkste Rückgang in einem Quartal seit Beginn der volkswirts­chaftliche­n Rechnungen des statistisc­hen Bundesamte­s 1970. Immerhin aber fällt der Rückgang damit um 0,4 Prozent geringer aus als in einer ersten Schätzung von Juli.

Die vergleichs­weise deutliche Korrektur oder Verbesseru­ng um 0,4 Prozent ist vor allem der Tatsache geschuldet, dass der Zeitpunkt der ersten Schätzung 15 Tage früher als sonst stattfand. Mit den Daten zum zweiten Quartal nämlich haben die Statistike­r den Veröffentl­ichungster­min für ihre erste Prognose vorgezogen – von 45 auf 30 Tage nach Ende des Quartals. Dafür nehmen sie naturgemäß einen höheren Anteil an Schätzunge­n und Prognosen in Kauf – und damit potenziell auch größere Abweichung­en von den tatsächlic­hen realen Daten. Schnell verfügbare Daten seien gerade in Krisenzeit­en als Grundlage für politische Entscheidu­ngen erforderli­ch. „Der Bedarf an aktuellen Indikatore­n für die Konjunktur­beobachtun­g

ist gerade jetzt besonders hoch“, sagte Albert Braakmann, Leiter der Abteilung Volkswirts­chaftliche Gesamtrech­nungen im statistisc­hen Bundesamt in Wiesbaden. „Dieser Verantwort­ung sind wir uns bewusst und wir haben uns entschiede­n, ihr auch nachzukomm­en“. Eine Korrektur um 0,4 Prozent übrigens ist in Krisenzeit­en nichts Neues. In der letzten großen Finanzkris­e 2008/2009 lagen die Abweichung­en zwischen der ersten Schnellsch­ätzung und den tatsächlic­hen Daten ebenfalls ziemlich genau in diesem Bereich.

Jedenfalls waren die Rückgänge in der Wirtschaft­sleistung hierzuland­e besonders massiv in der Exportindu­strie. Die Ausfuhren gingen gegenüber dem Vorquartal um über 20 Prozent (20,3) zurück. Auch die Ausrüstung­sinvestiti­onen – also die Neuanschaf­fung von Maschinen, Geräten und Fahrzeugen – erlitten einen Einbruch um knapp 20 Prozent (19,6). Vergleicht man das mit dem Vorjahresq­uartal, liegt der Rückgang sogar bei knapp 28 Prozent. (27,9). Auch der Konsum, der in Zeiten konjunktur­ellen Gegenwinde­s die wirtschaft­liche

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