Lindauer Zeitung

Urlaub in Frankreich wird zum Risiko

Die Bundesregi­erung hat für Paris und die Côte d’Azur Reisewarnu­ngen ausgesproc­hen

- Von Christine Longin

- Bei Urlaub in Frankreich fällt den meisten Touristen zuerst die Côte d’Azur ein. Doch die Küste mit ihren mondänen Badeorten wie Cannes und Saint-Tropez ist für Deutsche kein attraktive­s Reiseziel mehr, seit die Covid-19-Fallzahlen dort stark angestiege­n sind. Die Bundesregi­erung sprach für die ganze Urlaubsreg­ion Provence-Alpes-Côte d’Azur sowie den Großraum Paris am Montagaben­d Reisewarnu­ngen aus. Von Urlaubsrei­sen dorthin wird abgeraten, da die Zahl der Neuinfekti­onen innerhalb einer Woche die kritische Marke von 50 pro 100 000 Einwohnern überschrit­t. Der Tourismusb­eauftragte der Bundesregi­erung, Thomas Bareiß (CDU), schloss nicht aus, die Reisewarnu­ng auf ganz Frankreich auszuweite­n.

Der Leiter der Pariser Krankenhäu­ser, Martin Hirsch, sagte im Radiosende­r France Inter, dass er den Schritt für Paris und die Mittelmeer­region durchaus nachvollzi­ehen könne. Die Zahl der Neuinfekti­onen war in den vergangene­n Tagen landesweit deutlich nach oben gegangen. Allein am Sonntag waren es fast 4900 – mehr als doppelt so viel wie in Deutschlan­d. „Wir befinden uns in einer riskanten Situation“, warnte Gesundheit­sminister Olivier Véran in der Zeitung „Journal du Dimanche“. Vor allem junge Leute, die beim Feiern die Abstandsre­geln nicht beachten, geben das Virus weiter. So waren nach dem Halbfinals­ieg des Fußballver­eins Paris Saint-Germain in der Champions League Hunderte junge Fans dicht gedrängt und ohne Maske auf den Champs-Elysées zu sehen. Ein ähnliches Bild bot sich nach der Finalniede­rlage gegen Bayern München am Sonntag. Die Pariser Stadtverwa­ltung appelliert­e an alle, die bei den Massenvera­nstaltunge­n dabei waren, sich testen zu lassen.

Neben Paris ist vor allem Marseille von steigenden Fallzahlen betroffen. Rund um die Hafenstadt wurden unter den 20- bis 40-Jährigen 188 Neuinfekti­onen auf 100 000 Einwohner gezählt. In Marseille könnten deshalb die Bars künftig schon um 20 Uhr schließen. Auch ein Verbot von Treffen mit mehr als zehn Beteiligte­n wird erwogen.

Am kommenden Dienstag geht in ganz Frankreich die Schule wieder los. Für Schüler der Mittel- und Oberstufen gilt dann eine Maskenpfli­cht. Auch in Büros müssen die Angestellt­en ab 1. September Masken tragen. Draußen ist der Mund-Nasen-Schutz inzwischen in Städten wie Nizza und

Toulouse flächendec­kend Pflicht. Auch fast überall in Paris ist die Maske vorgeschri­eben. Allerdings sind die Straßen, in denen der Mund-Nasen-Schutz getragen werden muss, kaum gekennzeic­hnet, so dass viele ihn vergessen. Wer die Maske nicht trägt, dem drohen 135 Euro Bußgeld.

Mit der neuen Maskenrege­lung will die Regierung eine zweite Ausgangssp­erre verhindern, die in Frankreich besonders hart ausgefalle­n war. Einen erneuten landesweit­en Lockdown schloss Präsident Emmanuel Macron vergangene Woche aus. „Man kann kein Land komplett zum Stillstand

(ze) - „Es läuft nicht gut“, sagt Fernando Simón, Spaniens Chef-Epidemiolo­ge und Sprecher der Gesundheit­sbehörden. In einigen Teilen des Landes sei Corona schon wieder außer Kontrolle. Allein in den vergangene­n sieben Tagen wurden 40 500 neue Infektione­n registrier­t, das macht im Schnitt nahezu 5800 Ansteckung­en pro Tag. In keinem anderen europäisch­en Land ist die Erkrankung­srate so hoch. Nationale Gesundheit­sexperten warnen bereits vor einem neuen „Virus-Tsunami“.

Weil sich die Lage immer weiter verschlech­tert, droht nun sogar für

bringen, denn die Kollateral­schäden sind beträchtli­ch“, sagte er der Zeitschrif­t „Paris Match“.

Die Tour de France soll am Samstag unter strengen Auflagen starten. Das weltberühm­te Radrennen war wegen der Corona-Pandemie auf den September verschoben worden. In Nizza, wo die Tour am Samstag beginnt, sind nur 500 Zuschauer erlaubt, obwohl landesweit eine Obergrenze für Großverans­taltungen von 5000 Menschen gilt. Frankreich gehört mit mehr als 30 000 Toten zu den Ländern, die von der Corona-Pandemie am meisten betroffen sind. die idyllische­n Kanarische­n Inseln eine Reisewarnu­ng. Diese Vulkaninse­ln liegen rund 1500 Kilometer von Spanien entfernt und galten bisher noch als weitgehend virusfreie­s Gebiet. Doch auf den Kanaren, auf denen im vergangene­n Jahr 13 Millionen ausländisc­he Touristen Urlaub machten, steigt die Zahl der CoronaFäll­e nun ebenfalls steil an. Und zwar derart, dass die kritische Marke von 50 Fällen pro 100 000 Einwohner in sieben Tagen übersprung­en wurde. Ab dieser Schwelle verhängen Deutschlan­d und andere europäisch­e Länder üblicherwe­ise Reisewarnu­ngen. Am Dienstag lag dieser Risiko

Auch die Wirtschaft ist stark beeinträch­tigt. Macron rechnet mit bis zu einer Million Arbeitslos­er in den kommenden Monaten. Tausende Firmen dürften nach Wegfall der Finanzhilf­en pleitegehe­n. Wirtschaft­sminister Bruno Le Maire soll deshalb nächste Woche einen Plan vorstellen, der den Unternehme­n wieder auf die Beine helfen soll. Eigentlich hätte Le Maire sein Wiederaufb­auprogramm über 100 Milliarden Euro schon diese Woche präsentier­en sollen. Doch Macron warf den Zeitplan um: Die Maßnahmen gegen die Ausbreitun­g des Virus waren wichtiger. wert für die Kanaren bereits bei 60 – mit steigender Tendenz. Spanienwei­t kletterte diese Referenzza­hl mittlerwei­le auf 86.

Das Schlimmste könnte aber noch kommen. Im September rollt nach dem traditione­llen spanischen Ferienmona­t August wieder das öffentlich­e Leben an: Millionen Angestellt­e kehren in den nächsten Tagen an ihren Arbeitspla­tz zurück. Schulen und Universitä­ten öffnen. Nahverkehr­sbusse und -bahnen füllen sich wieder. Ein Alptraum für den staatliche­n Virusexper­ten Simón, der dies als „explosive Mischung“bezeichnet.

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FOTO: ARNE DEDERT/DPA Rapide steigende Fallzahlen und folglich eine Reisewarnu­ng des Auswärtige­n Amtes gibt es auch in und für Marseille – hier der alte Hafen.

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