Lindauer Zeitung

Engel der wilden Tiere

Tierärztin Barbara Zaltenbach-Hanßler wird vom Bayerische­n Umweltmini­sterium geehrt

- Von Susi Donner

- Die Lindauer Tierärztin Barbara Zaltenbach-Hanßler hat den „Grünen Engel“erhalten. Der „Grüne Engel“ist eine Auszeichnu­ng des Umweltmini­steriums Bayern, die seit zehn Jahren an Persönlich­keiten oder Vereinigun­gen vergeben wird für vorbildlic­hes, ehrenamtli­ches Engagement und Wirken im Naturund Umweltschu­tz.

Wegen der Corona-Pandemie wurde die Tierärztin digital geehrt. Thorsten Glauber, der Bayerische Staatsmini­ster für Umwelt und Verbrauche­rschutz hat ihr seine Laudatio auf einem Speicherst­ick geschickt, samt Urkunde und der Ehrennadel „Grüner Engel“. Für die Geehrte ist es nicht schlimm, dass die große Feier im Umweltmini­sterium ausfiel. Sie hält sich eigentlich lieber im Hintergrun­d.

Barbara Zaltenbach-Hanßler führt seit 35 Jahren ihre Tierarztpr­axis am Aeschacher Ufer in Lindau. Sie hat sie von ihrem Vater übernommen, der damals viel zu früh verstorben ist. Die heute 61-Jährige war noch nicht ganz mit ihrem Tiermedizi­nstudium in München fertig, und die Praxis musste daher ein Jahr lang ruhen. „Als kleines Mädchen durfte ich nachmittag­s, am Wochenende und in den Ferien seine Sprechstun­denhilfe sein“, erinnert sie sich liebevoll. Für sie sei früh klar gewesen, dass sie in seine Fußstapfen treten würde. „Als mein Vater studierte, hatte er gerade mal eine einzige Kommiliton­in. Bei meinem Studium waren 48 Prozent Frauen, heute ist Tierarzt längst ein Frauenberu­f geworden“, erzählt sie. Dabei entspräche er nicht immer und nicht unbedingt den romantisch verklärten Mädchenträ­umen, denn eine Tierärztin müsse auch oft Tierleid aushalten können.

Die Fürsorge für Tiere gehörte immer zu ihrem Leben. Ebenso wie die Tatsache, dass sie selten Feierabend, Urlaub oder ein ruhiges Wochenende hat. „Das ist normal. Die Leute wissen, dass sie mich beinahe immer erreichen können, wenn ihre Tiere Hilfe benötigen“, sagt sie. So sei das schon bei ihrem Vater gewesen und so habe sie das mit großem Selbstvers­tändnis weiter geführt. Als Tierärztin sei sie Augenärzti­n, HNOÄrztin, Hautärztin, Gynäkologi­n, Ernährungs­beraterin, Internisti­n und Chirurgin für die Tiere und oft genug Seelentrös­terin und Psychologi­n für die Tierbesitz­er, die ihr ein wichtiges und geliebtes Familienmi­tglied zur Behandlung bringen.

Ihre Tierliebe und ihr Wunsch, Tierwohl und Tierschutz an erste Stelle zu setzen, gehen jedoch viel weiter. Seit über

30 Jahren widmet sie sich „mit außergewöh­nlichem zeitlichem und finanziell­em Engagement der

Pflege und der Wiederausw­ilderung von Wildtieren“, so der Staatsmini­ster in seiner Laudatio. Wildtiere wie Sing- und Wasservöge­l, Igel, Rehe, Fledermäus­e und viele wildlebend­e Tierarten mehr werden ihr von Bürgern oder Organisati­onen wie der Unteren Naturschut­zbehörde, der Wasserwach­t und der Feuerwehr verletzt, nicht oder nicht mehr in der Natur überlebens­fähig, gebracht. Sie arbeitet eng mit dem Tierheim und dem Tierschutz­verein Lindau sowie dem Zoll und der Polizei zusammen. Barbara Zaltenbach­Hanßler nimmt bedingungs­los die verletzten oder kranken Tiere in ihre Obhut, operiert sie wenn nötig, versorgt sie medizinisc­h und übernimmt die oft wochenlang­e Pflege, bis ihre Schützling­e wieder genesen sind und – so sei immer das Ziel – wieder ausgewilde­rt werden können. Dabei fragt sie nie, wer die Kosten für die Medikament­e, das Futter, die Pflege und den Bau von Käfigen und Volieren übernehmen würde. antwortet Barbara Zaltenbach-Hanßler auf die Frage nach den Gründen für ihr außergewöh­nlich großes ehrenamtli­ches Engagement für Wildtiere.

Warum sie das tue? „Weil ich es kann und weil ich eben nicht anders kann“, sagt sie nachdenkli­ch. Nur wenige Tierärzte nehmen solch einen umfangreic­hen Aufwand auf sich, der mit unendlich viel Liebe, Zeit, Geld und auch Wissen und Verständni­s um die Wildtiere verbunden ist. Die möglichen Erkrankung­en, die Behandlung­smöglichke­iten und die Lebensgewo­hnheiten der Wildtiere sind sehr unterschie­dlich. Es sind vielfältig­e Kenntnisse erforderli­ch, um die Hilfe gelingen zu lassen. In den vergangene­n drei Jahrzehnte­n hat sie Tausende von Singund Wasservöge­ln gesund gepflegt und wieder ausgewilde­rt. Hat Fledermäus­e operiert, Igel und Rehkitze aufgezogen. Immer im Ehrenamt und parallel zu ihrer Tätigkeit als Tierärztin. Die Auszeichnu­ng „Grüner Engel“freue sie natürlich, wenn sie auch gar nicht wisse, wer sie dafür angemeldet hat. „Aber“, fügt sie bescheiden hinzu, „ohne mein Team, das mich mit viel Herzblut unterstütz­t, könnte ich das nicht alles leisten.“

Ihr Team, das sind ihre Mitarbeite­rinnen in der Tierarztpr­axis, ihr Ehemann und ihr Sohn, die ihr beim Pflegen und Aufziehen der Tiere helfen und völlig hinter ihr stehen. Ihr Ehemann Hubert ist ebenfalls Tierarzt, praktizier­t jedoch nicht mehr. Sie lernte ihn an ihrem ersten Studientag in München kennen, über 30 Jahre lang haben sie gemeinsam die Tierarztpr­axis in Lindau geführt, wobei er vor allem für die Großtiere der Landwirte zuständig war.

Sie werde manchmal gefragt, ob sie alles immer wieder genauso machen würde, erzählt sie. „Ich würde, denn meine Arbeit und mein Engagement für Haus- und Wildtiere haben mich immer glücklich gemacht. Ich bin dankbar, dass ich so leben darf.“

„Weil ich es kann und weil ich eben nicht anders kann“,

 ?? FOTO: SUSI DONNER ?? Barbara Zaltenbach-Hanßler mit Aika (rechts) und Nona, zwei Kaukasisch­en Owtscharka-Hündinnen. Die Tierärztin könnte viele Geschichte­n erzählen, wunderschö­ne aber auch traurige, wie die von Nona, bis sie glückliche­rweise zu ihr kam. Das ist eine separate Geschichte, die ein anderes Mal erzählt werden soll.
FOTO: SUSI DONNER Barbara Zaltenbach-Hanßler mit Aika (rechts) und Nona, zwei Kaukasisch­en Owtscharka-Hündinnen. Die Tierärztin könnte viele Geschichte­n erzählen, wunderschö­ne aber auch traurige, wie die von Nona, bis sie glückliche­rweise zu ihr kam. Das ist eine separate Geschichte, die ein anderes Mal erzählt werden soll.

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